
Proteste von Studierenden "Vielen fehlt das Geld zum Leben"
In mehreren deutschen Universitätsstädten gibt es heute Demonstrationen für Hilfen von der Politik. Vieler Studierende haben wegen Corona ihre Nebenjobs verloren und sind in Geldnot.
Es ist unübersehbar, wen sie mit ihren Protesten erreichen wollen, wen sie ganz besonders in der Verantwortung sehen: Auf den selbst gebastelten Plakaten der Mainzer Studierendenvertreter taucht immer wieder das Konterfei der Bundesbildungsministerin auf. "Karliczek - Bildungsschreck" oder "Karlicz-Exit" steht dort geschrieben.
Der Frust ist in den vergangenen Wochen größer geworden. Seit Wochen wiesen sie auf die Notsituation hin, in die viele Studierende wegen der Corona-Krise geraten seien, sagt Johannes Maurer vom AStA: "Wenn der Nebenjob wegbricht, fehlt vielen das Geld für Miete, Lernmaterial und überhaupt zum Leben." Mit den bisherigen Hilfen der Politik ist er unzufrieden, kritisiert sie als unzureichend.

Bundesbildungsministerin Karliczek ist Hauptadressatin der Studierendenkritik.
Offener Brief an die Politik
In einem Offenen Brief hatten sich Studierendenvertretungen aus ganz Deutschland im Mai an Bundes- und Landespolitiker gewandt und Unterstützung für Studierende in Not eingefordert. Nun wollen sie mit ihren Protestaktionen in mehreren Städten auf die Problematik aufmerksam machen.
Rund zwei Drittel aller Studierenden arbeiten neben dem Studium. Wie viele davon nun aktuell in einer finanziellen Notlage sind, weil sie ihren Job verloren haben, dazu gibt es keine offiziellen Zahlen. Die Studierendenvertreter sprechen in ihrem Offenen Brief von 750.000 Betroffenen. Wirklich belegen lässt sich die Zahl nicht - klar ist aber, dass viele Studierende gerade Existenzsorgen haben dürften.
Umzug wegen Jobverlust
So wie Pia Schumacher aus Trier: Weil sie wegen Corona ihren Studijob in der Gastronomie verloren hat, musste sie sogar kurzfristig umziehen. Ihr kleines Appartement in der Nähe der Uni konnte Pia sich ohne Job nicht mehr leisten - sie zog in eine Vierer-WG. Bislang hat sie ihr Leben selbst finanziert, nun muss sie ihre Mutter um Unterstützung bitten, obwohl die selbst nicht viel Geld habe.
Das bisherige Hilfsangebot des Bundesbildungsministeriums für Betroffene wie Pia Schumacher: Sie können Studienkredite in Höhe von maximal 650 Euro monatlich bei der staatlichen Förderbank KfW beantragen. Diese Kredite müssen - anders als das BAföG - komplett zurückgezahlt werden. Zinsfrei sind sie nur, wenn sie innerhalb eines knappen Jahres getilgt werden. Danach fallen Zinsen an.
Angst vor den Zinsen
Studierendenvertretungen fordern, die Kredite müssten zumindest komplett zinsfrei sein. "Die Bundesbildungsministerin bietet als Soforthilfe einen Kredit an, damit stellt sie Studierende vor die Wahl - Studienabbruch oder Überschuldung", kritisiert Amanda Steinmaus vom fsz, einem Dachverband von Studierendenvertretungen, der die bundesweiten Proteste organisiert hat.
Einen Kredit aufzunehmen und sich dadurch zu verschulden, kommt für Pia Schumacher nur im absoluten Notfall in Frage. "Das muss ich ja zurückzahlen, schlimmstenfalls mit Zinsen, dann bin ich nach dem Studium gar nicht finanziell unabhängig." Von der Politik fühlt sich die 20-Jährige alleingelassen. Geld, das sie nicht zurückzahlen muss, das wäre in ihren Augen eine echte Hilfe. Solche Überbrückungshilfen fordern auch die Studierendenvertretungen.
Bundesbildungsministerium kündigt Zuwendungen an
Rund 100 Millionen Euro für genau solche Hilfen hat die Bundesregierung in Aussicht gestellt, noch aber warten Studierende darauf. Das Bundesbildungsministerium nennt zwar nach wie vor kein konkretes Datum - der Parlamentarische Staatssekretär Michael Meister kündigte aber zumindest den Start für diesen Monat an: "Die betroffenen Studierenden werden diese Überbrückungshilfe noch im Juni in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses bei ihrem jeweiligen Studierendenwerk vor Ort beantragen können", sagt der CDU-Politiker.
Bis zu 500 Euro monatlich Überbrückungshilfe für maximal drei Monate sollen besonders bedürftigen Studierenden dann ausgezahlt werden, abhängig von ihrem Kontostand.

Johannes Maurer vom Mainzer AStA findet, die Hilfe komme zu spät und sei zu spärlich.
"Essen muss man ja auch etwas"
Für Johannes Maurer vom AStA in Mainz besteht dennoch Grund zu protestieren. Die Hilfe komme zu spät und reiche nicht: "In vielen Uni-Städten kann man von 500 Euro kaum seine Miete bezahlen und essen muss man ja auch etwas." Insbesondere vor dem Hintergrund des gerade geschnürten milliardenschweren Konjunkturpakets der Bundesregierung ärgere es ihn sehr, dass für Studierende so wenig Geld da sei: In seinen Augen ist das eine falsche Prioritätensetzung.
Durch die Protestaktionen in Mainz und mehreren anderen Städten wollen die Studierendenvertretungen erreichen, dass die Politik ihr Hilfsangebot für Studierende in der Corona-Krise deutlich verbessert. Am 20. Juni soll eine zentrale Demonstration in Berlin folgen.