Der Hauptsitz der Silicon Valley Bank in Santa Clara, Kalifornien.

Maßnahme gegen "Bank Runs" Hilft mehr Einlagenschutz den Superreichen?

Stand: 05.04.2023 13:00 Uhr

Bankkonten sind heute bis 100.000 Euro geschützt. Manche Fachleute schlagen vor, die Einlagensicherung zu erweitern - um einen "Sturm auf die Banken" zu verhindern. Doch Finanzaufseher sind skeptisch.

Ökonominnen und Ökonomen des Leibnitz-Instituts für Finanzforschung (SAFE) in Frankfurt am Main fordern, dass die Einlagensicherung bei europäischen Banken ausgeweitet wird. Die Frankfurter Banken-Experten sprechen sich dafür aus, dass künftig Einlagen unbegrenzt versichert sein sollen, statt wie bisher nur bis 100.000 Euro. So ließe sich ein "Sturm auf die Banken" von Anlegerinnen und Anlegern verhindern, die aufgrund schlechter Nachrichten massenhaft Konten leeren und damit Banken erst richtig in Schwierigkeiten bringen. Solche "Bank Runs" führten in den vergangenen Wochen zu den hektischen Abwicklungen der Silicon Valley Bank in den USA und der Schweizer Großbank Credit Suisse.

Bei einem "Bank Run" entstehe enormer Zeitdruck, "um das Feuer irgendwie einzudämmen", sagt SAFE-Gründungsdirektor Jan Krahnen. Mit mehr Zeit könnten hingegen schlecht geführte Banken ordentlich abgewickelt werden und vom Markt verschwinden. Wenn Anlegerinnen und Anleger nicht um ihr Geld fürchten müssten, gebe es keinen Grund für hektisches Leerräumen von Konten. Eine Versicherung von Einlagen müsste nach den Vorstellungen der SAFE-Forscher von den Banken bezahlt werden. Ob sie die Kosten direkt an ihre Kunden weiterreichen oder anderweitig erwirtschaften, sei ihre Sache.

Wann ist Schluss mit einer Bank?

Der Vorstellung, dass Pleite-Banken in Ruhe abgewickelt werden könnten, widersprach der frühere Direktor der Europäischen Zentralbank, Lorenzo Bini Smaghi, bei einer Veranstaltung des Leibnitz- Instituts: "Es ist unmöglich, dass Aufseher einer Bank sagen: Ihr seid insolvent." Wenn "Bank Runs" durch Versicherungen auf Einlagen verhindert würden, fehle das unbezweifelbare Signal, dass mit einer Bank wirklich Schluss ist.  

Ob mit oder ohne "Bank Run" - die Fachleute waren einig, dass sowohl die Silicon Valley Bank als auch Credit Suisse am Ende waren. "Es ist offensichtlich, dass es Fehler des Bankmanagements waren", sagt die frühere Chefin der Bundesanstalt für Finanzaufsicht (BAFin), Elke König. Loriana Pelizzon von SAFE bestätigt: "Beide Banken waren in schlechtem Zustand. Sie waren nicht gut geführt." Bini Smaghi erinnerte daran, dass die Silicon Valley Bank vor der Pleite ein Dreivierteljahr lang kein Vorstandsmitglied für Risikosteuerung gehabt habe.

"Ein Spiel der Großen"

"Wenn ich alle Einlagen garantiere, öffne ich mich für 'Raider'", sagte Ex- BAFin-Chefin König mit Blick auf das Phänomen "räuberischer" Investoren, die sich mit teils aggressivem Vorgehen bei unterbewerteten Unternehmen einkaufen. "Müssen wir einen Peter Thiel schützen?" Thiel ist ein deutsch- amerikanischer Investor, der Milliarden bewegt.

"Ist das fair?" fragte auch Bini Smaghi. Er erinnerte daran, dass bei der Silicon Valley Bank viele Reiche hohe Beträge hatten. "Warum wollen wir diese Leute schützen?" fragte der frühere EZB-Direktor rhetorisch. Sie hätten gewusst, dass sie außerhalb sicherer Anlagemöglichkeiten investiert hätten. Pelizzon vom SAFE-Institut widerspricht: "Viele Investoren hatten keine Ahnung, dass ihre Einlagen verloren gehen könnten."

Zum "Run" auf die US-Bank sagt Bini Smaghi: "Es war ein Spiel der Großen." Er glaube, dass manche Anlegerinnen und Anleger Insider-Informationen über die Schwäche der Bank hatten und deshalb ihre Konten räumten. Auch König sprach in diesem Fall von "ein paar sehr kenntnisreichen Investoren".

Die Eurozone hat krisenfestere Banken

Einig sind sich Forscherinnen und Bankaufseher, dass die Banken in der Eurozone besser dastehen als manch amerikanisches Institut und die Schweizer Credit Suisse. Auch wenn es Banken mit Problemen gebe, stünden alle deutschen Banken besser da als die Pleitebanken, so SAFE- Forscherin Pelizzon: "Sogar die Deutsche Bank hat begonnen, wieder Gewinne zu machen."

Florian Heider von SAFE gibt zu bedenken, dass es in Europa große Banken in kleinen Ländern gebe. Damit Bankgeschäft und Staatsaufsicht zusammenpassen, müsse die Bankenaufsicht europäischer werden.