
Früherer Außenminister Klaus Kinkel ist tot
Stand: 05.03.2019 12:10 Uhr
Der ehemalige Bundesaußenminister Klaus Kinkel ist tot. Der frühere FDP-Vorsitzende starb im Alter von 82 Jahren, wie der heutige Parteichef Lindner unter Berufung auf die Familie mitteilte.
Er war einer der prominentesten Politiker der 90er-Jahre: Nun ist Klaus Kinkel gestern im Alter von 82 Jahren gestorben. Das teilte FDP-Parteichef Christian Lindner unter Berufung auf die Familie mit. Die Beisetzung findet auf Kinkels Wunsch im engsten Kreis statt. Lindner würdigte Kinkel als "aufrechten und bescheidenen Mann mit Charakter".
Der gebürtige Schwabe gehörte über viele Jahre hinweg zu den engsten Mitarbeitern des früheren Außenministers Hans-Dietrich Genscher. Nach dessen Abschied aus dem Auswärtigen Amt übernahm er 1992 für sechs Jahre selbst das Ministerium. Kinkel war zudem Vizekanzler der damaligen schwarz-gelben Koalition.
Beteiligt am deutsch-deutschen Einigungsvertrag
Kinkel begann seine berufliche Karriere nach einem Jura-Studium als Beamter im Bundesinnenministerium. 1970 wurde er vom damaligen Ressortchef Genscher entdeckt. Die nächsten Jahre war seine Karriere aufs Engste mit Genscher verknüpft. Der Innenminister machte ihn zum persönlichen Referenten und Büroleiter.
Zu Kinkels heikelsten Aufgaben gehörte es, dem SPD-Kanzler Willy Brandt ein Dossier zu übergeben, das die Nachrichtendienste über dessen Privatleben angelegt hatten. Der Inhalt trug 1974 dazu bei, dass Brandt seinen Rücktritt einreichte.
1979 sorgte Genscher dafür, dass Kinkel als erster Zivilist Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) wurde. Fast vier Jahre lang leitete er den Geheimdienst ohne größere Skandale. Dann zog es ihn zurück in den Politbetrieb. Nach dem Machtwechsel zu Schwarz-Gelb 1982 kehrte er als Staatssekretär im Justizministerium in die damalige bundesdeutsche Hauptstadt Bonn zurück. In dieser Funktion war er nach dem Fall der Mauer auch entscheidend am deutsch-deutschen Einigungsvertrag beteiligt.
Klaus Kinkel gestorben: Nachruf auf den ehemaligen Bundesaußenminister
tagesschau 12:00 Uhr, 05.03.2019, Sebastian Deliga, SWR
Erst 1991 trat er in die FDP ein
1991 wurde der Spitzenbeamte selbst Justizminister. Erst dann trat er auch in die FDP ein. Als sein politischer Ziehvater Genscher 1992 als Außenminister das Handtuch warf, trat Kinkel seine Nachfolge an. Nicht ohne Drama: Erst in einer FDP-internen Kampfabstimmung setzte er sich gegen Irmgard Adam-Schwaetzer durch, die sich schon als erste deutsche Außenministerin gefühlt hatte.
Genscher hinterließ große Fußspuren, doch Kinkel fand einen eigenen Stil. Im Ausland galt er als verlässlicher, wenn auch manchmal kantiger Gesprächspartner. Seine Themen: Atomwaffen verringern, den Kosovo befrieden, Europa vorantreiben.
"Ich bin als Außenminister eher demütig geworden"
1993 wurde Kinkel Vize von Bundeskanzler Helmut Kohl. Zusätzlich übernahm Kinkel damals auch noch den Vorsitz der FDP. Sein Parteivorsitz blieb allerdings nur ein kurzes, glückloses Intermezzo. Kinkel war kein innerparteilicher Strippenzieher. Nach einer Niederlagenserie bei Kommunal- und Landtagswahlen verzichtete er 1995 auf eine abermalige Kandidatur.
Mit dem Wahlsieg von Rot-Grün gab er 1998 das Außenamt an den Grünen Joschka Fischer ab. Bis 2002 saß Kinkel dann noch im Bundestag. Später arbeitete er als Anwalt und übernahm den Vorsitz der Deutsche-Telekom-Stiftung. Zuletzt lebte er in Sankt Augustin bei Bonn.
Kinkel gab nur noch selten Interviews, noch seltener sagte er etwas zur tagesaktuellen Weltpolitik. Meist ging es in solchen Gesprächen eher um die grundsätzlicheren Dinge. Wie die Erkenntnis: "Man hat selbst als Außenminister eines großen Landes nur beschränkte Möglichkeiten gegenüber den Problemen der Welt. Ich jedenfalls bin als Außenminister eher demütig geworden."
"Streiter für Freiheit und Demokratie"
Bundeskanzlerin Angela Merkel drückte ihr Beileid aus. "Ich trauere um einen treuen Weggefährten aus der Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung. Klaus Kinkel war ein großer Liberaler und ein kompromissloser Streiter für Freiheit und Demokratie", ließ die Kanzlerin erklären.
Lindner würdigte Kinkel als "aufrechten und bescheidenen" Mann. Er habe ihm viel zu verdanken, schrieb der FDP-Parteichef bei Twitter.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bezeichnete den verstorbenen FDP-Politiker als großen Europäer. Als Bundesaußenminister habe Kinkel die Weichen gestellt, "um das wiedervereinte Deutschland im Herzen des wiedervereinten Europas zu verankern", schrieb Juncker. "Uns verlässt ein deutscher Patriot und ein großer Europäer."
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