
Ausgrabung in Mainz 1000 Jahre alter Sarkophag geöffnet
Stand: 04.06.2019 13:02 Uhr
Forscher haben in einem wohl 1000 Jahre alten Sarkophag in Mainz sterbliche Überreste gefunden. Ob es sich dabei um den 1021 verstorbenen Erzbischof Erkanbald handelt, ist noch unklar. Falls ja, wäre es eine Sensation.
In der Mainzer Johanniskirche haben Forscher die sterblichen Überreste eines Mannes in einem Sarkophag gefunden. Um wen es sich dabei handelt, sei bislang unklar. Doch der Schweizer Archäologe Guido Faccani äußerte nach der Öffnung des Grabes, dass es sich wahrscheinlich um einen Geistlichen handle.
Dass es sich bei dem Toten um einen Kleriker handeln muss, lässt sich laut Forschern aufgrund von Gewandresten und der Lage des Grabes im Mittelschiff der Kirche mit Blick nach Osten zum Hauptaltar erklären.
Archäologen öffnen 1000 Jahre alten Sarkophag in Mainz
tagesthemen 22:15 Uhr, 04.06.2019, Stephan Lenhardt, SWR
Vermutet wird, dass der frühere Mainzer Erzbischof Erkanbald, der im Jahr 1021 verstorben war, in dem Sarkophag bestattet wurde. Erkanbald war von 1011 bis zu seinem Tod 1021 Erzbischof in Mainz. Bislang vermuten die Forscher aufgrund der Gestaltung des Deckels, dass der Sarkophag etwa 1000 Jahre alt ist. Falls sich Erzbischof Erkanbald in dem Grab befinden sollte, wäre dies eine Sensation: Damit würden die Archäologen um Forschungsleiter Faccani nachweisen, dass St. Johannis der "Alte Dom" von Mainz war. Somit wäre dies die erste Kathedrale vor dem später erbauten heutigen Mainzer Dom, der seit 1036 Bischofssitz war.
Weitere Entdeckungen bei Öffnung
Die 700 Kilogramm schwere Steinplatte des Sarkophags wurde mit einem Flaschenzug hochgehoben. Eine Altersbestimmung des "bestatteten Menschen" sei laut Faccani noch nicht möglich. Livebilder von der Öffnung des Sargs zeigten Reste von Textilien sowie die Goldbordüre einer Mitra, des traditionellen Bischofshuts. Offenbar waren auch Goldstreifen an den Armen der sterblichen Überreste zu sehen. Außerdem wurden nach Angaben Faccanis ein Goldstück und Überreste von fein gearbeiteten Stoffschuhen vorgefunden.
Die sterblichen Überreste wurden nach Angaben Faccanis bei seiner Bestattung wahrscheinlich mit Ätzkalk bedeckt, um den Verwesungsprozess zu beschleunigen. Auch weise der Sarkophag im Inneren Bearbeitungsspuren auf, was weiter untersucht werde, sagte Faccani.
Die Archäologen wollen nun weiter forschen, bevor der Sarkophag wieder verschlossen werden muss. Der Inhalt des Sargs könnte sich aufgrund von Sauerstoff verändern. Mithilfe der Radiokarbonmethode (C14-Datierung) soll nun eine zeitliche Einordnung des Leichnams vorgenommen werden. Auch DNA-Untersuchungen der Gewebe und Knochenproben sollen erfolgen. Ende der Woche sollen die Untersuchungen abgeschlossen sein.
Die Forscher dementierten die zuvor aufgekommene Information, unter dem mutmaßlichen Bischofsgrab befinde sich ein zweiter Sarkophag. "An dieser Stelle dürfte keiner mehr liegen", sagte Faccani.
Entdeckung bei Bauarbeiten
Der Sarkophag wurde nur per Zufall bei Sanierungsarbeiten im Mittelschiff der Johanniskirche gefunden: Der Boden wurde vergangenes Jahr für eine Fußbodenheizung aufgegraben. Bereits 400.000 archäologische Fundstücke wurden während der Sanierung ausgegraben.
Der Kirchenpräsident der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, sagte, der Sarkophag solle in der Kirche bleiben. Ob er wieder vergraben oder sichtbar ausgestellt wird, sei laut Jung noch unklar. Am Samstag können Besucher den Sarkophag in der Kirche besichtigen.
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