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Europawahl 2024

Martin Schirdewan und Manon Aubry
Europawahl

Die Europäischen Linken Die kleinste der EU-Fraktionen

Stand: 23.05.2024 16:56 Uhr

Die Linke nimmt im EU-Parlament für sich in Anspruch, als einzige Kraft Klimaschutz und Sozialpolitik nicht gegeneinander auszuspielen. Europa brauche eine Umverteilung von oben nach unten, lautet die klassisch linke Forderung.

Die Linke - so wie die deutsche Partei heißt auch die Fraktion, der sie im EU-Parlament angehört. Von den derzeit sieben Zusammenschlüssen europäischer Parlamentarier ist Die Linke im Europäischen Parlament derzeit die kleinste.

Frei von internen Machtkämpfen und Meinungsverschiedenheiten ist sie deshalb aber nicht. Schon die Akzeptanz der EU-Institutionen gehört zu den umstrittensten politischen Fragen innerhalb der Europäischen Linken.

Bei aller EU-Skepsis sei aber klar, dass sich die Zukunftsfragen der Menschheit, wie die Frage von Krieg und Frieden, der Kampf gegen den Welthunger oder Klimaschutz, nur gemeinsam lösen lassen, sagt Martin Schirdewan.

Er ist neben der Französin Manon Aubry Co-Fraktionschef der Linken im Europaparlament und Spitzenkandidat der deutschen Linken. Deren Programm für die EU-Wahl ist klar: "Wer Europa will, muss es den Reichen nehmen", heißt es da. Und genau so sei es auch gemeint, sagt Schirdewan.

"Einiges erreicht"

Es gehe um Armutsbekämpfung und soziale Absicherung. In den vergangenen fünf Jahren habe die Europäische Linke da auch bereits einiges erreicht, meint Schirdewan, etwa indem der Europäische Mindestlohn mit durchgesetzt worden sei.

Zudem sei erreicht worden, dass Menschen, die bei Digitalunternehmen wie Amazon, Uber oder Deliveroo angestellt sind, "endlich so etwas wie Arbeitsschutz erfahren", so der Spitzenkandidat. Auch der bessere Schutz von Menschen, die auf Baustellen arbeiten und von Handwerkerinnen und Handwerkern, die mit giftigen Substanzen in Berührung kommen, sei durchgesetzt worden.

Stärkere Besteuerung von Konzernen

Gleichzeitig sollen Konzerne stärker besteuert und die öffentlichen Ausgaben erweitert werden. Europa brauche eine Umverteilung von oben nach unten, sagt Schirdewan. Konkret fordert die Europäische Linke, die Defizit- und Schuldengrenzen von drei Prozent beziehungsweise 60 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts zu lockern, um höhere Sozial- und Umweltausgaben zu ermöglichen.

Es gehe etwa um den Ausbau einer guten Gesundheitsversorgung, eines guten Verkehrssystems und "eine funktionierende Industrie - und das an der Seite mit Gewerkschaften, an der Seite von sozialen Bewegungen, der Zivilgesellschaft, NGOs".

In diesem Sinne hat die deutsche Linke als zweite Spitzenkandidatin die parteilose Carola Rackete aufgestellt, die als Seenotretterin im Mittelmeer international bekannt wurde. In der europäischen Asyl- und Migrationspolitik ist die Europäische Linke gegen jede Verschärfung der Regularien.

Gleichzeitig lehnt sie Waffenlieferungen in die Ukraine ab und fordert einen sofortigen Waffenstillstand.

Anspruch, Klima- und Sozialpolitik zu vereinbaren

Beim Klimaschutz nimmt die Linke für sich in Anspruch, als einzige Partei nicht soziale gegen ökologische Fragen auszuspielen. Natürlich sollten sich Industrie, Verkehr oder Wohnen am Klimaschutz orientieren, doch müssten die Menschen von den damit verbundenen sozialen Kosten entlastet werden, sagt Schirdewan.

Eine Idee sei die Schaffung der "United Railways of Europe". Dabei gehe es um eine Art Holding, die das europäische Bahnnetz mit sozial gedeckelten Ticketpreisen koordinieren soll.

Ein weiteres Beispiel sei etwa die Diskussion, wie Gebäude klimafreundlicher ausgebaut werden können. "Dann denke ich einfach an die Modernisierungsumlage in Deutschland, die de facto bedeutet, dass die Kosten dafür auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt werden." Die Mieterinnen und Mieter sollten davor geschützt werden. So könnten sozial gestaffelte Energiepreise beispielsweise für mehr Klimagerechtigkeit sorgen, fordert die Linke.

Das Recht auf erschwinglichen Wohnraum wolle man in der kommenden Legislaturperiode ganz oben auf die Tagesordnung setzen, kündigt Walter Baier von der Kommunistischen Partei Österreichs an. Baier ist Vorsitzender der Europäischen Linken, eines Zusammenschlusses von 15 europäischen Parteien - und tritt auch als ihr Spitzenkandidat für den Posten des Komissionspräsidenten an.

Das hat aber eher symbolischen Charakter. Denn es wäre schon ein Erfolg, wenn die Fraktion ihre derzeit 38 Sitze halten könnte. Das wird nicht zuletzt auch davon abhängen, wem sich das Bündnis Sahra Wagenknecht nach der Europawahl anschließt. Die Europäische Linke wird es kaum sein, aber wenn das BSW versuchen sollte, eine neue Fraktion zu gründen, könnte das auch in Europa wieder zu Lasten der Linken gehen. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell am 21. Mai 2024 um 09:26 Uhr.