Münchner U-Bahn-Station Marienplatz am Vorabend des Lockdowns
FAQ

Lockdown in Deutschland Was ab jetzt gilt

Stand: 16.12.2020 08:13 Uhr

Deutschland macht dicht: Es gelten strengere Corona-Regeln. Wie viele Menschen darf man noch treffen? Was bleibt geöffnet? Wo gelten Ausgangssperren? Und was erhofft man sich davon?

Von Quelle: u.a. dpa

Wie viele Menschen darf ich treffen?

Erlaubt sind weiterhin zwei Haushalte mit insgesamt maximal fünf Personen. Kinder bis 14 Jahren werden nicht gezählt. Aber: Die Bundesländer regeln das in ihren jeweiligen Corona-Verordnungen im Detail - es kann etwa Abweichungen geben. So werden in Berlin nur Kinder bis zwölf Jahre von den Kontaktbeschränkungen ausgenommen.

Die ursprünglich gelockerte Regelung für die Weihnachtstage wurde zurückgenommen. Trotzdem gibt es eine Sonder-Familienregel. So sind vom 24. bis 26. Dezember Treffen mit vier weiteren Personen erlaubt, die nicht zum eigenen Hausstand gehören, sofern es sich um Familienangehörige handelt. Es können also am Ende mehr als zwei Hausstände zusammenkommen und auch die Fünf-Personen-Grenze könnte in so einem Fall überschritten werden. Kinder bis 14 Jahre werden auch hier nicht gezählt.

Beispiel 1: Drei Geschwister, die alle woanders wohnen, könnten ihre Eltern besuchen, ohne Partner, aber mit Kindern bis 14.

Beispiel 2: Zwei Geschwister jeweils mit Partner und eventuellen Kindern besuchen die Eltern.

Beispiel 3: Ein Bruder lebt alleine und ist Gastgeber. Seine Eltern könnten ihn besuchen und zwei weitere Geschwister ohne Partner.

Und wer kontrolliert das?

Vermutlich niemand so richtig. Der Staat hat wenig Handhabe. In Artikel 13 des Grundgesetzes heißt es: Die "Wohnung ist unverletzlich". Damit sind die Hürden für Kontrollen extrem hoch. Der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz hat beispielsweise angekündigt, dass die Polizei das Verhalten nur in Ausnahmefällen in den Wohnungen kontrolliere - etwa bei einer Lärmbelästigung. Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet versicherte, dass es keine stichprobenartigen Kontrollen von Privatwohnungen geben werde. Die Politik appelliert hier an die Eigenverantwortung.

Wo gibt es bisher Ausgangssperren oder Ausgangsbeschränkungen?

In Bayern gelten tagsüber bereits landesweit Ausgangsbeschränkungen. Nur mit guten Gründen darf die Wohnung verlassen werden. Das sind zum Beispiel: der Weg zur Arbeit oder zum Arzt, Sport, Einkäufe und die weiterhin erlaubten Treffen mit einem weiteren Hausstand - insgesamt dürfen das aber maximal fünf Personen sein. Zudem gilt eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr. Der Aufenthalt im öffentlichen Raum ist dann nur noch aus ganz wenigen triftigen Gründen erlaubt. Das sind laut Kabinettsbeschluss Notfälle oder medizinisch unaufschiebbare Behandlungen, der Weg zur Arbeit, die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts, die Betreuung unterstützungsbedürftiger Personen, die Begleitung Sterbender oder das Gassigehen. Ein Verstoß gegen die landesweite Ausgangssperre wird mit einem Mindestbußgeld von 500 Euro geahndet.

In Sachsen gelten seit Montag ganztägig Ausgangsbeschränkungen. Das Verlassen des Hauses ist nur aus triftigen Gründen möglich - etwa für die Arbeit, zum Einkaufen, für den Arztbesuch oder für Bewegung im Freien in einem 15-Kilometer-Radius. Ab einem Inzidenzwert von 200 an fünf Tagen gilt im betroffenen Landkreis oder der betroffenen kreisfreien Stadt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr eine erweiterte Ausgangsbeschränkung. Das Verlassen der Wohnung ist dann nur aus sehr wenigen Gründen zulässig - etwa für die Arbeit, den Lieferverkehr oder die Pflege.

In Hessen gelten seit Freitag nächtliche Ausgangsbeschränkungen zwischen 21 und 5 Uhr in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit einer Inzidenz von mehr als 200 an drei Tagen in Folge. Das Verlassen der eigenen Wohnung ist während dieser Zeit nur aus gewichtigen Gründen erlaubt.

