
Nach Asyl-Skandal in Bremen BAMF überprüft weitere Außenstellen
Stand: 20.05.2018 11:29 Uhr
Rund 8500 weitere Asylanträge sollen stichprobenartig überprüft werden. Dazu hat sich das Bundesinnenministerium entschlossen, nachdem Abweichungen von den Schutzquoten um zehn Prozentpunkte aufgefallen waren.
Nach den Unregelmäßigkeiten bei Asylbescheiden in Bremen überprüft das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zehn weitere Außenstellen. Dort sind jeweils Abweichungen von den durchschnittlichen Schutzquoten um zehn Prozentpunkte aufgefallen, und zwar nach oben ebenso wie nach unten, wie eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Die "Bild am Sonntag" hatte zuvor über 13 Außenstellen berichtet, die überprüft werden sollen.
In repräsentativen Stichproben würden insgesamt 8500 Fälle aus dem Jahr 2017 überprüft, so die Sprecherin des Bundesinnenministeriums.
Abteilungsleiter ausgetauscht
Darüber hinaus geht das BAMF demnach Unklarheiten bei Asylbescheiden in seiner Außenstelle im rheinland-pfälzischen Bingen nach. Dort hat ein Mitarbeiter am 6. Februar die Nürnberger Zentrale um eine Überprüfung von Verfahren gebeten. "Hintergrund des Hinweises sind fachlich divergierende Einschätzungen über asylverfahrensrechtliche Bewertungen zwischen den Mitarbeitern in der Außenstelle", erklärte die Ministeriumssprecherin.
In dem "BamS"-Bericht heißt es, Bundesinnenminister Horst Seehofer habe den für Migration zuständigen Abteilungsleiter inzwischen ausgetauscht. "Dies erfolgte im Rahmen einer organisatorischen und personellen Neuausrichtung des Hauses und stand in keiner Weise im Zusammenhang mit den Vorfällen im BAMF", erklärte die Ministeriumssprecherin dazu allerdings.
18.000 postitive Asylbescheide werden überprüft
Im April war bekannt geworden, dass die frühere Leiterin der Bremer BAMF-Außenstelle in 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Gegen sie und fünf weitere Beschuldigte, darunter ein Dolmetscher und drei Anwälte, wird deshalb ermittelt. BAMF-Chefin Jutta Cordt sagte am Freitag, rund 18.000 positive Asylbescheide würden nochmals überprüft. Nach ihren Angaben wird die Überprüfung aller Bremer Verfahrensakten seit dem Jahr 2000 ungefähr drei Monate dauern.
Die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten derweil, das BAMF wolle die Qualität der Sprachübersetzungen in Asylverfahren erhöhen. Dazu habe die Behörde unter anderem Dolmetscher-Schulungen auf den Weg gebracht. Hintergrund für die Maßnahme sei Kritik an mangelnder fachlicher Ausbildung vieler Übersetzer, die eine erhebliche Rolle bei der Entscheidung von Asylanträgen spielten.
Viele Dolmetscher hielten Standards nicht ein
Im April hatte das Bundesamt die Zusammenarbeit mit mehr als 2000 Dolmetschern beendet, weil sie aus Sicht der Behörde nicht neutral oder vertrauenswürdig erschienen, unpünktlich waren oder andere Standards nicht einhielten. Auch in die Affäre um mutmaßlich manipulierte Asylentscheidungen in Bremen soll ein Dolmetscher verwickelt sein.
Derzeit arbeiten laut Funke Medien rund 5800 Dolmetscher im Auftrag des Bundesamtes. Nur rund 620 seien vor Gericht vereidigt. Mehrere Übersetzer berichteten den Funke-Zeitungen von mangelnder Einarbeitung, schlechter Bezahlung und Stresssituationen. Sie gaben demnach an, nie eine Ausbildung in diesem Bereich gemacht zu haben. "Ich bin einfach zum Amt gegangen und habe gesagt, ich möchte hier arbeiten", berichtete ein junger Mann aus Berlin. Einen Nachweis über seine Kenntnisse habe er nie erbringen müssen.
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