Dichter Straßenverkehr am Meskel in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba.
reportage

Importstopp für Verbrenner Äthiopiens rasante Verkehrswende

Stand: 26.05.2024 15:14 Uhr

Die äthiopische Regierung hat ein Einfuhrverbot für Verbrenner erlassen. Bald sollen nur noch E-Autos auf den Straßen unterwegs sein. Wie reibungslos klappt die ostafrikanische Verkehrswende?

Feierabendverkehr an einem zentralen Platz in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba. Auf vier Spuren verteilen sich die Autos hier in jede Richtung. Trotzdem sind die Straßen voll. Manchen Fahrzeugen sieht man an, dass sie längst keine Neuwagen mehr sind. Aus dem Auspuff kommen ungefiltert die Abgase.

Kein Import von Verbrennern mehr

Doch das soll sich bald ändern. Seit einigen Wochen gilt in dem ostafrikanischen Land ein Importverbot für Verbrennerautos. Nur noch Elektrofahrzeuge dürfen eingeführt werden. Weil Äthiopien selbst keine Autoindustrie hat, bedeutet das ein Aus für neue Verbrenner.

Äthiopien setzt auf E-Mobilität

Caroline Imlau, ARD Nairobi, tagesschau, 19.05.2024 11:00 Uhr

Eine Verkehrswende im Schnellverfahren, die aber zu funktionieren scheint. "Als die ersten Elektrofahrzeuge ins Land kamen, war die Nachfrage gering", sagt Autohändler Amanuel Kiflu. "Aber nachdem die Spritkosten weltweit so angestiegen sind und jetzt das Importverbot verhängt wurde, sehen die Leute sich gezwungen, auf E-Autos umzustellen." Die Akzeptanz werde langsam größer.

Eine viel befahrende dreispurige Autobahn in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba.

Mit den Verbrennern auf den Straßen von Addis Abeba soll schrittweise Schluss sein.

Elektro-Autos aus China

Der Händler fährt selbst seit drei Monaten ein E-Auto. Importiert aus China - wie fast alle Wagen, die er verkauft. Schon für umgerechnet rund 2.000 Euro gibt es die einfachsten Ausführungen. Das ist für viele allerdings mehr als ein Jahresverdienst. Deutsche Modelle wie zum Beispiel von Mercedes oder Audi leisten sich nur sehr reiche Äthiopier.

Der Betrieb ist günstig, rechnet Kiflu vor: "Verglichen mit anderen Ländern kostet Strom in Äthiopien nur wenig. Die Leute werden fast umsonst mit ihren Autos herumfahren können." Wasserkraftwerke bringen die Elektrizität. Bald soll zusätzlich eine große Anlage am Nil komplett in Betrieb gehen.

Unabhängig von Treibstoffimporten

Die leichte Versorgung mit billigem Strom nennt Äthiopiens Regierung als Hauptgrund für die Umstellung. Das Land solle unabhängig werden von teuer importierten Treibstoffen. Bessere Luft ist der Bonus obendrauf.

Äthiopien hat zwar insgesamt nur einen verschwindend geringen Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen, aber die kommen bisher zu einem großen Teil aus den alten Verbrennern. "40 Prozent unserer Treibhausgasemissionen im Land werden im Transportsektor verursacht", sagt Mekuria Argaw, Professor für Umweltwissenschaften an der Universität in Addis Abeba. "Wenn wir jetzt langsam die Verbrenner mit E-Autos ersetzen, wird das den Ausstoß deutlich senken."

Vorreiter in Afrika

Äthiopien ist mit dieser Politik ein Vorreiter auf dem Kontinent bei der Elektromobilität. Auch das benachbarte Kenia, das beim Ausbau der Erneuerbaren Energien weit vorne ist, kommt da nicht mit. Bis zum kommenden Jahr will man hier eine Quote von fünf Prozent bei den Elektrofahrzeugen erreichen. Bisher sind auf den Straßen vor allem E-Motorräder zu sehen.

Im Senegal wurde im Januar die erste Phase gestartet, um ein Netz von Elektrobussen aufzubauen. Südafrika hat angefangen, Ladestationen einzurichten, die wegen der fehlenden Fahrzeuge aber noch nicht viel genutzt werden.

Mangel an Ladestationen

Auch in Äthiopien klappt die Verkehrswende nicht reibungslos. Der Autohändler und andere E-Auto-Fahrer müssen ihre Wagen zu Hause laden. Öffentliche Stationen gibt es bisher kaum. "Ich würde selbst gern auf ein E-Auto umsteigen, aber das geht nicht, weil die Infrastruktur hier fehlt", bemängelt auch Umweltingenieur Abate Hailu von der Hawassa Universität im Süden des Landes, und fordert: "Die müssen wir bald herstellen, sonst wird es kein leichter Übergang für viele Leute."

Ein Kfz auf 100 Einwohner

Generell haben nur wenige in Äthiopien ein Auto. Auf 100 Einwohner kommt gerade mal ein zugelassenes Kraftfahrzeug, wozu auch Motorräder oder Busse gehören. Auf den Straßen in der Hauptstadt träumen darum viele vom eigenen fahrbaren Untersatz - elektrisch oder nicht.

"Es hängt von unserem Wirtschaftswachstum ab, ob sich mehr Leute ein Auto leisten können", meint ein Mann in der Hauptstadt. "Wahrscheinlich muss man dafür einen Kredit aufnehmen." Ein anderer ergänzt, dass Autos schon jetzt ein absoluter Luxus seien: "Ich glaube, dass sich dieser Trend noch verstärkt. Die meisten werden laufen oder den Bus nehmen."

Passanten steigen in der Innenstadt von Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba in eine Straßenbahn ein.

Viele Äthiopier nutzen die vollelektrische Straßenbahn.

Alternative Straßenbahn

Immerhin fördert die Regierung den Import der Elektrofahrzeuge auch finanziell. Anders als sonst sind keine hohen Zölle bei der Einfuhr mehr fällig. Wenn nur Teile importiert und dann im Land zusammengebaut werden, muss sogar gar nichts bezahlt werden. Das könnte zusätzlich Arbeitsplätze schaffen.

Für alle, für die ein eigener fahrbarer Untersatz trotzdem ein ferner Traum bleibt, gibt es in der Hauptstadt zumindest die erste moderne Straßenbahn südlich der Sahara. Natürlich voll elektrisch - und wie die meisten E-Autos im Land von den Chinesen gebaut.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 19. Mai 2024 um 11:00 Uhr.