
Impfungen gegen Coronavirus Vorrang für vorerkrankte Kinder?
Die Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter. Wie aber soll der Weg zur Normalität gehen? Bildungsministerin Karliczek fordert ein baldiges Impfangebot für vorerkrankte Kinder. Familienministerin Lambrecht warnt vor einem Generationenkonflikt.
Die Debatte über die Impfung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland reißt nicht ab. Nach der Entscheidung der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA, den Impfstoff von BioNTech/Pfizer für Kinder einer bestimmten Altersgruppe freizugeben, hat sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek dafür ausgesprochen, zumindest vorerkrankten Kindern bis zum Schuljahresbeginn ein Impfangebot zu machen.
Karliczeks Ansicht nach "würde dies dem Gesundheitsschutz dieser Gruppe sehr dienen". Diese Kinder könnten dann trotz der Vorerkrankung wieder in ihren Alltag zurückkehren, sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das werde den Schulalltag nach den Sommerferien zusätzlich erleichtern, denn damit sei dann eine weitere Risikogruppe geschützt. "Das Ziel sollte sein, dass die Impfungen für diese Gruppe bis zum Beginn des neuen Schuljahres angeboten werden können", sagte Karliczek. Gleichzeitig betonte sie die Freiwilligkeit der Impfung.
Die EMA hatte am Freitag grünes Licht für die EU-Zulassung des BioNTech-Präparats für Kinder von zwölf bis 15 Jahren gegeben. Die formale Zulassung durch die EU-Kommission steht aber noch aus, ebenso die Prüfung der Ständigen Impfkommission (STIKO), ob die Empfehlung auch für Deutschland gelten soll.
Lambrecht warnt vor Generationenkonflikt
Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht warnte vor einem Generationenkonflikt bei der Impfstoff-Verteilung. "Es ist mir ganz wichtig, dass in der Frage der Impfungen die Generationen nicht gegeneinander ausgespielt werden", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Für gesunde Kinder und Jugendliche bestehe nur ein geringes Risiko, schwer an Corona zu erkranken. "Anders ist es bei Älteren, die bei Weitem noch nicht alle geimpft werden konnten." Auch dies müsse bei der Frage der Impfstoffverteilung berücksichtigt werden. Sie bedauere, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) "hier unrealistische Erwartungen geweckt hat", sagte Lambrecht.
Spahn hatte vorgeschlagen, BioNTech-Dosen für Schüler zu reservieren. Kanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder hatten dies bei ihren Beratungen aber verworfen. Stattdessen sollen sich Kinder wie alle Impfwilligen ab 7. Juni - nach dem Ende der Priorisierung - impfen lassen können. Am Versprechen, dass alle ein Impfangebot bis spätestens 21. September erhalten, hielt Merkel fest.
Sieben-Tage-Inzidenz sinkt weiter
Die Infektionslage in Deutschland entspannt sich unterdessen weiter. Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 5426 neue Corona-Fälle. Vor einer Woche hatte der Wert noch bei 7082 Ansteckungen gelegen. Auch die Sieben-Tage-Inzidenz ist laut RKI weiter rückläufig. Der Wert liegt derzeit bundesweit bei 37,5 - in der Vorwoche lag er bei 66,8. Seit gestern wurden zudem 63 neue Todesfälle verzeichnet.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht von Freitagabend unverändert bei 0,72. Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 72 weitere Menschen anstecken. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor acht bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen an.