Eine Mitarbeiterin des Seniorenhaus im Vorbachtal betreut einen Bewohner des privaten Pflegeheims.

IW-Studie Eine halbe Million Fachkräfte fehlen

Stand: 12.08.2022 08:49 Uhr

In vielen Branchen wird derzeit händeringend nach Personal gesucht. Die größte Lücke gibt es laut IW in der Sozialarbeit. Gesamtmetall-Präsident Wolf plädiert für ein neues Zuwanderungsgesetz.

Zwischen Juli 2021 und Juli 2022 fehlten in Deutschland über alle Berufe hinweg mehr als eine halbe Million Fachkräfte. Das geht aus einer Studie des Instituts für deutsche Wirtschaft Köln (IW) hervor. Insgesamt fehlten 537.923 qualifizierte Arbeitskräfte.

Die größte Lücke gab es in dem Zwölf-Monats-Durchschnitt aber in der Sozialarbeit. Dort gab es für 20.578 offene Stellen keine passend qualifizierten Arbeitslosen - laut IW ein Rekordwert. "Diese Fachkräfte fehlen beispielsweise bei der Berufseinstiegsbegleitung, in der Schulsozialarbeit, in Jugend-, Kinder- und Altenheimen oder in der Suchtberatung, also überall dort, wo Menschen persönliche Begleitung für die Lösung sozialer Probleme benötigen", schreiben die Ökonominnen und Studienautorinnen Helen Hickmann und Filiz Koneberg.

Lücken in vielen Bereichen

Eine ähnlich große Lücke gab es auch bei den Erzieherinnen und Erziehern, in dem Bereich konnten 20.500 Stellen nicht besetzt werden. "Auch hier erreichte der Fachkräftemangel einen Rekordwert", heißt es in der Studie. In der Altenfachpflege blieben danach 18.279 Stellen unbesetzt, in der Bauelektrik 16.974 Stellen und in der Gesundheits- und Krankenpflege 16.839 Stellen.

Diskussion über Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes

Oliver Sallet, ARD Berlin, tagesschau 12:00 Uhr

Aber auch Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnikfirmen finden zunehmend kein Personal: laut der Studie blieben im Schnitt 14.013 offene Stellen in den vergangenen zwölf Monaten unbesetzt.

Informatiker (13.638 offene Stellen), Physiotherapeuten (12.060), Kraftfahrzeugtechniker (11.771) und Berufskraftfahrer (10.562) wurden danach ebenfalls stark gesucht. Bei den Berufskraftfahrern rechnet das IW noch mit einer Verschärfung der Situation, da "die Beschäftigten überdurchschnittlich alt sind und es zudem an Nachwuchs fehlt".

Neues Zuwanderungsgesetz gefordert

Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sprach sich Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf für ein neues Zuwanderungsgesetz aus. "Wir brauchen ein qualifiziertes Zuwanderungsgesetz, wie es etwa Kanada hat", sagte der Chef des Arbeitgeberverbandes der Metall- und Elektroindustrie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Den Zuwanderern muss man ein langfristiges Bleiberecht einräumen."

In Kanada habe man mit seinem Zuwanderungsgesetz viele Probleme gelöst. Hierzulande gebe es beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz dagegen viele Fallstricke und Hürden. "Wer zu uns kommt, braucht Absicherung und lebenslange Sicherheit", sagte Wolf. "Voraussetzung dafür müssen die Qualifikation und die Sprache sein."

Klage über sinkendes Bildungsniveau

In der Metall- und Elektroindustrie habe man Probleme, qualifizierte Menschen zu finden, so der Chef des Arbeitgeberverbandes. Wolf kritisierte, dass das Bildungsniveau der Bewerbungen in den vergangenen Jahren gesunken sei. Kurzfristige Maßnahmen wie etwa das Anwerben von Gastarbeitern an Flughäfen lehnte er ab.

In Deutschland trat das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) am 1. März 2020 in Kraft. Ziel ist es, den Zuzug von qualifizierten Fachkräften aus Drittstatten zu erleichtern. Einer jüngsten DIHK-Konjunkturumfrage sehen 56 Prozent der Unternehmen im Fachkräftemangel ein Geschäftsrisiko.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 10. August 2022 um 13:33 Uhr.