Ein Beispiel für gelebte Inklusion: Die Partner-Werkstätten Chemnitz bilden Menschen mit Behinderungen aus.

Corona erschwert Inklusion Mehr Menschen mit Behinderung arbeitslos

Stand: 30.11.2021 09:19 Uhr

Auch im zweiten Corona-Jahr leiden Menschen mit Behinderung mehr unter dem angespannten Arbeitsmarkt als der Rest der Bevölkerung. Das zeigt das Inklusionsbarometer, das die "Aktion Mensch" vorgelegt hat.

Mehr Menschen mit Behinderung waren im bisherigen Jahr 2021 arbeitslos als im vergangenen Jahr. Das geht aus einer aktuellen Studie der "Aktion Mensch" hervor. Die Auswirkungen der Corona-Krise belasten sie mehr als den Durchschnitt der Deutschen, so die Hilfsorganisation.

Nur leichte Besserung in Sicht

Die Studie, die die Aktion Mensch beim Handelsblatt Research Institute in Auftrag gegeben hat, zeigt, dass die Pandemie die Inklusion - also die Teilhabe und Integration von behinderten Menschen - am Arbeitsmarkt erschwert. Im Durchschnitt der ersten zehn Monate des laufenden Jahres waren erneut mehr Menschen mit Behinderung arbeitslos als im Jahr zuvor, nämlich 174.006.

Zwar hat sich die Situation seit Jahresbeginn leicht verbessert; im Januar lag die Zahl noch bei rund 180.000. Doch von Verbesserungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt spürten Menschen mit Behinderung nur wenig, so der Bericht.

Inklusion auf dem Stand von 2016

Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung lag damit bundesweit mehr als acht Prozent über dem Vorkrisenniveau. "Im Jahr 2020, dem ersten der Pandemie, erlitt die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt einen massiven Rückschlag. Die Zahl der arbeitslosen Menschen mit Behinderung stieg in kürzester Zeit auf den höchsten Stand seit 2016", so Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch. Diese Situation habe sich bis dato kaum verändert.

Die Studie sieht mangelnde Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen wegen der Corona-Einschränkungen als Hauptgrund für die höhere Arbeitslosigkeit an. Weniger Menschen konnten sich damit für eine neue Tätigkeit qualifizieren als in der Vor-Corona-Zeit. Nur vier Prozent des Anstiegs coronabedingten Anstiegs seien auf Kündigungen zurückzuführen.

Langzeitarbeitslose mit Behinderung werden "vergessen"

Insbesondere Langzeitarbeitslose mit Behinderung würden stärker als zuvor vom Arbeitsmarkt vergessen, so Marx. Für sie bestünden "ohne eine aktive Unterstützung seitens der Wirtschaft und Politik kaum Chancen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen", so Marx.

Der Präsident des Handelsblatt Research Instituts, der ehemalige Wirtschaftsweise Bert Rürup, sieht auch für die nächste Zeit nur eine allmähliche Besserung. "Menschen mit Behinderung werden zwar von der absehbaren Erholung des Arbeitsmarktes profitieren, jedoch voraussichtlich langsamer als Menschen ohne Behinderung."

Regional entwickelt sich die Situation dabei unterschiedlich. Den höchsten Anstieg der Arbeitslosenzahlen bei Menschen mit Behinderung verzeichnen laut der Studie die Bundesländer Hamburg mit einem Plus von fast 16 Prozent im Vergleich zum Oktober 2019 sowie Bayern mit einem Plus von rund 14 Prozent im gleichen Zeitraum.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. November 2021 um 14:00 Uhr.