Eine Patientin lässt sich in einer Polyklinik gegen Grippe impfen.

Aufruf zur Grippeimpfung Hausärzte warnen vor Versorgungsnotstand

Stand: 20.09.2023 12:19 Uhr

Der Hausärzteverband ruft ältere Menschen dazu auf, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Angesichts drohender Infektwellen warnen die Mediziner vor einem Versorgungsnotstand durch Überlastung der Arztpraxen.

Mit Blick auf Herbst und Winter rufen Hausärzte Risikogruppen wie Menschen ab 60 zur Grippeschutzimpfung auf. Die in Australien bereits beendete Saison deute darauf hin, dass auch hier mit einer deutlich spürbaren Welle zu rechnen sei, sagte Markus Beier, Vorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, in Berlin. "Wir waren dank der hausärztlichen Praxen in den letzten Jahren mit der Impfquote schon besser als in den Jahren zuvor. Aber da geht noch mehr."

Milderer Verlauf durch Impfung

Die Befürchtung seien sehr hohe Fallzahlen, falls die Impfbereitschaft niedrig ausfalle. In Australien habe es in Teilen eine Impfmüdigkeit gegeben, sagte Beier. Auch bei uns gebe es dafür Anzeichen. Es gehe nicht um Alarmismus: "Es ist einfach so, dass die steigende Anzahl der Fälle einfach das ambulante System an sein Limit bringen wird und dann irgendwann auch das stationäre System."

Die Impfung sei die wichtigste Maßnahme gegen die Erkrankung, auch wenn sie keinen hundertprozentigen Schutz vor einer Infektion biete, schreibt das Robert Koch-Institut (RKI). Sollte sich ein Geimpfter anstecken, erlebe er in der Regel aber einen milderen Verlauf. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung unter anderem auch Schwangeren sowie Kindern (ab sechs Monaten) und Erwachsenen mit bestimmten Vorerkrankungen.

"Praxen schnell am Limit"

Gleichzeitig warnen die Mediziner vor einem Versorgungsnotstand durch Überlastung von Arztpraxen in den kommenden Monaten. "Mit Herbstbeginn füllen sich unsere Wartezimmer wieder mit Impfwilligen und Infektfällen", erklärte er. Weiter sagte Beier: "Wir haben im vergangenen Winter gesehen, was passiert, wenn wir durch zeitgleiche Infektwellen sehr viele Menschen auf einmal betreuen müssen - die Hausarztpraxen sind dann schnell am Limit."

Seine Stellvertreterin Nicola Buhlinger-Göpfarth ergänzt: "Der letzte Winter war bereits ein Vorgeschmack - die Versorgung ist am Kippen." Lediglich die Bereitschaft der Ärztinnen und Ärzte zu immer neuen Sonderschichten fange dies noch auf.

5000 Hausarztstellen unbesetzt

Schon heutzutage seien "immer mehr Praxen gezwungen, neue Patientinnen und Patienten, die kein Notfall sind, abzuweisen", fügte Beier hinzu. Der Verbandschef kritisierte die Politik in diesem Zusammenhang.

Bundesweit seien bald 5000 Hausarztstellen unbesetzt, zudem sei mehr als ein Drittel aller Hausärztinnen und Hausärzte inzwischen über 60 Jahre alt. Die Politik müsste eigentlich "panisch eine Maßnahme nach der anderen anstoßen. Der Notfall ist längst da."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 29. August 2023 um 10:37 Uhr.