Schweinswal (Archivbild)

Verendete Schweinswale Tod durch Explosionstrauma

Stand: 21.10.2020 17:33 Uhr

Im August 2019 wurden bei Minensprengungen im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt mehrere Schweinswale getötet. Jetzt hat das Bundesamt für Naturschutz seinen Bericht vorgelegt - Umweltschützer sprechen von einem Versagen der Bundeswehr.

Die Grundminen vom Typ MK 1-7 haben die Britischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg großflächig auch in der Ostsee verteilt. Die Waffen gefährden immer noch Schiffe und belasten durch austretende Chemikalien zunehmend die Umwelt. 42 Stück sprengte ein Minenabwehrverband der NATO - unter Beteiligung der deutschen Marine - Ende August 2019. Brisant dabei: Die Detonationen fanden im Naturschutzgebiet Fehmarnbelt statt. Dort, wo Schweinswale leben, eine gefährdete Art.

Dass die Sprengungen für die Tiere schädlich bis tödlich waren, zeigen Untersuchungen, die das Bundesamt für Naturschutz nun veröffentlicht hat. Die Lärmbelastung lag fast im ganzen Naturschutzgebiet über den vereinbarten Grenzwerten. Maßnahmen, um die Schweinswale zu verscheuchen, wirkten kaum oder gar nicht. Mindestens acht später aufgefundene Tiere verendeten wegen Schädigungen des Hörorgans, das für die Schweinswale auch zur Navigation sehr wichtig ist.

"Der Schweinswal ist unser einziger heimischer Wal", sagt Kim Cornelius Detloff, Leiter Meeresschutz bei der Umweltorganisation NABU. Der Schweinswal gelte in der Ostsee als vom Aussterben bedroht. "Das Gehör ist sein primärer Sinn. Deswegen sind Sprengungen oder Rammungen für Offshore-Windparks für ihn auch so gefährlich. Denn ist sein Gehör einmal geschädigt, funktioniert seine Echolokalisation nicht mehr. Er kann Hindernissen nicht mehr ausweichen oder mit Artgenossen kommunizieren."

Kleinere Sprengungen

Die Untersuchungen, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) zusammenfasst, beruhen auf Auswertungen von Unterwasser-Rekordern. Diese sollen Lärm registrieren, aber auch Klickgeräusche der Tiere aufzeichnen. Im Bericht heißt es: "Es muss davon ausgegangen werden, dass in mehr als zwei Drittel des Naturschutzgebietes Fehmarnbelt die Lärmbelastung für die Schweinswale durch die Detonationsdruckwelle an drei aufeinander folgenden Tagen mehrfach hoch genug war, um sich dort aufhaltende Tiere zu verletzen."

Auch sogenannte Vergrämungsmaßnahmen haben offenbar nicht gewirkt. Dazu werden kleinere Sprengungen durchgeführt, um Wale zu verscheuchen. Schweinswale hätten sich zu mindestens fünf Sprengzeitpunkten im Gebiet befunden, heißt es im Bericht des BfN. Die Marine testet bereits andere Vergrämungsmaßnahmen. Dazu gehören Geräte, die für die Wale unangenehme Geräusche aussenden, ohne das Gehör zu schädigen.

Hinweise auf Explosionstrauma

Außerdem stellten Veterinäre der Tierärztlichen Hochschule Hannover bei mindestens acht Schweinswalen Verletzungen fest, die auf ein Explosionstrauma hinweisen. Bei diesen Tieren gäbe es keine anderen Befunde, die den Tod hätten erklären können. Insgesamt wurden 41 zwischen Anfang September und Ende Oktober an Stränden in der Region aufgefunden, 24 wurden obduziert.

Derzeit führt die Marine keine Sprengungen mehr durch. Im August hätten Naturschutzbehörden über die Pläne der Marine informiert werden müssen - was nicht geschah. Detloff beklagt das Versagen der Bundeswehr bei der Einhaltung des Naturschutzrechtes. Derzeit beraten Ministerien und Behörden über Entscheidungsabläufe.

Der Naturschützer fordert eine Gesamtstrategie zur Räumung der Kriegsaltlasten im Meer: "Wie räumen wir die Kriegsaltlasten in Nord- und Ostsee - und das möglichst naturverträglich. Die Technik ist heute da, jetzt muss die Politik Weichen stellen, Strukturen zwischen Bund und Ländern schaffen und das Geld bereitstellen, damit wir über große Pilotprojekte in die Räumung gehen können."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 10. Januarer 2020 um 07:08 Uhr.