
Interview mit Musiker in Belarus "Wir wollen Belarussen bleiben"
Stand: 19.08.2020 14:33 Uhr
Seit Anfang August ist der in München lebende belarussische Dirigent Vitali Alekseenok zurück in Minsk und beteiligt sich an den Protesten gegen die Regierung. Von der EU erwarte er mehr als Worte, so Alekseenok im Interview mit Tagesschau24.
Konkrete Taten erwarte er von der Europäischen Union: Im Interview mit Tagesschau24 sagt der aus Belarus stammende Vitali Alekseenok, die EU müsse die Zivilgesellschaft in Belarus unterstützen, private Institutionen und bürgerliche Initiativen. Es sei unmöglich, mit der belarussischen Regierung zu reden. "Leider kann man mit Worten in einer Autokratie sehr wenig beeinflussen."
"Die Menschen wollen ihre Meinung äußern"
Alekseenok ist Chefdirigent des Abaco-Sinfonieorchesters der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Er wurde 1991 in Belarus geboren und studierte am Konservatorium in Sankt Petersburg. Seit Anfang August ist Alekseenok wieder in seiner Heimat und beteiligt sich an den Protesten gegen die erneute Wahl von Langzeitherrscher Alexander Lukaschenko, die inzwischen das ganze Land erfasst haben. "Die Menschen wollen ihre Meinung äußern", sagt der Musiker.
"We don´t give up": Dirigent Vitali Alekseenok über die gewaltlosen Proteste
tagesschau24 11:00 Uhr, 19.08.2020
"Belarussen waren lange kein politisches Volk"
Schon beim Protest vor zehn Jahren war er dabei - der damals aber sehr schnell von der Polizei zerschlagen wurde. "Es war nur ein Protest an einem Abend, an einem Ort. Jetzt sehen wir eine ganz andere Situation. Die Proteste finden im ganzen Land statt, in Dörfern und Städten." Belarussen seien sehr lange kein wirklich politisches Volk gewesen, so Alekseenok. Das sei jetzt anders. "Jetzt ist es uns allen klar. Wir stehen für die Freiheit, und auf der anderen Seite steht die Regierung."
Opposition glaubt den Aussagen Putins nicht
Diese werde von Russland unterstützt, so der Dirigent. Zwar habe der russische Präsident Wladimir Putin gesagt, dass er keine Gewalt in Belarus einsetzen werde, doch die belarussische Opposition glaube Putin nicht. Für diejenigen, die nun seit Tagen auf die Straße gingen, sei klar: "Wir wollen Belarussen bleiben und unabhängig. Wir geben nicht auf."
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