
Scholz in Peking Der lange Weg zu einer neuen China-Politik
Ukraine, Menschenrechte, geistiges Eigentum - bei seinem Besuch in China hat Kanzler Scholz kaum ein Thema ausgelassen. Für eine neue China-Politik kann die Reise aber nur der Anfang gewesen sein.
Olaf Scholz hat kurz vor seiner hoch umstrittenen China-Reise in einem Zeitungsartikel die Botschaften genannt - Botschaften, für seinen gerade einmal elfstündigen Peking-Aufenthalt. Der kommt nur knapp zwei Wochen, nachdem Staats- und Parteichef Xi Jinping seine Macht beim Parteitag der Kommunistischen Partei praktisch zementiert hat. Hauptbotschaft des Kanzlers: Ein "business as usual" kann es nicht mehr geben, kein Weiter-So, sondern ein Ausloten des Künftigen.
Ganz und gar nicht neu ist allerdings, dass er in guter Merkel-Tradition mit einer - wenn auch kleineren - Wirtschaftsdelegation seine Reise antrat (kleiner wohl auch wegen der scharfen Corona-Restriktionen). "Business as usual" ist auch, sich für deutsche Unternehmen und ihren chinesischen Marktzugang einzusetzen. So geschah es ausdrücklich für den Impfhersteller BioNTech, wenn auch unter dem Vorzeichen Pandemiebekämpfung statt Wirtschaftsförderung. Dazu noch der Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco bei einem Hamburger Hafen-Terminal. Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft.
Ukraine, Schutz geistigen Eigentums, Menschenrechte
Doch dann ließ Scholz als Botschafter bei dem gemeinsamen Auftritt mit dem chinesischen Ministerpräsidenten - auch hier waren wie schon zuvor beim Staatspräsidenten keine Fragen möglich - kaum ein Thema seiner Agenda aus.
Zuallererst der Ukraine-Krieg. Laut Scholz ist es die gemeinsame Botschaft von ihm und dem Russland nahestehenden China: Eine nukleare Eskalation wäre brandgefährlich. Im wirtschaftlichen Ungleichgewicht zwischen dem 80-Millionen-Einwohner-Zwerg Deutschland und dem 1,4-Milliarden-Einwohner-Giganten China warb Scholz unter anderem für den Schutz geistigen Eigentums.
Kurz vor Schluss sprach er dann auch die Frage der Menschenrechte an - die seien universell, das gelte auch für die Minderheit der Uiguren. Deshalb könne man das Thema nicht als Einmischung in innere Angelegenheiten zurückweisen, also mit der Standardreaktion Chinas.
Neue Strategie muss erst noch erarbeitet werden
Scholz hat als Botschafter seine Themenliste abgearbeitet. Doch vieles davon muss jetzt noch in Politik übersetzt werden. Bei der China-Abhängigkeiten der deutschen Wirtschaft attestiert das Institut der Deutschen Wirtschaft auch für das erste Halbjahr 2022 ein "mit Volldampf in die falsche Richtung", um nur ein Beispiel zu nennen.
Zudem hat sich die Koalition zuletzt alles andere als einig gezeigt. Und ihre neue China-Strategie muss erst noch erarbeitet werden. Mit dem Kurztrip nach China hat der lange Weg zu einer anderen China-Politik erst begonnen.
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