In Baden-Württemberg gelten Ausgangsbeschränkungen seit Samstag zwischen 20 Uhr und 5 Uhr. Das Verlassen der Wohnung ist nur noch aus triftigen Gründen erlaubt. In Berlin soll es ab heute Ausgangsbeschränkungen geben. Nur mit einem Grund wie Einkaufen, Arztbesuch, Arbeiten oder Freizeitsport dürfen die Menschen dann ihre Wohnungen verlassen. Anders als zunächst berichtet, gibt es aber keine strikteren Regeln in der Nacht. In Brandenburg gilt die Ausgangsbeschränkung ab 22 Uhr. In Thüringen ist das Verlassen der Wohnung oder Unterkunft ab heute zwischen 22 Uhr und 5 Uhr ohne wichtigem Grund untersagt.

Wo kann ich noch einkaufen?

Geöffnet bleiben weiterhin die Lebensmittelläden, die Wochenmärkte, die Getränkemärkte, die Reformhäuser und der Großhandel. Auch Abhol- und Lieferdienste, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen und Waschsalons bleiben offen. Zeitungsverkauf, Tierbedarf, Futtermittelmärkte, Optiker und Hörgeräteakustiker müssen ebensowenig schließen. Tankstellen, Kfz-Werkstätten und Fahrradwerkstätten bieten ihre Dienstleistungen weiterhin an. Und: Auch der Weihnachtsbaumverkauf bleibt möglich.

Der Einzelhandel kämpft weiterhin dafür, dass die Übergabe von im Internet bestellter Ware in den Läden erlaubt wird. So könnten Elektronikketten, Baumärkte oder auch Buchhandlungen weiter ihre Waren im Weihnachtsgeschäft anbieten.

Die Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe müssen schließen. Medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physio-, Ergo- und Logotherapien sowie Podologie/Fußpflege bleiben aber weiter möglich.

Was ist mit den Schulen?

Schulen sind seit gestern geschlossen - oder es gibt keine Pflicht mehr, anwesend zu sein. Eine Notfallbetreuung wird sichergestellt. Die Regelungen sollen auch für Kindergärten gelten. Im Detail unterscheiden sich die Regeln aber von Bundesland zu Bundesland.

Gibt es Hilfe für Eltern, die nun ein Betreuungsproblem haben?

Für Eltern sollen "zusätzliche Möglichkeiten geschaffen" werden, bezahlten Urlaub zu nehmen. Da haben Bund und Länder vereinbart. Wie das konkret aussehen soll, blieb am Montag zunächst unklar. Das Arbeitsministerium arbeitet nach eigenen Angaben an einer schnellstmöglichen Lösung. Verwiesen wurde von der Regierung auch auf eine bereits geltende Entschädigungsregelung: Eltern (von Kindern bis 12 Jahren), die auf der Arbeit ausfallen, weil das Gesundheitsamt ihren Nachwuchs unter Quarantäne gestellt hat oder weil Schulen und Kitas behördlich geschlossen wurden, können 67 Prozent des Nettoeinkommens als Entschädigung vom Staat bekommen.

Welche Folgen hat der Lockdown für alle anderen Arbeitnehmer?

Arbeitgeber sollen prüfen, ob Unternehmen entweder durch Betriebsferien geschlossen oder großzügige Homeoffice-Lösungen angeboten werden können. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey hat die Arbeitgeber dazu aufgefordert, Mitarbeiter mit Kindern zu unterstützen. "Die beschlossenen massiven Einschränkungen werden berufstätigen Eltern wieder viel abverlangen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Wie sieht es mit den Restaurants und Kneipen aus?

Restaurants, Cafés und Kneipen bleiben geschlossen. Es ist aber weiterhin möglich, sich Speisen liefern zu lassen. Im öffentlichen Raum sollen laut Bund-Länder-Beschluss keine alkoholischen Getränke mehr konsumiert werden - also auch kein Glühwein. Die Umsetzung liegt aber bei den einzelnen Behörden.

Was ist mit den Gottesdiensten?

