Europapolitiker Frans Timmermans
Porträt

SPE-Spitzenkandidat Timmermans Kandidat für ein soziales Europa

Stand: 07.05.2019 16:21 Uhr

In den Niederlanden ist er schon "Super Frans": Rhetorisch brillant, fließend in sieben Sprachen, beliebt. In der EU muss Frans Timmermans allerdings noch um die Mehrheit kämpfen.

Es ist der 21. Juli 2014, als Frans Timmermans in seinem Heimatland schlagartig bekannt wird. Zwei Jahre ist der gelernte Diplomat da zwar schon Außenminister der Niederlande, aber übermäßig aufgefallen ist er bislang nicht. Nun, an diesem 21. Juli 2014, sitzt Timmermans im Saal des UN-Sicherheitsrates in New York und hält die Rede seines Lebens.

Wenige Tage zuvor war über der Ostukraine das Passagierflugzeug MH17 mit fast 300 Menschen an Bord abgeschossen worden. Timmermans schaut in die Runde der Diplomaten und fragt:

Wie schrecklich müssen die letzten Momente im Leben der Fluggäste gewesen sein. Die Sekunden, nachdem sie verstanden haben, sie werden sterben. Haben Sie noch einmal die Hand ihres Liebsten gedrückt, haben sie ihre Kinder an ihr Herz gezogen, haben sie sich in die Augen geschaut, in ihrem Blick ein letztes 'Auf Wiedersehen'?

Die Rede macht Timmermans unsterblich

Sieben Minuten spricht Timmermans insgesamt. Diese sieben Minuten machen ihn in den Niederlanden unsterblich, weil sie genau das Gefühl der Nation berühren, die durch den Abschuss getroffen wurde. Für viele ist es die beste Rede eines Niederländers seit dem Krieg. In Rhetorikseminaren ist sie dort bis heute Standard.

Bereits einige Monate nach diesem Auftritt wechselt Sozialdemokrat Timmermans nach Brüssel und wird erster Stellvertreter von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Er treibt unter anderem EU-Projekte zum Klimawandel und zum Verbot von Plastikverpackungen voran. Richtig bekannt wird er - vor allem im Osten Europas - aber durch sein drittes großes Spezialgebiet: die Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Rumänien, Ungarn und Polen.

Verteidiger der Rechtsstaatlichkeit

Dem polnischen Premier Mateusz Morawiecki, der sich für ein "Europa der Nationen" ausspricht, setzt Timmermans klare Worte entgegen.

Hier braucht es tatsächlich Klartext. Was Morawiecki meint, ist: Gebt uns das Geld, gebt uns den Binnenmarkt und haltet die Klappe, was Demokratie, Menschenrechte und die Unabhängigkeit der Justiz angeht. So geht es aber nicht!

Seitdem gilt er vielen Nationalkonservativen als "böse Fratze" der EU, die ihnen nur Vorschriften machen will.

"Keiner darf zurückbleiben"

In diesem Europawahlkampf nun setzt der vierfache Vater Timmermans vor allem auf soziale Themen. Timmermans, der in Maastricht geboren wurde und in Heerlen unweit der deutschen Grenze bei Aachen aufwuchs, erinnert immer gerne daran, dass sein Großvater noch Bergmann war.

Deshalb könne er sich gut in die Lebenswelt der Normalverdiener hineinversetzen, wie er kürzlich erst im Deutschlandfunk betonte: "Keiner darf zurückbleiben, keiner darf alleine gelassen werden. Das ist für mich wirklich sehr wichtig", sagte er. Wenn man sehe, dass Betriebe in Europa Milliardengewinne machten und keine Steuern bezahlten, dann müsste das geändert werden. "Und das kann nur Europa ändern. Das können die Mitgliedsstaaten nicht mehr alleine machen", so Timmermans.

Die EU als soziale Gemeinschaft

Die EU müsse nun aber vor allem zusehen, dass sie von einer reinen Wirtschaftsgemeinschaft auch zu einer sozialeren Gemeinschaft werde:

Ich glaube, wir müssen Europa fairer und ehrlicher machen. Die Leute haben teilweise das Gefühl, von Europa verlassen worden zu sein. Sie sagen: Die EU ist nur dazu da, Banken zu helfen, aber uns nicht. Das müssen wir wirklich schnell ändern.

Eine "progressive Mehrheit" für "Super Frans"?

In den Niederlanden gilt der 58-jährige Niederländer, der sieben Sprachen fließend beherrscht, spätestens seit seiner Rede vor der UN gerne als "Super Frans".

Dass er das auch auf europäischer Ebene wird, bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, liegen die Sozialdemokraten doch in allen Umfragen hinter den Christdemokraten der "Europäischen Volkspartei" (EVP). Timmermans setzt deshalb auf eine, wie er es nennt, "progressive Mehrheit". Neben den Sozialdemokraten sollen ihm auch Liberale, Grüne und Linke ins Amt des Kommissionspräsidenten helfen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 07. Mai 2019 um 17:00 Uhr.