
Proteste in Frankreich Die Wut der "Gelbwesten"
Stand: 24.11.2018 17:32 Uhr
In vielen Städten Frankreichs sind erneut Tausende gegen Macrons Steuerpolitik auf die Straße gegangen. Doch der friedliche Protest schlug um: Vor allem in Paris gab es gewaltsame Ausschreitungen.
Von Barbara Kostolnik, ARD-Studio Paris
Keine Spur von Weihnachtsstimmung auf den Champs-Elysées mitten in Paris. Im Gegenteil: Schwarze Rauchwolken und Tränengasschwaden bestimmten das Bild der Proteste der "Gelbwesten", von denen doch viele in die Hauptstadt gezogen waren, um friedlich zu demonstrieren.
"Wir sind alle guter Stimmung, die Leute haben ein Lächeln im Gesicht, schauen sie doch", bittet Jean-Luc einen Reporter von BFM. Sie wollen nur dem Präsidenten sagen, was sie auf dem Herzen haben, ohne Randale, ohne Gewalt.
"Gelbwesten" demonstrieren in Frankreich gegen Politik ihres Präsidenten Macron
Tagesschau 20:00 Uhr, 24.11.2018, Sabine Rau, ARD Paris
"Die wollten uns da parken wie Schafe"
Leider teilten nicht alle Demonstranten diese pazifistische Grundhaltung. Es kam zu schweren Ausschreitungen, als militante Träger von gelben Westen versuchten, die Absperrungen zu durchbrechen und Richtung Präsidentenpalast zu gelangen. Die für die Sicherheit zuständige Präfektur hatte eigens eine Sperrzone um sensible Orte herum eingerichtet und den Demonstranten vorgeschlagen, auf dem Marsfeld vor dem Eiffelturm aufzumarschieren.
Aber die Demonstranten wollten nicht aufs Marsfeld. "Die wollten uns da parken wie Schafe. Es gab in den sozialen Netzwerken den Aufruf, auf keinen Fall zum Marsfeld zu gehen, das sei eine Mausefalle." Also seien sie auf die Champs-Elysées gezogen, erklärt Françoise. "Aber wir hätten uns nicht träumen lassen, dass wir da mit Tränengas empfangen werden und Gasmasken tragen müssen."
Le Pen meldet sich zu Wort
Der Aufruf, auf die Prachtstrasse zu ziehen, kam unter anderem von Marine Le Pen, der Chefin des rechtsextremen Rassemblement National. Innenminister Christophe Castaner erhob schwere Vorwürfe ihr gegenüber: "Marine Le Pen hat die Demonstranten aufgefordert, hier auf die Champs-Elysées zu kommen", sagt er. 5000 seien durch die Straßen gezogen, "darunter viele Aufrührer rechtsextremer Ultras, die sich gegen die Republik stellen und Abgeordnete der Präsidenten-Mehrheit angreifen." Le Pen wies die Vorwürfe zurück: Sie hätte niemals zu Gewalt aufgerufen.
"Macron ist wie Marie-Antoinette"
Das Innenministerium sprach von insgesamt etwa 80.000 Menschen, die sich in ganz Frankreich versammelt hätten. Nicht überall ging es so gewalttätig zu wie auf den Champs-Elysées.
"Ich bin vor allem besorgt wegen der Zukunft meiner Kinder und Enkel. Wir haben genug von dieser Diktatur", schimpft ein Demonstrant in einer gelben Weste. Neben vielen extremen Rechten, haben auch viele radikale Linke die Bewegung genutzt, um ihren Unmut kundzutun.
Der Abgeordnete des "Unbeugsamen Frankreich", François Ruffin, wählte eine besondere Beschreibung der Situation: "Macron ist wie Marie-Antoinette während der Französischen Revolution: Was, ihr habt kein Brot? Dann kauft euch doch Kuchen! Macron sagt: Was, ihr habt nicht genug Geld für Heizöl, dann kauft euch doch eine neue Heizung."
Die Polemik wird nicht so schnell enden. Bei der Französischen Revolution verlor Marie-Antoinette ihren Kopf. Macron gedenkt den seinen zu behalten. Für Dienstag hat er eine Rede angekündigt. Darin werden Maßnahmen gegen die Gelbe-Westen-Wut erwartet.
Ein Hauch von Mai 1968 - schwere Ausschreitungen bei "Gelbwesten-Demo" in Paris
Barbara Kostolnik, ARD Paris
24.11.2018 17:38 Uhr
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