Eine ukrainische Soldatin spricht mit ihren Kameraden.

Russland-Ukraine-Konflikt Die Zeichen stehen auf Krieg

Stand: 24.02.2022 03:54 Uhr

Die Separatisten in Luhansk und Donezk haben den russischen Präsidenten Putin um militärischen Beistand gebeten. Der ukrainische Präsident Selenskyj warnt in einer emotionalen Rede vor den Folgen einer Invasion in sein Land. Diese könnte nach Einschätzung der USA jederzeit beginnen.

Ein Krieg in der Ukraine scheint immer näher zu rücken. Die prorussischen Separatistenführer in der Ostukraine baten am Mittwoch in Schreiben an Präsident Wladimir Putin um militärischen Beistand Russlands gegen die ukrainischen Truppen, wie der Kreml mitteilte. Die US-Regierung warnte, das sei genau ein solcher Vorwand für eine Invasion, vor dem man schon seit Wochen und Monaten gewarnt habe.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warb in einer emotionalen Videobotschaft in der Nacht auf Russisch für Frieden und warnte, dass ein Einmarsch in seinem Land den Tod von Zehntausenden Menschen bedeuten könnte. "Das Volk der Ukraine und die Regierung der Ukraine wollen Frieden. Aber wenn ein Angriff auf uns verübt wird, der unsere Freiheit und die Leben unserer Leute bedroht, werden wir uns wehren", sagte Selenskyj.

Er habe versucht, am Mittwochabend eine Telefonat mit Putin zu arrangieren, habe aber keine Antwort vom Kreml erhalten. Er warnte davor, mit der Entsendung von Soldaten einen großen Krieg auf dem europäischen Kontinent zu beginnen. "Jegliche Provokation, jeglicher Funke könnte einen Brand auslösen, der alles zerstören wird", sagte Selenskyj.

Ausnahmezustand in der Ukraine in Kraft

Seit Mitternacht gilt in der Ukraine auch der Ausnahmezustand. Das Parlament stimmte für die Notmaßnahme, durch die leichter Proteste untersagt und politische Parteien und Bewegungen verboten werden. Außerdem sollten keine Informationen mehr verbreitet werden dürfen, die "die Lage im Land destabilisieren könnten", hieß es in dem Dokument.

Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, warnte, dass die mehr als 150.000 russischen Soldaten an den Grenzen der Ukraine jederzeit einmarschieren könnten. Aus dem Pentagon verlautete, 80 Prozent von ihnen hätten bereits Positionen für einen möglichen Angriff eingenommen.

US-Außenminister Blinken sagte, er rechne noch vor dem Ende der Nacht mit einer russischen Invasion in der Ukraine. Untergeneralsekretärin der Vereinten Nationen, Rosemary DiCarlo, Rosemary DiCarlo, erklärte, es gebe Berichte, dass Russland den Luftraum für zivile Flüge nahe der ukrainischen Grenze geschlossen habe und dass sich "Militärkolonnen auf die Ukraine zubewegen" würden.

UN-Sicherheitsrat tagt

Vor dem Hintergrund der zunehmenden Kriegsgefahr wollte sich auch der UN-Sicherheitsrat wieder in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage in der Ukraine befassen.

Die USA reagierten unter anderem mit Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft der deutsch-russischen Pipeline Nord Stream 2, die EU setzte neue Strafmaßnahmen in Kraft, die sich unter anderem gegen den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Vizeministerpräsident Dmitri Grigorenko richteten.

Bitte der Separatistenführer als Vorwand?

Eine russische Invasion in die Ukraine war in den vergangenen Tagen zunehmend wahrscheinlich geworden. Putin hatte die selbst erklärten Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt und angekündigt, Truppen zum Erhalt des Friedens dorthin zu schicken. Der russische Föderationsrat billigte am Dienstag einen Militäreinsatz im Ausland.

Die Bitte der Separatistenführer in Donezk und Luhansk könnte nun endgültig den Weg für den Einmarsch bereiten. Sie erklärten in ihrem Schreiben, der russische Beistand sei nötig, um sich der Aggression der ukrainischen Regierung entgegenzustellen, wie Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte. Durch Beschuss ukrainischer Truppen seien Zivilisten ums Leben gekommen und Menschen geflohen. Die ukrainische Regierung wies das zurück.

Auch das Weiße Haus wertete die Bitte der Separatistenführer als bloßen Vorwand für eine mögliche Invasion. Das sei ein Beispiel für eine sogenannte Operation unter falscher Flagge, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Die US-Regierung hatte Russland wiederholt beschuldigt, solche inszenierten Angriffe zu planen und sogar Videos dafür vorzubereiten, um so einen Vorwand für einen Angriff auf das Nachbarland zu haben.

Andrea Beer, Andrea Beer, ARD Moskau zzt. Ukraine, 23.02.2022 23:07 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Nachtmagazin am 24. Februar 2022 um 00:16 Uhr.