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Kryptowährung als Zahlungsmittel El Salvador im Bitcoin-Fieber?

Stand: 07.09.2021 18:18 Uhr

Seit heute kann in El Salvador offiziell mit Bitcoins bezahlt werden. Basis ist ein Gesetz, das der Präsident in kürzester Zeit durchgebracht hat. Im Land selbst regt sich Protest.

Ab heute kann William Saenz Tomaten, Gurken und Shampoo mit Bitcoin einkaufen. Auch seine Steuern kann er damit bezahlen. Er sieht darin eine große Chance, erklärt er gegenüber dem staatlichen Nachrichtensender Noticiero in El Salvador: "Ich finde gut, dass der Präsident Bitcoin einführen will. Gerade in entwickelten Ländern, in Europa gibt es die Währung bereits", sagt er und ist überzeugt: "In ein oder zwei Jahren wird das unsere Wirtschaft verändern."

Erstes Land weltweit

El Salvador ist  das erste Land, in der die Digitalwährung als legales Zahlungsmittel eingeführt wird. Das Gesetz dafür wurde vor drei Monaten im Schnelldurchlauf verabschiedet, gepusht durch den Präsidenten Nayib Bukele selbst. Luciana Ramirez ist verunsichert. Die 30-Jährige arbeitet für die Regierung. Ihren eigentlichen Namen will sie lieber nicht nennen, denn Kritik am Bitcoin sei nicht erwünscht. "Das Gesetz wurde viel zu schnell erlassen. Es gibt gar nicht ausreichend Informationen", bemängelt sie. "Viele wissen überhaupt nicht, wie diese App, die man dafür benutzen muss, funktioniert. Es ist alles sehr unsicher - gerade auch für die kleinen Geschäfte und Unternehmen. Und wenn wir über Bitcoin sprechen, dann denken wir an San Salvador, die Hauptstadt. Aber was passiert mit den ländlichen Regionen?", fragt sie. Denn dort fehle es sogar an Strom, ganz zu schweigen von Internet. Viele würden gar nicht verstehen, was da auf sie zukomme. Zudem gelte die Kryptowährung als unbeständig.

Und so fürchteten viele um ihre Ersparnisse. In den letzten Monaten genügten schon Tweets von Tesla-Chef Elon Musk, um den Kurs extrem zum Wanken zu bringen. "Ich versuche immer wieder, was zu lesen", sagt Ramirez. "Es gibt eine Art Glossar mit den technischen Begriffen, die man für die Nutzung benötigt." Aber all das sei sehr komplex: '"Die Mehrheit der Menschen in El Salvador hat keinen Zugang zu Bildung - ich will mir gar nicht vorstellen, wie es ihnen damit geht."

Die Mehrheit ist skeptisch

In der Hauptstadt San Salvador sind bereits die ersten Automaten aufgestellt. Wer die digitale Geldbörse "Chivo" herunterlädt, bekommt ein Startguthaben von 30 Dollar, so das Versprechen von Präsident Bukele. Er wirbt für die Kryptowährung - ein Zahlungsmittel, für das kein Bankkonto nötig ist.

Laut einer landesweiten Umfrage der Universidad Centroamericana lehnen fast 70 Prozent der Salvadorianer das Bitcoin-Gesetz ab. Etwa gleich viele hatten demnach ungenaue Vorstellungen von Bitcoin: Nur 4,8 Prozent der Befragten definierten sie korrekt als Kryptowährung.

Kritiker zeitweise festgenommen

Marco Gómez gehört zu den schärfsten Kritikern der Bitcoin-Einführung. Er hatte gegenüber der Presse die Risiken aufgezeigt, die damit einhergehen. Der Bitcoin-Experte wurde laut seines Anwalts vor wenigen Tagen ohne Haftbefehl von der Polizei mitgenommen. "Die Polizei sagte, dass es sich nicht um eine Festnahme gehandelt habe. Aber das merkwürdige ist, dass selbst die Staatsanwaltschaft nichts davon weiß", berichtet der Anwalt.

"Wir haben keine Klarheit darüber, was ihm vorgeworfen wird. Er war mit seiner Mutter im Auto unterwegs. Er wurde angehalten und einfach mitgenommen. Wir wissen noch nicht einmal, welche Einheit mit dem Fall befasst ist." Zwar wurde der Bitcoin-Experte noch am gleichen Tag freigelassen, doch das Verfahren wurde nicht eingestellt, und der konkrete Vorwurf bleibt unklar.

In diesen Tagen sind Hunderte Salvadorianer immer wieder auf die Straße gegangen, um gegen die Einführung des Bitcoin zu protestieren. Präsident Bukele reagierte auf Twitter. Er postete Bilder eines Protests und schrieb dazu: "Das ist eine Demonstration der Opposition. Es ist ganz klar, mit wem wir es hier zu tun haben."

Anne Demmer, Anne Demmer, ARD Mexiko-Stadt, 07.09.2021 16:47 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 07. September 2021 um 20:00 Uhr.