
Mobilfunknetz Verkehrsminister spielt bei 5G auf Zeit
Stand: 23.11.2018 17:22 Uhr
Bundestagsabgeordnete wollen Mobilfunkanbieter zwingen, durch lokales Roaming Funklöcher zu schließen. Sie machen Druck auf die Regierung - doch Verkehrsminister Scheuer hat's nicht eilig.
Von Marcel Heberlein, ARD-Hauptstadtstudio
Eigentlich ist SPD-Fraktionsvize Sören Bartol ganz happy, wie es bisher gelaufen ist: Die Bundesnetzagentur hat für die Versteigerung der neuen superschnellen 5G-Lizenzen einen Vorschlag gemacht und viele Auflagen für die Mobilfunkanbieter formuliert: 98 Prozent der Haushalte mit schnellem Internet beliefern, neuen Masten bauen - auch auf dem Dorf, entlang von Bahngleisen und Autobahnen.
Aber Bartol sieht ein zentrales Problem: "Wenn in Gebieten, wo es wenig Kundinnen und Kunden gibt, ein Mobilfunkbetreiber einen Mast hinsetzt, dann gilt das für alle als ausgebaut. Das entspricht natürlich nicht der Lebensrealität von Menschen", sagt er.
Soll heißen: Vor allem O2-Kunden könnten auf dem platten Land auch in Zukunft weiter im Funkloch stehen, weil der nächste Mast vielleicht von der Telekom ist, sie ihn aber nicht nutzen dürfen. Das sollte sich schleunigst ändern, findet Bartol.
Das Zauberwort: Lokales Roaming. "Der Anbieter, der Geld in die Hand nimmt und einen Mast hinstellt, muss diesen Mast für andere öffnen. Aber wenn er das tut, müssen die anderen dafür auch anständig was bezahlen", erklärt er.
Torsten Gerpott, Uni Duisburg Essen, über die Kontroverse beim Local Roaming
tagesschau24 15:00 Uhr, 23.11.2018
SPD macht Druck, CSU bremst
Damit die Netzagentur Telekom und Co dazu zwingen kann, ihre Netze zu teilen, braucht es wohl ein neues Gesetz. Und zwar bald, fordern Bartol, ein SPD-Kollege und vier Fraktionsvizes von der Union in einem gemeinsamen Brief an den Verkehrsminister.
Sie meinen: Telekom und Co brauchen Planungssicherheit, bevor sie die neuen 5G-Lizenzen ersteigern. Denn wenn lokales Roaming erst später vorgeschrieben wird, könnten die Unternehmen vor Gericht ziehen. Die Abgeordneten setzen also die Regierung unter Druck.
Verkehrsminister Scheuer von der CSU spielt auf Zeit. Ein Sprecher des Ministeriums sagt: "Wir haben mit der Bundesnetzagentur in den vergangenen Wochen schon Gespräche geführt, die auch zu Verbesserungen geführt haben. Wenn sie zum Beispiel an die Versorgung entlang Verkehrswegen denken. Jetzt geht das den weiteren Schritt, und dann sehen wir weiter."
Telekom sträubt sich gegen Roaming
Die Telekom weiß dagegen sehr genau, was sie will: Sie lehnt die Roaming-Pflicht ab. Mit solchen Vorschlägen würden Unternehmen bevorzugt, die bislang kaum in ein eigenes Netz investiert hätten, meint sie. Der Netzausbau lohne sich dann nicht mehr. Ein zentrales Verkaufsargument der Telekom lautet aktuell, dass nur sie die beste Netzabdeckung hat.
Die Vize-Fraktionschef von Union und SPD wollen auch eine Informationspflicht ins Gesetz schreiben: Die Mobilfunkanbieter sollen ihren Kunden erklären müssen, wo ihr Netz gut ausgebaut ist und wo nicht - und zwar bevor die Kunden einen Vertrag abschließen.
Opposition greifen die Pläne zu kurz
Applaus für die Vorschläge gibt es sogar von der Opposition. Anke Domscheit-Berg von der Linken fordert eine Roamingpflicht schon lange. Sie findet lediglich die von CDU und SPD gewählte Formulierung "ein bisschen zu eng": "Die ist sinngemäß, dass es wirtschaftlich und technisch ansonsten komplett unmöglich sein muss, dort etwas nach Marktkriterien aufzubauen. Das ist also so hart formuliert, dass am Ende ein ganz kleines Dorf übrigbleibt. Das Risiko muss man bei der Formulierung im Gesetz natürlich vermeiden", gibt sie zu bedenken.
Formulierungen fürs Gesetz soll jetzt der Verkehrsminister liefern. Bis Mitte Dezember, so fordern das in dem Brief auch seine Parteifreunde aus der Union. Viel Zeit, um einfach abzuwarten, hat Scheuer also nicht.