Bringdienst Takeve in Rom Frauen erobern das Liefergeschäft
Seit Beginn der Pandemie boomen Lieferdienste: ein enormer Wachstumsbereich, von dem bisher vor allem Männer profitieren. Eine junge Frau in Rom will das ändern.
Sie habe an die vielen Frauen gedacht, die seit Beginn der Pandemie wie Tintenfische ihre Tentakel überall hinstrecken müssten, um die Bälle in der Luft zu halten, sagt die 28-jährige Evelyn Pereira. Daher machte sie den Tintenfisch zum Logo ihres Start-ups. Frauen als multi-tasking-fähige Food-Lieferantinnen: Das Geschäftsmodell funktioniert und wird immer erfolgreicher.
Kaum weibliche Rider in Italien
Weibliche Rider sind Neuland. 200.000 Essensausfahrer gibt es in Italien - und bis vor Kurzem war darunter nicht eine Frau. Rund 750 Millionen Euro Umsatz macht das italienische Gaststättengewerbe mit der Lieferung nach Hause, aber dieser Wachstumsmarkt war Männern vorbehalten. Dafür gibt es nach Ansicht von Pereira keinen Grund. Es gebe körperlich sehr viel beschwerlichere Arbeiten, als mit dem Fahrrad Pizzen und Fertiggerichte auszuliefern.
Sie will Frauen nun helfen, in diesem Tätigkeitsfeld Fuß zu fassen, aber unter vernünftigen Arbeitsbedingungen. Nur elf Prozent der Lebensmittellieferanten in Italien haben einen festen Arbeitsvertrag. "Man muss den Ridern mehr Rechte und Schutz einräumen", sagt Pereira. Takeve bezahlt ihren Mitarbeiterinnen ein Grundgehalt von 600 bis 650 Euro für 20 Arbeitsstunden - selbst dann, wenn sie keine Aufträge bekommen. Der Rest der Bezahlung ist auftragsbezogen. Ältere Rider erhalten einen "Senior-Bonus".
Fahrerin Chiara Comerci (links) und die Gründerin des rein weiblichen Lieferdienstes "Takeve", Evelyn Pereira.
Sicherheit spielt übergeordnete Rolle
Chiara Comerci arbeitet seit vergangenem Sommer für Takeve. Sie hat zwei kleine Kinder, um die sie sich während der zahlreichen Lockdowns zu Hause gekümmert hat. Ihren Job in der Gastronomie hat sie, wie viele andere Frauen in Italien, verloren. Jetzt sei es Zeit, endlich wieder rauszukommen und etwas für sich zu tun, sagt sie. "Ich verbinde das Nützliche mit dem, was mir Spaß macht. Ich fahre gerne Rad und arbeite auch gerne im Dienstleistungsbereich. Weil ich im Lockdown über Monate zu Hause war, weiß ich, wie einem Essenslieferungen helfen können. Da will ich meinen kleinen Teil beitragen".
Takeve kümmert sich nicht nur um angemessene Bezahlung und Versicherung ihrer Fahrerinnen, sondern auch um ihren persönlichen Schutz beim Ausfahren - ein wichtiges Thema unter weiblichen Riderinnen, die vor allem abends in der Stadt unterwegs sind. Chiara stellt die Lieferung auf einen Hocker im Aufzug, persönlichen Kontakt mit den Kunden hat sie nicht. Durch den Hocker wird die Tüte nicht schmutzig. "Das sind so Dinge, die eben Frauen einfallen", lacht sie. Für den Notfall haben die Fahrerinnen Alarmgeräte bei sich.
Gleichberechtigung, faire Löhne und Nachhaltigkeit
Der nächste Auftrag kommt von einem Restaurant im Norden der Stadt. Die Inhaberin, Ecaterina Di Rocco, ruft gezielt bei diesem Lieferdienst an. Die Fahrerinnen von Takeve gelten als zuverlässig und immer gut erreichbar - das ist nicht bei allen Lieferanten so. "Ich bin froh, dass sie Geld und Kraft gefunden haben, dieses wichtige Projekt zu realisieren. Frauen sind in diesem Bereich nie in Erscheinung getreten".
Außerdem gefällt der Gastronomin, dass Takeve nachhaltig arbeitet. Das Unternehmen arbeitet CO2-neutral, alle Verpackungen sind komplett recyclingfähig, und überschüssiges Essen aus dem Restaurant verteilen die Frauen an Bedürftige. Auch ein Teil der Einnahmen wird gespendet.
"Pink, green and good" will sie ihre Firma aufstellen, sagt Takeve-Gründerin Pereira - die Lieferdienste aus der Schmuddelecke holen und für neue Kundinnen attraktiv machen. Dafür setzt sie auf Gleichberechtigung, faire Bezahlung und Nachhaltigkeit. Als nächstes will sie nach Spanien, Frankreich und Deutschland expandieren.