
Deutsche Bank Die Kündigung gab's gleich morgens
Stand: 08.07.2019 16:44 Uhr
Die Deutsche Bank zögert nicht lange mit dem Stellenabbau: Nur wenige Stunden nach der Ankündigung wurden zahlreiche Angestellte entlassen. Experten sind uneins, ob die Veränderungen ausreichen.
Die Deutsche Bank verliert keine Zeit beim Abbau Tausender Stellen. In Asien begann die Kündigungswelle am Montagmorgen, in Hongkong und Singapur wurden ganze Teams vor die Tür gesetzt. "Die halbe Etage ist weg und die anderen warten nur darauf, dass sie einbestellt werden", sagte ein Aktienhändler in Hongkong. Er sei zusammen mit anderen gekündigten Kollegen direkt aus dem Gebäude geführt worden. Auch in London und den USA begann der Kahlschlag. Die Situation weckt Erinnerungen an die Entlassungen während der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren.
"In den Geschäftsbereichen, in denen wir uns zurückziehen werden, haben wir mit dem Prozess bereits begonnen", sagte Konzernchef Christian Sewing. "Das betrifft natürlich nicht nur Asien, das betrifft auch andere Regionen." Auch Deutschland dürfte nicht ungeschoren davonkommen.
Deutsche Bank steht vor radikalem Umbau
tagesschau24 15:00 Uhr, 08.07.2019, Uli Meerkamm, ARD Berlin
Entlassungen auch in London
Die Verunsicherung bei den Mitarbeitern ist groß. "Meine Zugangskarte funktioniert noch. Aber wer weiß, was morgen passiert", sagte ein Banker in Singapur. "Die Stimmung ist ziemlich düster. Einer nach dem anderen wird in einen Konferenzraum gebeten, bekommt nach Gespräche mit Personalern einen Umschlag gereicht und muss dann das Gebäude verlassen", sagte ein Aktienhändler, der seit sechs Jahren für das Geldhaus arbeitet.
Auch in London, dem Herz des Investmentbanking der Deutschen Bank in Europa, wurden Mitarbeiter informiert. "Ich wurde heute morgen entlassen. Ein kurzes Meeting und das war es dann", sagte ein IT-Mitarbeiter, der seit zweieinhalb Jahren an einem Projekt in der Bank arbeitete. Wie viele Mitarbeiter der Deutschen Bank in der britischen Finanzmetropole, wo das Geldhaus rund 8000 Menschen beschäftigt, betroffen sind, ist nicht bekannt. An den Plänen für ein neues Hauptquartier in der Londoner City will das Bankhaus Medienberichten zufolge festhalten.
Experten sind uneins
Experten beurteilen die Pläne des Managements unterschiedlich: Während die einen den Mut zum Umbau loben, sorgen sich andere weiterhin um die Kapitalstärke der größten deutschen Bank.
Der Investmentbereich wird deutlich verkleinert. So steigt die Bank komplett aus dem Aktienhandel aus. Besonders getroffen werden davon voraussichtlich die Standorte in New York und London. Im deutschen Privatkundengeschäft, zu dem auch die Postbank gehört, sieht Sewing ebenfalls weiteren Anpassungsbedarf.
Privat- und Unternehmenskunden sind wichtig
Der Umbau soll die jahrelange Krise des Instituts beenden. Milliardenschwere Investitionen in neue Technologie und die Konzentration auf erfolgreiche Geschäftsfelder sollen den Dax-Konzern zurück in die erste Liga bringen. "Wir werden nur noch dort sein, wo unsere Kunden uns wollen", betonte Sewing. "Wir wollen nur dort mitspielen, wo wir auch gewinnen können." Neben dem Privatkundengeschäft auf dem Heimatmarkt sieht Sewing vor allem im weltweiten Geschäft mit Unternehmenskunden große Wachstumschancen.
Im Investmentbanking will sich die Deutsche Bank künftig auf das Geschäft mit Krediten, Anleihen und Währungen sowie auf strategische Beratung konzentrieren. Die Investmentbank soll weiterhin 30 Prozent zu den Erträgen, also den gesamten Einnahmen der Bank, beitragen.
Umbau kostet Milliarden
Die 7,4 Milliarden Euro Umbaukosten werden der Bank jedoch zunächst rote Zahlen einbrocken. "Wir arbeiten daran, 2020 ein ausgeglichenes oder besseres Ergebnis zu erreichen", sagte Finanzchef James von Moltke. Die Aktionäre sollen für 2019 und 2020 keine Dividende erhalten.
Analysten zeigten sich von der Tiefe der Einschnitte überrascht. Er habe erwartet, dass sich die Deutsche Bank nur in einzelnen Regionen aus dem Aktienhandel verabschiede, schrieb Experte Jernej Omahen von der US-Investmentbank Goldman Sachs. Allerdings fehle es der Bank weiterhin an sehr renditeträchtigen Geschäftsfeldern. Das Urteil des renommierten Experten Kian Abouhossein von der US-Bank JPMorgan fällt milder aus. Die mutigen Umbaupläne seien das erste Mal nicht halbgar, sondern stellten einen echten strategischen Schwenk dar.
Konkurrenten wie die Schweizer Großbanken UBS und Credit Suisse haben schon vor Jahren abgespeckt - und sind der Deutschen Bank nun um Meilen voraus.
Mit Informationen von Reuters und Thomas Spickhofen, ARD-Studio London
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