Polizisten führen einen Mann aus einem Haus ab

Abschiebungen nach Ruanda Britische Polizei beginnt mit Festnahmen von Migranten

Stand: 01.05.2024 18:55 Uhr

Großbritannien hat mit den Vorbereitungen für die umstrittenen Abschiebungen nach Ruanda begonnen. Die Polizei nahm mehrere illegal eingereiste Menschen fest. Landesweite Einsätze seien im Gange, so das Innenministerium.

In Großbritannien hat die Polizei nach Angaben des Innenministeriums die ersten für eine Abschiebung nach Ruanda bestimmten Migranten festgenommen. "Die ersten illegalen Migranten, die nach Ruanda abgeschoben werden sollen, wurden jetzt festgenommen", erklärte das Innenministerium. Es seien "eine Reihe landesweiter Einsätze" im Gange, so das Ministerium weiter. Die ersten Abschiebeflüge sollen in den nächsten neun bis elf Wochen beginnen.

Innenminister James Cleverly sagte, sein Haus arbeite daran, "rasch diejenigen Menschen festzunehmen, die kein Recht haben, hier zu sein, damit wir die Flüge starten lassen können". Sein Ministerium veröffentlichte Aufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie ein Mann in einen Kleinbus der Einwanderungsbehörde gesetzt wird und ein weiterer in Handschellen aus einem Haus abgeführt wird.

Abschiebung ohne Antragsprüfung

Das britische Parlament hatte kürzlich ein Gesetz verabschiedet, das die Abschiebung von Asylsuchenden nach Ruanda ermöglicht, wenn diese ohne Erlaubnis nach Großbritannien gelangten. Die Herkunft der Migranten spielt dabei keine Rolle. Die Abschiebungen können stattfinden, ohne dass die Asylanträge in Großbritannien überhaupt geprüft werden.

Der Oberste Gerichtshof in London hatte die Pläne für rechtswidrig erklärt. Die Richter haben Zweifel, dass die Menschen in Ruanda ein faires Asylverfahren bekommen. Nach dem neuen Modell werden die Asylanträge nun von der ruandischen Regierung in Kigali geprüft. Sollten sie angenommen werden, bekommen die Flüchtlinge ein Aufenthaltsrecht in dem ostafrikanischen Land und können nicht nach Großbritannien zurück.

Kritik an Langzeit-Präsident

Menschenrechtsorganisationen werfen Ruandas Präsident Paul Kagame vor, Regimegegner zu verfolgen und die Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Kagame ist seit 24 Jahren in Ruanda an der Macht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk berichtet über außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Todesfälle in der Haft.

Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak hat sich mit dem Gesetz über das Gericht hinweggesetzt und Ruanda zum sicheren Drittstaat erklärt. Damit sollen Einsprüche vor britischen Gerichten verhindert werden. Insgesamt sollen nach den Plänen der Regierung bis Jahresende 5.700 Migranten nach Ruanda abgeschoben werden. Ruanda erhält im Gegenzug Geld aus London.

Offiziellen Statistiken zufolge kamen zwischen Januar 2022 und Juni 2023 mehr als 57.000 Menschen in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien. In den ersten vier Monaten dieses Jahres kamen mehr als 7.200 Menschen auf diesem Weg ins Land - ein neuer Rekordwert. Die oft von Schleppern organisierten Überfahrten sind äußerst gefährlich. Erst vergangene Woche starben dabei fünf Menschen.

Scharfe Kritik an Vorhaben - Klagen zu erwarten

Sunak steht angesichts bevorstehender Wahlen und schwacher Umfragewerte seiner Konservativen Partei unter Druck und hat angekündigt, die illegale Migration einzudämmen. Der sogenannte Ruanda-Plan ist der Kern seiner Einwanderungspolitik. Die Konservativen versprechen sich davon größeren Zuspruch bei den Wahlen.

Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen lehnen den Ruanda-Plan als unmenschlich ab. Die Regierung muss sich auf Klagen einstellen. Auch ranghohe Vertreter der Vereinten Nationen haben London dazu aufgerufen, das Vorhaben zu überdenken.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Bayern2 in den Nachrichten am 01. Mai 2024 um 20:00 Uhr.