
Verfassungsbeschwerde abgewiesen Staat darf "Cum-Ex"-Millionen behalten
Eine Verfassungsbeschwerde der Privatbank M.M. Warburg gegen die Einziehung von 176 Millionen Euro im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften ist gescheitert. Die Begründung dafür hat es in sich.
Die Warburg-Bank muss wegen der Beteiligung an Cum-Ex-Geschäften 176 Millionen Euro an die Staatskasse zurückzahlen. Die dagegen erhobene Verfassungsbeschwerde des Instituts nahm das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht zur Entscheidung an. Es erklärte heute die rückwirkende Einziehung des illegal erworbenen Geldes für zulässig, obwohl die Forderung nach früher geltendem Recht verjährt war.
Klartext aus Karlsruhe
Wegen überragender Belange des Gemeinwohls sei die Rückwirkung ausnahmsweise zulässig und mit dem Grundgesetz vereinbar. Der Gesetzgeber habe so verdeutlichen wollen, dass sich Straftaten nicht lohnen, heißt es im Beschluss der zweiten Kammer des Zweiten Senats vom 7. April (Az. 2 BvR 2194/21). "Dieses Ziel ist legitim und überragend wichtig." Das Interesse der Allgemeinheit sei wichtiger als jenes der Betroffenen, durch Steuerdelikte erlangtes Vermögen nach Eintritt der steuerrechtlichen Verjährung behalten zu dürfen.
Nach einer Gesetzesänderung Ende 2020 können illegal erzielte Gelder trotz Verjährung eingezogen werden. Eine Übergangsvorschrift erlaubt das laut Verfassungsgericht auch für Taten, die vor dem 29. Dezember 2020 begangen wurden - insbesondere für schwere Fälle der Steuerhinterziehung in großem Ausmaß.
Laut Privatbank M.M. Warburg hat der Beschluss keine wirtschaftlichen Auswirkungen, weil sie alle geltend gemachten Steuerforderungen schon im Jahr 2020 beglichen habe.
Kreative, aber illegale Methode
Bei "Cum-Ex"-Geschäften nutzten Investoren eine Lücke im Gesetz, um den Staat über Jahre hinweg um sehr viel Geld zu betrügen. Rund um den Dividendenstichtag schoben mehrere Beteiligte Aktien mit ("cum") und ohne ("ex") Ausschüttungsanspruch hin und her. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden. Die Warburg Bank hatte sich den Angaben zufolge in den Jahren 2007 bis 2011 an den Aktiengeschäften beteiligt.
Im Jahr 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen. Mehrere Staatsanwaltschaften und Gerichte bundesweit ermitteln seit Jahren, um einen der größten Steuerskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte aufzuklären. Bundesweit wird gegen Hunderte Beschuldigte ermittelt, in Bonn steht seit einigen Wochen die mutmaßliche Schlüsselfigur Hanno Berger vor Gericht.