Ajay Banga

Ajay Banga einziger Kandidat Wer wird der Neue bei der Weltbank?

Stand: 31.03.2023 14:40 Uhr

Ajay Banga, ehemals Vorstandschef von Mastercard, ist der einzige Kandidat für den Chefposten der Weltbank - einer der weltweit wichtigsten Organisationen für Entwicklungshilfe. Welchen Weg schlägt die Weltbank ein?

Von Lilli-Marie Hiltscher, ARD-Finanzredaktion

Bereits am 23. Februar dieses Jahres wurde Ajay Banga von US-Präsident Joe Biden für den Chefposten der Weltbank nominiert. Seit Mittwochabend ist klar: Er ist der einzige Kandidat für den Chefposten, weitere Nominierungen gab es nicht. Es gilt darum als sicher, dass der indisch-US-amerikanische Manager auf den Chefposten rückt, seine Berufung dürfte nur noch Formsache sein.

Ziel: Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung

Es ist Tradition, dass die USA den Präsidenten dieser internationalen Institution stellen, auch weil die Weltbank ihren Hauptsitz in Washington D.C. hat. Außerdem sind die USA mit mehr als 16 Prozent der größte Anteilseigener der Weltbank und haben damit auch die meisten Stimmrechte. Der Präsident wird für fünf Jahren gewählt und ist für die Gesamtleitung der Weltbank verantwortlich.

Das wichtigste Entscheidungsgremium der Institution ist aber der Gouverneursrat, der sich in der Regel aus den Finanzministern oder den Entwicklungsministern der 189 Mitgliedstaaten zusammensetzt. Sie treffen sich einmal jährlich zur Jahrestagung.

Gegründet wurde die Weltbank bereits 27. Dezember 1945, damals vor allem mit Blick auf den für die Nachkriegszeit erwarteten großen Bedarf an langfristigem Kapital für den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Entwicklung. Seit Ende der 1940er Jahre konzentriert sich die Arbeit der Weltbank vor allem auf die Entwicklungsländer; ihre wichtigste Aufgabe dabei ist die Bekämpfung der weltweiten Armut durch die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung.

Deutschland hat 4,6 Prozent Kapitalanteil

Dabei steht vor allem die finanzielle Unterstützung im Mittelpunkt: "Die Weltbank bietet eine Reihe von Finanzprodukten sowie technische Beratung und Analysen, um Entwicklungsherausforderungen anzugehen und Ländern dabei zu helfen, Lösungen für eine nachhaltige und integrative Entwicklung zu finden", heißt es auf der Webseite der Weltbank. Dafür vergibt sie langfristige Darlehen mit einer Laufzeit von 15 bis 20 Jahren.

Die Refinanzierung erfolgt zum einen durch die Mitgliedsländer, zum anderen durch Anleihen am Kapitalmarkt. Die fünf größten Anteilseigner sind die G7-Staaten USA, Japan, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich.

Deutschland, das viertgrößte Mitgliedsland der Weltbank, trat am 28. Juli 1952 bei und hat einen Kapitalanteil von 4,6 Prozent. Deutschlands Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze, die auch an der Jahrestagung im vergangenen Oktober teilnahm, hatte die Nominierung von Ajay Banga als neuen Präsidenten der Weltbank unterstützt.

Klimawandel im Fokus

Ajay Banga, 63 Jahre alt, in Indien geboren, folgt auf David Malpass, der überraschend seinen Rücktritt angekündigt hatte. Er will sein Amt Ende Juni niederlegen und geht damit rund ein Jahr vor dem regulären Ende seiner Amtszeit.

Bereits Anfang März reiste Banga, der seit 2007 US-amerikanischer Staatsbürger ist, nach Europa, um für Unterstützung für seine Kandidatur zu werben. Deine Botschaft kommt vor allem in Europa gut an, denn er will den Klimawandel in den Mittelpunkt seiner Arbeit rücken und distanziert sich damit von der Haltung seiner Vorgängers. Malpass war wegen Äußerungen auf einer Podiumsdiskussion im vergangenen Jahr im Weißen Haus in Ungnade gefallen. Dort hatte er gesagt, er wisse nicht, ob die Verbrennung von fossilen Brennstoffen den Klimawandel beschleunige.

Ehemaliger Chef von Mastercard

Ajay Banga soll nun also den Wandel bei der Weltbank einleiten. US-Präsident Biden traut ihm das allemal zu, der ehemalige Vorsitzende von Mastercard habe schon mehrfach Firmen durch "Zeiten fundamentaler Veränderungen geleitet", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme zur Nominierung Bangas. Denn statt wie bisher einzelne Länder finanziell zu unterstützen, soll die Weltbank künftig auch globale Krisen wie den Klimawandel bekämpfen - eine inhaltliche Neuorientierung.

Kritik am Verfahren

Doch nicht überall kam Bangas Nominierung durch Biden gut an: Große Schwellenländer wie Brasilien, Argentinien, China, Indien und Südafrika fordern seit Jahren mehr Mitspracherecht bei der Weltbank. Allerdings leiden sie darunter, dass sich der Anteil der Stimmrechte nach dem Anteil des Kapitals richtet, wodurch besonders ärmere Länder benachteiligt werden.

Darum zweifeln Kritiker auch daran, dass die Weltbank immer im Sinne der Entwicklungsländer handelt. Stattdessen könnten einfach Projekte durchgesetzt werden, an deren Umsetzung vor allem die Industrieländer ein Interesse hätten und die nicht im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen stünden.

Weltbank fördert fossile Energieträger

Gestützt wird das unter anderem durch Recherchen der Nicht-Regierungsorganisation urgewald: Danach flossen von den für 2021 verplanten Darlehensgeldern der Weltbank für Energieprojekte 21 Milliarden US-Dollar in fossile Energieträger. Lediglich sieben Milliarden US-Dollar wurden laut urgewald in den Ausbau klimaschonender Energieträger wie Wind- oder Solarkraft investiert.

Zudem gibt es Kritik an den Statistiken der Weltbank. So sprach der Nobelpreisträger Paul Romer in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" 2021 über Manipulationen: "Die offiziellen Statistiken und Veröffentlichungen der Weltbank weisen viele grundlegende Schwächen auf. Offensichtliche Unehrlichkeit wird toleriert."