Gottesdienste in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften sind mit Einschränkungen erlaubt. Das heißt: 1,5 Meter Abstand, kein Singen, Maskenpflicht und eine Anmeldepflicht. Die Regeln legen die Bundesländer im Detail fest. Insgesamt werden die Bedenken aber größer. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer rät etwa von einem Kirchenbesuch zu Weihnachten ab. Jeder müsse Kontakte reduzieren, sagte Kretschmer dem MDR: "Das ist für viele Menschen bitter. Aber wir tun es für unsere nächsten Angehörigen, die wollen wir schützen." Kanzleramtschef Helge Braun schlägt Hybrid-Gottesdienste vor. Dabei sitzt ein Teil der Gemeinde vor Ort in der Kirche, ein anderer Teil verfolgt den Gottesdienst per Video-Stream. In Bayern wird die geplante Ausgangssperre für den Heiligen Abend ab 21 Uhr auch Folgen für Gottesdienste haben. Bisher hieß es, Besucher von Christmetten sollten davon ausgenommen sein. "Es gilt die Ausgangssperre für Silvester und auch für Weihnachten. Und es gilt für alle", sagte nun Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Es werde keine Sonderregelung geben, auch nicht für Familien und Kirche.

Gibt es auch neue Regeln für den Schutz älterer Menschen?

Das Personal in Alten- und Pflegeeinrichtungen soll mehrmals pro Woche verpflichtend getestet werden. Entsprechende Tests soll es möglichst auch bei mobilen Pflegediensten geben. In Regionen mit hohen Fallzahlen sollen Besucher in Heimen aktuelle negative Coronatests vorlegen müssen. Patientenschützer zweifeln allerdings an der Umsetzung. "An Schnelltests mangelt es in Deutschland nicht - doch es fehlen Menschen, die solche Tests vornehmen", sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, der Nachrichtenagentur AFP. Für dieses seit Monaten bekannte Problem hätten Bund und Länder auch mit ihren Beschlüssen für eine harten Lockdown keine Lösung gefunden. Auch die Testregelung für Angehörigen von Pflegebedürftigen sei "realitätsfern", kritisierte Brysch. Wenn Antigen-Schnelltests nicht direkt vor Einlass in ein Pflegeheim erfolgten, käme das praktisch einem "Betretungsverbot" gleich.

Seit Dienstag können immerhin Menschen im Alter ab 60 und Menschen mit bestimmten chronischen Erkrankungen drei FFP2 Masken gratis in der Apotheke bekommen. Um die Masken zu bekommen, braucht man den Personalausweis oder eine Eigenauskunft, dass man zur Risikogruppe gehört.

Darf man eigentlich noch reisen?

Ja, aber es gilt ein Appell, bis zum 10. Januar auf alle nicht zwingend notwendigen Reisen zu verzichten. Defacto sind Reisen aber vor allem in den Weihnachtstagen kaum praktikabel, da in vielen Ländern strenge Ausgangsbeschränkungen und eine Quarantänepflicht nach der Einreise gelten. Zudem fällt auch häufig eine Quarantäne bei der Rückkehr nach Deutschland an.

Werden die Maßnahmen reichen?

Schwer zu sagen. Experten weisen darauf hin, dass es im Grunde darauf ankommt, wie die Vorgaben umgesetzt und von den Menschen mitgetragen werden. "Seriös wird diese Frage niemand beantworten können", sagte Max Geraedts, Leiter des Instituts für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie an der Universität Marburg: "Die Erfahrungen mit dem ersten Lockdown in Deutschland lassen eine positive Wirkung erwarten, während Erfahrungen aus dem Ausland zum Teil keine so durchschlagenden Erfolge zeigen." Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, hofft, dass der Anstieg bis Weihnachten gestoppt wird. Im besten Fall habe man zum 10. Januar für einige Tage einen deutlich sinkenden Trend. Laut dem Chefvirologen der Universität Heidelberg, Hans-Georg Kräusslich, wird man wie immer erst in rund zwei Wochen sagen können, welchen Erfolg die Maßnahmen hatten.

Wie geht es weiter?

Die Corona-Lage sei "so ernst wie noch nie in dieser Pandemie", sagt der Präsident des Robert Koch-Institutes Lothar Wieler. In den vergangenen Tagen waren immer neue Höchsstände an Neuinfektionen und Todesfällen gemeldet worden. Die Sieben-Tage-Inzidenz lag zuletzt bei mehr als 170. Bund und Länder streben das Ziel von 50 an. "Nach wie vor ist es das Ziel, die Kontaktnachverfolgung wieder möglich zu machen", sagte Kanzlerin Angela Merkel nach den Beratungen am Sonntag. Am 5. Januar gibt es das nächste Treffen mit den Länderchefs - dann wird auch deutlich, ob die Maßnahmen verlängert, verschärft oder - derzeit eher unwahrscheinlich - sogar gelockert werden.

Beginn des harten Lockdowns in Deutschland

Griet von Petersdorff, RBB, tagesschau 20:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 15. Dezember 2020 um 20:00 Uhr.