
Sturm auf Kongress in Brasilia Eine ungeheuerliche, erbärmliche Aktion
Dass Randalierer so tief ins Herz des Regierungsviertels vordringen konnten, zeigt wie fragil die Lage in Brasilien ist, meint Ute Brucker. Das ist auch selbst verschuldet. Lula darf deshalb nicht in alte Muster verfallen.
Vom Ende her betrachtet war das eine ungeheuerliche, aber auch irgendwie erbärmliche Aktion. Tausende Randalierer inszenieren einen Putschversuch an einem Sonntag, die Regierungsgebäude leer und der neue Präsident bereits im Amt - anders als damals in Washington.
Heute sieht es so aus, als hätte die Aktion dem Lager des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro eher geschadet als genützt. Erste Politiker aus seinem Umfeld setzen sich von ihm ab. Dass es überhaupt eine brasilianische Neuauflage vom "Sturm aufs Kapitol" gab, dass Randalierer so tief ins Herz des Regierungsviertels vordringen konnten - es zeigt wie fragil die Lage in Brasilien ist.
Lügenparolen verfangen
Das Dé·jà-vu kam mit Ansage und wurde trotzdem nicht verhindert. Lügenparolen von einer angeblich "gefälschten Wahl" verfangen bei Bolsonaros Anhängern und offenbar in Teilen der Sicherheitskreise, die tatenlos zusahen. Lula, der neue und frühere Präsident kann sich nicht in Sicherheit wiegen, seine Mehrheit bei den Wahlen war hauchdünn.
Das ist auch selbst verschuldet. In Brasilien ist die Erinnerung an die großen Korruptionsfälle aus Lulas erster Amtszeit immer noch hellwach. Dass er jetzt gleich mal die Zahl der Ministerien um 14 auf stolze 37 erhöht hat - kann einen stutzig machen.
International ist Unterstützung angesagt
Lula darf nicht in alte Muster verfallen, für die Brasilianerinnen und Brasilianer steht zu viel auf dem Spiel. International ist Unterstützung angesagt.
Nach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reisen demnächst offenbar weitere hochrangige deutsche Politiker nach Brasilien. Sie wollen auf der Weltbühne Allianzen schmieden, vielleicht Energiepartnerschaften - wichtig und richtig. Wer es auf lange Sicht gut mit Brasilien meint, ist aber gut beraten, den neuen Präsidenten auch kritisch zu begleiten.
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