Friedrich Merz

Friedrich Merz und BlackRock Plötzlich alles grün?

Stand: 03.12.2020 11:05 Uhr

Friedrich Merz, Anwärter für den CDU-Vorsitz, lobt seinen früheren Arbeitgeber BlackRock als nachhaltig. Monitor-Recherchen zeigen: Der Finanzkonzern investiert Milliarden in klimaschädliche Geschäfte.

Von Lutz Polanz und Jochen Taßler, WDR

Im Januar 2020 verkündete BlackRock-Chef Larry Fink eine Zeitenwende. Nachhaltigkeit sei künftig zentraler Teil der Anlagestrategie des Unternehmens. Ein wichtiges Signal, sagen selbst Kritiker des Konzerns. Denn BlackRock ist ein Gigant der globalen Finanzindustrie, verwaltet nach eigenen Angaben inzwischen 7,8 Billionen US-Dollar, mehr als doppelt so viel wie das deutsche Bruttoinlandsprodukt.

Ein Loblied auf BlackRock

Das neue Nachhaltigkeitsversprechen kam auch Friedrich Merz im Rennen um den CDU-Vorsitz sehr gelegen. 2016 heuerte er als Aufsichtsratsvorsitzender bei einer wichtigen deutschen BlackRock-Tochter an. Spätestens seit 2018 stand Merz für BlackRock dann auch regelmäßig in Kontakt mit der Spitze des Bundesfinanzministeriums, führte dort auch gemeinsam mit Konzernchef Fink Gespräche zu "aktuellen Finanzmarktfragen".

Im März 2020 verließ Merz den Finanzgiganten. Doch BlackRock fühlt er sich offenbar bis heute verbunden. Das machte er gerade erst in der ARD-Talkshow Anne Will wieder deutlich und lobte BlackRock dafür, "dass dieses Unternehmen das erste war, das sich zu diesen Themen so geäußert hat, dass zum Beispiel ökologische, soziale und gesellschaftliche Themen eine Rolle spielen - auch in den Kapitalmärkten".

Vorreiter beim Klimaschutz?

Umweltorganisationen kritisieren hingegen, dass BlackRock das Geld seiner Kunden weltweit besonders in CO2-intensive Geschäfte investiere: Über Beteiligungen an großen Mineralölfirmen wie Exxon Mobil, Chevron oder BP - und umfangreiche Investments in der Kohle-, Automobil- und Zementindustrie. Das liegt auch daran, dass BlackRock Kundengelder vor allem in sogenannten Indexfonds anlegt, die Aktienindizes wie den DAX nachbilden. Von Aktien dieser Unternehmen könne man sich "naturgemäß nicht trennen", teilt BlackRock auf Anfrage des ARD-Magazins Monitor mit.

Von einer Vorreiterrolle beim Klimaschutz oder sozialer Verantwortung könne bei BlackRock jedenfalls keine Rede sein, sagt Christian Klein, Experte für nachhaltige Finanzwirtschaft an der Universität Kassel. Europäische Investmenthäuser, aber auch große Pensionsfonds seien da in ihrem Anlageverhalten viel weiter.

Aktuelle Studie kritisiert Anlagestrategie

In einer aktuellen Studie haben Umweltorganisationen zwölf der klimaschädlichsten Großprojekte weltweit untersucht: Zum Beispiel Ölförderprojekte in der Tiefsee vor Guyana, Gasfelder in Mosambik und neue Kohlekraftwerke in Bangladesch. Das Ergebnis: BlackRock sei insgesamt betrachtet der größte Investor. Dem Report der Nichtregierungsorganisation Urgewald zufolge ist das Unternehmen über Anteile und Anleihen mit mehr als 110 Milliarden Euro dabei. BlackRock wollte sich auf Monitor-Anfrage dazu nicht äußern.

Wie ernst es Unternehmen wie BlackRock mit dem Klimaschutz nehmen, zeige sich am Kauf sogenannter "brauner Anleihen", die es etwa großen Mineralölfirmen ermöglichen, weiter umweltschädliche Projekte zu finanzieren, sagt Andreas Hoepner, Experte für nachhaltige Finanzprodukte am University College Dublin: "BlackRock ist einer der der drei größten Käufer, im Regelfall von Standardanleihen, die Öl-, Gas und Kohlefirmen hauptsächlich zur Finanzierung klimaschädlicher Projekte nutzen. Das kann man so klar sagen."

Mehr nachhaltige Investments

BlackRock betont, man werde künftig sein Engagement bei Kohleproduzenten zurückfahren, Unternehmen stärker in die Pflicht nehmen und die Zahl nachhaltiger Investments stark ausbauen. Vor allem bei Fonds, die nach ökologischen und sozialen Kriterien zusammengestellt sind. Jüngsten Testergebnissen der Zeitschrift "Finanztest" von Juli 2020 zufolge schneiden die untersuchten "nachhaltigen" Fonds von BlackRock aber in vier von fünf Fällen in puncto Nachhaltigkeit am schlechtesten ab. Auch die Nichtregierungsorganisation Facing Finance hat die Nachhaltigkeits-Fonds von BlackRock unter die Lupe genommen. Einer der untersuchten Fonds zum Beispiel verzichte zwar auf Beteiligungen an Kraftwerkskohle oder Ölsanden. Trotzdem investiere auch er in Ölkonzerne wie Total oder den umstrittenen Rohstoffkonzern Glencore.

Doppeltes "Greenwashing"

Das Nachhaltigkeitsversprechen von BlackRock und der Versuch von Friedrich Merz, sich ein grüneres Image zu verpassen: Für den Politologen Albrecht von Lucke, handelt es sich um ein doppeltes "Greenwashing" des möglichen CDU-Kanzlerkandidaten.

"Einerseits erweckt er den Eindruck, dass BlackRock plötzlich grün wäre, auf der anderen Seite betreibt Friedrich Merz natürlich damit auch ein Greenwashing seiner selbst, indem er behauptet, sein Konzern, sein ehemaliger Arbeitgeber wäre grün und damit gleichermaßen er selbst. Von beidem kann nicht die Rede sein", sagt von Lucke.

Eine Monitor-Anfrage zu seinen Äußerungen ließ Friedrich Merz unbeantwortet. Sein Sprecher bat darum, alle Fragen direkt an BlackRock zu schicken.

Mehr zum Thema im ARD-Magazin Monitor um 21.45 Uhr im Ersten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtet die Sendung Monitor am 03. Dezember 2020 um 21:45 Uhr.