
Flüchtlingsunterkünfte Der Staat muss liefern
Bund, Länder und Kommunen haben offenbar kaum Lehren aus der Zeit nach 2015 gezogen. Die Unterbringung von Flüchtlingen muss endlich vernünftig organisiert werden. Der Staat muss sich handlungsfähig zeigen.
Als Bürger und Steuerzahlerin darf man erwarten, dass der gesamte Staat bei der Flüchtlingsunterbringung das Heft des Handelns in der Hand hält. Das heißt, dass Bund, Länder und Kommunen aus 2015 gelernt haben und Hand in Hand arbeiten. Doch das war bisher offenkundig nicht der Fall. Denn anders lässt es sich kaum erklären, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser erst heute feste und gemeinsame Arbeitsstrukturen aller drei staatlichen Ebenen ankündigt.
Nach 2015 und nach einem Jahr russischem Angriffskrieg mit 1, 1 Millionen geflüchteten Menschen aus der Ukraine kommen Bund, Länder und Kommunen jetzt auf die Idee gemeinsame Arbeitsgruppen zu schaffen: Die sich bis Ostern um Unterbringung, Finanzierung, um Kitas und Schulen, Spracherwerb und Rückführung kümmern sollen. Ein bundesweites Dashboard soll klar machen, wo die Unterbringungssituation gerade besonders schwierig und der Hilfsbedarf groß ist. Willkommen Digitalisierung!
Vor allem ein Verteilungsproblem
Bund, Länder und Kommunen müssen die Unterbringung und Versorgung gemeinsam steuern. Doch das gestaltet sich insbesondere bei Flüchtlingen aus der Ukraine schwierig. Denn während Flüchtlinge aus Syrien oder Afghanistan normalerweise bei der Einreise erst auf die Bundesländer und später auf die Kommunen verteilt werden, können sich ukrainische Flüchtlinge frei im Land bewegen. Viele sind kurzfristig privat untergekommen - oft in Ballungszentren -, wo Wohnraum, Schul- und Kitaplätze so schon knapp sind.
Wenn nach Angaben des Bundesbauministeriums bundesweit 1,6 Millionen Wohnungen leer stehen und es trotzdem zu Engpässen kommt, dann haben wir vor allem auch ein Verteilungsproblem.
Und hier muss der Staat endlich ordnend und steuernd eingreifen. Auch, indem er EU-Vorgaben in Frage stellt und auch andere EU-Länder in die Pflicht nimmt - zur Not mit festen Verteilquoten. Denn bislang schultern Polen und Deutschland die Hauptlast.
Handlungsfähiger Staat gefordert
Und wo hierzulande Aufnahmekapazitäten erschöpft sind, muss schnell Entlastung her. Denn wenn Turnhallen und Bürgerhäuser wieder belegt werden, wenn Schulen und Kitas überlastet sind, kippt die Stimmung. Viele Bürgerinnen, viele Bürger wollen helfen, sie werden auch gebraucht, sie dürfen aber auch nicht überfordert werden. Der gesamte Staat - Bund, Länder und Kommunen - muss die Flüchtlingsverteilung, die Unterbringung und auch die Rückführung endlich vernünftig organisieren.
In den Städten und Dörfern kommen Menschen mit Politik direkt in Berührung. Hier erfahren sie, ob der Staat handlungsfähig ist oder nicht. Hier müssen Flüchtlinge aufgenommen und versorgt werden. Die Kommunen müssen umsetzen, was die Bundesregierung entscheidet. Deshalb muss ihnen auch geholfen werden.
Es muss aber auch der Rechtsstaat durchgesetzt, Abschiebungen vollzogen werden. Es geht um ein glaubwürdiges und ein koordiniertes Handeln des gesamten Staates. Das darf man als Bürgerin oder als Steuerzahler erwarten.
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