
Machtwort von Scholz Das macht ein Kanzler nur einmal
Kanzler Scholz hat als vorletzte Machtoption die Richtlinienkompetenz ausgespielt. Nötig sei das deshalb geworden, weil ihm der Respekt seiner Minister fehle, meint Georg Schwarte. Beim nächsten Mal könnte er die Vertrauensfrage stellen.
Der Kanzler kann Machtwort. Endlich, seufzen manche, die das ewige Moderieren leid waren. Ohne Not ließ der stille Zauderer die Atomkraftdebatte monatelang laufen.
Jetzt wird also zurückgescholzt. "Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie", hat der Mann mal gesagt, als er noch nicht Kanzler war. Auf den ersten Blick also ist alles bestens. Scholz führt, sagt wo es mit seiner Ampel lang geht und schert sich weder um rote Linien der Grünen Parteitagsseele noch um Laufzeitendaten der plötzlich an den gesunden Menschenverstand appellierenden FDP.
Das Basta in der Geschäftsordnung
Der Kanzler bestimmt die Richtlinien der inneren und äußeren Politik. Paragraf eins der Geschäftsordnung der Bundesregierung - das steht da ja nicht umsonst.
Aber diese Richtlinienkompetenz war für Kanzlerinnen und Kanzler der Vergangenheit allenfalls eine ultimative Drohung. Wenn ihr Euch jetzt nicht zusammenreißt, entscheide ich, war das Motto. Es war das Basta in der Geschäftsordnung der Bundesregierung. Die meisten Kanzlerinnen und Kanzler waren klug genug, es allenfalls bei einem Hinweis auf die Möglichkeit zu belassen, jene Richtlinienkompetenz auch einzufordern.
Der Kanzler hat richtig entschieden
Scholz hat sich anders entschieden. Nicht aus Stärke. Ganz sicher nicht. Wie souverän regiert eigentlich ein Kanzler, der nach gerade mal zehn Monaten im Amt drei Ministern in einem offiziellen Brief mitteilt, gemäß seiner Richtlinienkompetenz folgende Entscheidung getroffen zu haben? Wie steht es um die Autorität eines Regierungschefs, der in drei langen Gesprächen zwei Streithähne in seinem eigenen Laden nicht um der Ampel-Koalition und der Energiesicherheit des Landes Willen befrieden kann?
Am Ende also spielte er die Richtlinienkompetenz als vorletzte Machtoption aus. Das macht ein Kanzler nur einmal. Beim nächsten Mal kann Scholz die Vertrauensfrage stellen. In der Sache übrigens hat der Kanzler gerade völlig richtig entschieden. Auch wenn das viel zu spät kam. In der Form aber ist es der bisher deutlichste Hinweis, dass der Kanzler zwar noch die Richtlinienkompetenz besitzt, den natürlichen Respekt seiner Minister aber offenbar nicht mehr.
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