Eine Frau geht am Gebäude der Moskauer Börse vorbei.

Moskauer Börse Ein bisschen Handel kehrt zurück

Stand: 21.03.2022 18:34 Uhr

Fast einen Monat nach der Aussetzung des Handels hat die Börse in Moskau Geschäfte mit bestimmten russischen Staatsanleihen wieder aufgenommen. Aktien können dort weiter nicht gekauft werden.

Von Constantin Röse, ARD-Börsenstudio Frankfurt

Weltweit sind die Kurse nach dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine abgestürzt. Doch keine Börse hat es so hart getroffen wie die Moskauer Börse. Nicht nur der Rubel stürzte ab, auch Aktien russischer Konzerne wie Gazprom & Co. reagierten auf die harten Sanktionen des Westens.

Die russische Zentralbank sah sich gezwungen, den Handel gleich komplett auszusetzen. Das sei eine Maßnahme mit gewaltigen Auswirkungen für russische Unternehmen, erklärt Felix Hüfner, Chefvolkswirt Deutschland & Europa der UBS-Bank: "Zum einen gibt es Probleme, dass Unternehmen, die Kapital brauchen, es im Moment nicht bekommen. Andere Unternehmen werden auch Investitionen zurückstellen. Wenn man nicht genau weiß, wann man wieder an Kapital kommt und zu welchem Preis, dann stellt man Investitionen zurück."

"Lieber Aktienmarkt, Ruhe in Frieden"

Hinzu kommen die Wirtschaftssanktionen des Westens gegen Russland. Denn viele Unternehmen haben ihre Geschäfte in Russland auf Eis gelegt oder sich gleich ganz zurückgezogen. Die Konsequenzen sind auch an der Wertentwicklung des Rubels zu sehen. Seit Beginn des Ukraine-Krieges ist die russische Währung abgestürzt und hat rund 30 Prozent an Wert im Vergleich zu Dollar und Euro verloren.

Die Stimmung ist schlecht - auch bei vielen Börsenprofis in Russland. Schlagzeilen machte ein Fernsehauftritt eines Börsenhändlers im staatsnahen russischen Fernsehen, der auf den Tod des Aktienmarkts anstieß. Auf russisch sagte er: "Lieber Aktienmarkt, Ruhe in Frieden."

Westliche Börsen verbieten Handel mit Russland-Aktien

Knapp vier Wochen nach der Aussetzung des Börsenhandels kam es heute indes zumindest zu einer ersten Teilöffnung der Moskauer Börse. Seit 13 Uhr Ortszeit dürfen wieder bestimmte, von der russischen Regierung ausgegebene Staatsanleihen gehandelt werden. Ein Sprecher der Börse sagte, man hoffe auf eine baldige Wiederaufnahme auch des Aktienhandels. "Technisch ist dafür alles vorbereitet", sagte er der BBC.

Unklar bleibt, wann wieder russische Aktien in Moskau gehandelt werden können. Auch an anderen Börsen wie etwa in London oder Frankfurt bleibt der Handel mit russischen Aktien ausgesetzt. Papiere vom Energie-Riesen Gazprom oder der Sberbank waren hier um über 90 Prozent abgestürzt. Auch weil westliche Anleger fürchten, über ihre Aktien angesichts der Sanktionen gar nicht mehr verfügen zu können.

Umweg über Zertifikate-Handel

Selbst wenn der Aktienhandel wieder freigegeben würde, blieben russische Werte unattraktiv, meint Kapitalmarktstratege Stefan Riße vom Kapitalverwalter Acatis: "Die Gefahr für Anleger zum Beispiel in Deutschland ist die, dass man auf diesen russischen Aktien einfach sitzen bleibt. Man hat sie, man kann sich möglicherweise sogar die Original-Aktien ausliefern lassen, aber wo soll man sie verkaufen? Das ist die große Frage."

Abwarten heißt es jetzt also für Anleger. Problem hierzulande auch: Papiere russischer Unternehmen werden oft nicht direkt, sondern als bestimmte Zertifikate, sogenannte ADRs, verkauft.

Geringes Handelsvolumen in Osteuropa

Russische Anleger hätten - auch wenn wieder Aktien in Moskau gehandelt werden - wenig Alternativen, meint Alexander Libman, Professor am Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin: "Wenn die Sanktionen lange bleiben, das haben wir schon im Fall von Iran gesehen, dann werden die russischen Anleger vermehrt ihr Geld in einheimischen Aktien investieren - einfach weil sie keine anderen Alternativen haben."

Nach der bislang längsten Börsenschließung in Moskau würde das immerhin die heimische Börse stärken. Doch klar ist auch: Generell spielt die Musik an den internationalen Finanzmärkten der USA und Europas. Das zeigt auch das geringe Handelsvolumen in Osteuropa.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. März 2022 um 17:23 Uhr in der Sendung "Wirtschaft und Gesellschaft".