
Material-Probleme der Bundeswehr Pleiten, Pech und Panzer
Mit 100 Milliarden Euro Sondervermögen soll bei der Bundeswehr vieles besser werden. Kann das funktionieren? Die Mängelliste ist lang. Viele Rüstungsprojekte scheiterten oder wurden teurer als erwartet.
Seit 2014 ist der Etat der Bundeswehr kontinuierlich gestiegen. Ein Grund dafür war auch die russische Annexion der Halbinsel Krim. Doch die Truppe leidet bis heute unter gravierendem Ausrüstungsmängel. Nun soll mit den 100 Milliarden alles besser werden. Doch auch grundsätzlich muss sich einiges ändern. Denn in den vergangenen Jahren sind viele Rüstungsprojekte gescheitert, wurden auf die lange Bank geschoben oder teurer.
Der Schützenpanzer "Puma"
Der Panzer mit dem Wildkatzennamen hat den Satz in die Beschaffungs-Geschichtsbücher spielend geschafft: Vergingen doch seit dem ersten Projektvertrag im Jahr 2002 und der Auslieferung aller Modelle fast zwei Jahrzehnte - Milliarden-Kosten-Steigerungen inklusive, sowie der einen oder anderen Kuriosität: Hatte man doch zwischenzeitlich nicht ohne Erstaunen festgestellt, dass Panzergrenadiere auf den Rückbänken - anders als beim Vorgängermodell "Marder" - eine Größe von 1,84 Meter aus Platzgründen nicht überschreiten durften.
Als die Neukonstruktion des längst als "Problem-Panzer" verspotteten "Puma" 2020 endlich in großer Zahl an die Truppe geliefert wurde, bewerteten die zuständigen Generäle die Einsatzbereitschaft als "unbefriedigend". Erst im vergangenen Jahr erklärte die Truppe dann den Puma, wie es im Fachjargon heißt, als "taktisch gefechtstauglich". Nun lobt die Truppe das Gerät als den "modernsten Schützenpanzer der Welt".
"Gorch Fock" und Co
Das vermutlich bekannteste Marine-Schiff, das lange nicht segelte, war die "Gorch Fock": 2015 kam sie ins Dock, geschätzte Reparaturkosten: zehn Millionen Euro. Ein Betrag, der in der Folge auf schließlich 125 Millionen anschwoll. Was zwischenzeitlich Zweifel aufwarf, ob man das Schulschiff überhaupt je wieder die Weltmeere durchpflügen lassen sollte, was sie heute wieder tut.
Doch noch viel mehr Zeit, Geld und Nerven dürfte die Bundeswehr die Fregatte mit der Typbezeichnung F125 gekostet haben. Zunächst als künftiger "Stolz der deutschen Marine" angekündigt, wurde es nicht nur mit mehrjähriger Verzögerung, sondern dann auch noch mit Mängeln ausgeliefert. Geschätzte Mehrkosten: eine Milliarde Euro.
Dass erst vor wenigen Wochen die Meldung aufhorchen ließ, Deutschland habe für zwei Tankschiffe 250 Millionen Euro mehr ausgegeben, als sie eigentlich wert seien, passte da irgendwie ins Bild.
A400M und G36
Die pure Nennung dieser Abkürzungen trieb den Verantwortlichen lange Schweißperlen auf die Stirn. Als der erste gigantische Transportflieger A400M im Jahr 2014 bei der Luftwaffe ankam, hatte er bereits fünf Jahre Verspätung - und eine lange Strecke technischer Probleme erst noch vor sich. Noch im Jahr 2019 schickte die Bundeswehr zwei Maschinen zurück an Airbus - wegen lockerer Schrauben an den Propellern. Jetzt wird der Gigant der Lüfte für seinen Einsatz bei der Evakuierungsmission von Kabul gelobt, was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass im vergangenen Jahr nur etwa zehn der insgesamt 30 Maschinen einsetzbar waren.
Quälend lang zieht sich auch die Entscheidung darüber hin, welches Gewehr die Truppe eines Tages in Händen halten soll - als Nachfolgemodell für das G36, das längst ausgemustert hätte sein sollen. Dass sich die zwei konkurrierenden Anbieter Haenel und Heckler&Koch noch vor Gericht beharken, hat auch viel mit einem schludrigen Ausschreibeverfahren zu tun. Dabei sollte das Gewehr, wie es die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann einst ausdrückte, so etwas wie "Messer und Gabel" der Soldaten sein. Auch die vermeintlich simple Besteckauswahl aber dauert länger als gedacht.
Wo liegt das Problem?
Rüstungskonzerne und Verteidigungsministerium schoben sich in der Vergangenheit gern gegenseitig die Schuld zu: Die Hersteller beklagten, die Besteller kämen stets mit immer neuen Nachbesserungsvorschlägen, würden beim Gerät nichts unterhalb der "Platin-Lösung" akzeptieren. Die Politik kritisierte, die Konzerne würden Geduld und Geldbeutel des zahlungskräftigen Staats bewusst auf die Probe stellen.
Kein Wunder also, dass bei einigen der nun anstehenden Anschaffungen Lösungen "von der Stange" - wie der US-Kampfjet F35 oder der israelische Raketenschild Arrow 3 - im Gespräch sind. Auch leugnet kaum jemand, dass beim Beschaffungsamt der Bundeswehr (BAAINBw) dringender Reform- und Beschleunigungs-Bedarf besteht. Geschieht das nicht, so die Warnung, könnte die Wirkung des versprochenen 100 Milliarden-Euro-Pakets für die Bundeswehr schneller verpuffen, als gedacht.