Lufthansa A340

Appell an EU zu Lufthansa-Paket "So unkompliziert wie mit Air France"

Stand: 29.05.2020 13:28 Uhr

Die EU will ein Lufthansa-Rettungspaket unter Auflagen - doch Verkehrsminister Scheuer ist dagegen. Für das deutsche Unternehmen müsse es so unkompliziert ablaufen wie die Airline-Hilfen in Frankreich und Italien.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat die EU-Kommission aufgefordert, bei dem staatlichen Rettungspaket für die Lufthansa auf Auflagen zu verzichten. "Die EU-Kommission muss die Einschränkungen für die Lufthansa verwerfen und genauso unkompliziert agieren wie beispielsweise mit Air France oder Alitalia", sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Auch Frankreich und Italien stützen ihre nationalen Fluggesellschaften in der Corona-Krise mit Milliardenhilfen. Die Wettbewerbshüter hatten den Rettungsplänen für Air France und Alitalia zugestimmt.

Mögliche Auflagen für deutsche Airline

Im Fall des europäischen Marktführers Lufthansa besteht Brüssel jedoch dem Vernehmen nach auf Abgabe von einem Dutzend Flugzeugen samt wertvoller Start- und Landerechte an den Flughäfen Frankfurt und München an Wettbewerber. Kanzlerin Angela Merkel hatte im CDU-Präsidium einen "harten Kampf" angekündigt, weil Brüssel die milliardenschwere Rettung nur unter hohen Auflagen genehmigen wolle.

Auch Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte das Rettungspaket für die Lufthansa bereits verteidigt.

"Sehr irritierend"

Auch der Unions-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Ralph Brinkhaus (CDU), kritisierte die EU-Kommission. Mit Auflagen für das Rettungspaket gefährde sie ein europäisches Unternehmen. "Das Verhalten der Europäischen Kommission ist sehr irritierend", sagte Brinkhaus dem Redaktionsnetzwerk Deutschland:

Es geht schließlich darum, europäische Weltmarktspieler am Leben zu erhalten. Die Frage ist, ob Lufthansa gegenüber Konkurrenten auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig bleibt.

EU-Kommission verteidigt Haltung

Die Bundesregierung will die in der Corona-Krise schwer angeschlagene Lufthansa mit einem neun Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket stützen. Es ist eine Kombination aus Krediten, stillen Einlagen und einer direkten staatlichen Beteiligung. In einem nächsten Schritt muss allerdings die EU-Kommission noch zustimmen. Aufgabe der EU-Kommission ist es, Wettbewerbsverzerrungen im Zuge von Staatshilfen verhindern.

EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager verteidigte ihre Haltung zum Rettungspaket. Ihre Behörde schaffe hier "keine zusätzlichen Hindernisse", sondern stelle lediglich sicher, "dass Wettbewerbsverzerrungen behoben werden", sagte sie. Im Übrigen hätten die EU-Länder die entsprechenden Wettbewerbsregeln akzeptiert.

Zu Details der laufenden Gespräche äußerte sie sich nicht, sagte aber: "Es hat hohe Priorität, eine Einigung zu erzielen. Wir sind in sehr engem Kontakt, aber ich kann nicht sagen, wann wir fertig sein werden."

Margarethe Vestager

EU-Wettbewerbskommissarin Vestager will mit der Bundesregierung auch über Start- und Landerechte reden."

"Slots sind sehr wertvoll"

Die Bundesregierung hat die geplante Staatshilfe für Lufthansa bislang nicht offiziell in Brüssel angemeldet. Die EU-Kommission nahm zu dem Fall deshalb auch noch nicht offiziell Stellung. Dass Lufthansa ein "beeindruckendes Unternehmen mit Marktmacht" sei, stehe aber außer Frage, sagte Vestager. Und die Frage der Start- und Landerechte stehe in derartigen Fällen "häufig im Zentrum der Debatte". "Slots sind sehr wertvoll", sagte Vestager. Das heiße aber nicht, dass nicht auch andere Abhilfen gefunden werden könnten.

Vestager betonte, dass die Bedingungen für alle gleich seien. Jeder Mitgliedsstaat, der ein marktmächtiges Unternehmen mit mehr als 250 Millionen Euro rekapitalisieren wolle, werde sicherstellen müssen, dass weiter gleiche Ausgangsbedingungen im Binnenmarkt herrschten.

Die Dänin betonte zudem den "wesentlichen Unterschied" zwischen Hilfen in Form von Darlehen und in Form staatlicher Beteiligungen an Unternehmen. Eine staatliche Beteiligung stärke die Marktposition eines Unternehmens ungemein, sagte Vestager. Mit dem Staat als Aktionär genieße die Airline voraussichtlich mehr Vertrauen bei Investoren.

Brandbrief an von der Leyen

Lufthansa-Mitarbeiter machten unterdessen ihrem Unmut in einem Brief an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Vestager Luft. "Die Bedingungen, die Sie an die Rettung unseres Unternehmens knüpfen, sind für uns erschütternd", heißt es in dem Schreiben, aus dem die "Bild"-Zeitung berichtete. "Wir verschließen uns keinem fairen Wettbewerb, allerdings kann an dieser Stelle nicht mehr von Fairness gesprochen werden."

Lufthansa-Aufsichtsrat denkt über Insolvenz nach

Der Aufsichtsrat der Lufthansa stimmte dem Rettungspakt bisher noch nicht zu. Als Grund nannte das Unternehmen mögliche Auflagen der EU-Kommission, die bei einer Staatshilfe die Start- und Landerechte überprüfen könnte.

Nach Informationen des "Focus" brachten Aufsichtsräte der Airline bereits eine Insolvenz des Konzerns in Eigenverwaltung ins Spiel. Diese habe durchaus Vorteile gegenüber den Staatshilfen, zitierte das Magazin Mitglieder des Gremiums. So könnte etwa die Rückerstattung von Flugtickets, die mit bis zu 1,8 Milliarden Euro veranschlagt wird, ausgesetzt werden. Außerdem wären Entlassungen und die Schließung unrentabler Tochterfirmen einfacher möglich. Dadurch könnten weit mehr als die bislang anvisierten rund 10.000 Jobs wegfallen. "Die Ablehnung des Rettungspakets ist ein Signal an die Bundesregierung, noch einmal mit Brüssel zu verhandeln", zitierte das Magazin ein Aufsichtsratsmitglied.

Die konkurrierende Fluggesellschaft Ryanair hatte angekündigt, gegen das Rettungspaket für die Lufthansa rechtlich vorzugehen.

Großteil der Flotte am Boden

Die Lufthansa verzeichnet derzeit massive Umsatzrückgänge. Nachdem sie im vergangenen Jahr noch einen Rekord bei den Passagierzahlen verbucht hatte, sind wegen der Einreiseverbote in vielen Ländern seit Wochen große Teile der Flotte am Boden.

Laut Vorstandschef Carsten Spohr verliert der Konzern dadurch eine Million Euro pro Stunde. Der Passagierrückgang im Vergleich zum Vorjahr betrug Anfang Mai 99 Prozent. Im Konzern sind rund 138.000 Menschen beschäftigt. Zehntausende Jobs stehen wegen der Folgen der Corona-Krise auf der Kippe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. Mai 2020 um 13:00 Uhr.