Tankstelle für Autos mit der Aufschrift H2

Erneuerbare Energien Wie Wasserstoff-Tanken effizienter wird

Stand: 03.12.2023 08:06 Uhr

Bei Transport und Bereitstellung von Wasserstoff wird viel Energie verbraucht. Wie lässt sich trotzdem sicherstellen, dass die Klimabilanz stimmt? Eine Firma aus Baden-Württemberg entwickelt dazu eine Technologie.

Von Martin Rottach, SWR

Die Energiewende in Deutschland ist eines der großen Ziele der Bundesregierung. Ein Hoffnungsträger dabei ist die Ressource Wasserstoff. An vielen kleinen und großen Stellschrauben muss dabei gedreht werden, damit der Wasserstoff am Ende auch wirklich klimaneutral beim Endverbraucher ankommt. Viele Unternehmen wittern ihre große Chance und wollen mit ihren Entwicklungen zum Gelingen der Energiewende beitragen, wie ein Beispiel aus Baden-Württemberg zeigt.

"Damit Wasserstoff als grün gilt, müssen unter anderem die mit der Bereitstellung verbundenen Treibhausgasemissionen um 70 Prozent niedriger sein als bei erdölbasierten Kraftstoffen", sagt der Experte Jakob Wachsmuth vom Fraunhofer ISI in Karlsruhe. "Dazu muss der Energieaufwand für die Bereitstellung begrenzt werden."

"Grünen" Wasserstoff, also klimaneutralen Wasserstoff herzustellen, das sei nur ein Baustein, so Wachsmuth. Der zweite ist, diesen "grünen" Wasserstoff möglichst energieeffizient zum Endverbraucher zu bringen. Diese sind einerseits energieintensive Unternehmen wie die der Stahlindustrie, aber auch beim Antrieb von Pkw, Lkw und Bussen soll künftig mehr Wasserstoff zum Einsatz kommen. Für große, schwere Fahrzeuge halten viele Experten Wasserstoffantriebe vor allem aus Gründen der Reichweite für geeigneter als die rein batteriebetriebene Alternative.

Das heißt: Das Tanken von Wasserstoff soll auf dem Weg zu klimaneutralem Transport eine größere Rolle spielen. Das Problem hierbei ist unter anderem, dass der Wasserstoff viel Energie benötigt, bis er letztendlich im Tank eines Lkw landet. Einerseits braucht es viel Energie, um ihn zur Tankstelle zu transportieren, sagt Jakob Wachsmuth, andererseits sei der Energieverbrauch zur Verdichtung des Wasserstoffs sehr groß. "In Summe ist es daher denkbar, dass der Wasserstoff an der Tankstelle nicht mehr als grün gilt."

Ein Kühlschrank für den Wasserstoff

Bei der Firma LAUDA im gleichnamigen Ort Lauda in Baden-Württemberg hat man das Problem erkannt und eine Lösung entwickelt. "Ultracool" heißt die Technik, die dazu beitragen soll, die weltweite Verkehrswende zum Gelingen zu bringen. Verbaut ist diese Technik in einer Maschine, die derzeit in der Fabrikhalle der Firma steht und von den Ingenieuren, bevor sie zum Kunden ausgeliefert werden kann, auf Herz und Nieren geprüft werden muss.

LAUDA stellt vor allem Kühlsysteme her und sei ein sogenannter "Hidden Champion", sagt Jasper Laug, der Wasserstoffexperte der Firma - ein versteckter Weltmarktführer also. Bei der Maschine in der Fabrikhalle handelt es sich um eine effiziente Kühlanlage für Wasserstofftankstellen. Eine, die energiesparend mit den komplexen Eigenschaften des Wasserstoffs umgehe, wie Laug erklärt.

Beim Tanken von Wasserstoff braucht es nämlich hohen Druck: Insgesamt 350 bis 700 Bar, wie der Experte vorrechnet. Bei diesem Prozess erwärmt sich der Wasserstoff stark. Ab einer Temperatur von 85 Grad Celsius könne es deshalb gefährlich werden und das gesamte System in Brand geraten. Deshalb müsse der gasförmige Wasserstoff für den Tankvorgang stark gekühlt werden, so Laug - auf etwa Minus 40 Grad Celsius. Das sei vor ihrer Erfindung nur unter einem enormen Energieverbrauch möglich gewesen.

Wärmetauscher sorgt für Energieeinsparung

Die Lösung von Jasper Laug und seinen Kollegen liegt in einem indirekten Kühlsystem. Bisher habe man die gesamte Tankanlage kühlen müssen, so Laug, das sei jetzt anders. Bei ihrer Technologie wird der Wasserstoff innerhalb des Systems nicht direkt gekühlt, sondern die Kühlung erfolgt durch ein Trägermedium. "Letztendlich wird dieses Trägermedium vorgekühlt und lediglich im Wärmetauscher, direkt an der Zapfsäule, kommt es zum ersten indirekten Kontakt mit dem Wasserstoff", sagt Laug.

Beim Tankprozess kann durch die Speicherung des vorgekühlten Trägermediums in einem Pufferspeicher die Spitzenlast abgefangen werden. Das bedeutet: Die Kühlanlage kann bei maximaler Auslastung höchst effizient arbeiten. Laug zufolge spart das einen großen Teil der benötigten Energie ein und verbessert damit die Energiebilanz beim Tanken des Wasserstoffs um ein Vielfaches.

Die Zukunft stecke im Wasserstoff, da ist man sich bei der Firma LAUDA sicher. Viel Geld investieren sie deshalb in die Entwicklung und den Bau ihrer Kühlsysteme. "Deutschland ist technologisch ganz weit vorne dabei", so der Wasserstoffexperte, doch müsse man aufpassen, dass man nicht von anderen Ländern, wie den USA überholt werde. Die USA, berichtet er, machten derzeit Tempo beim Wasserstoff und könnten schon bald an Deutschland vorbeiziehen. Doch die aktuelle Haushaltskrise verunsichere die gesamte Branche. Eigentlich wolle man durchstarten, doch nun fehle die Planungssicherheit.

Mehr Kapazität für Elektrolyse

Die Bundesregierung setzt im Transformationsprozess große Hoffnungen in die Ressource Wasserstoff. Erst im Juli dieses Jahres hat das Bundeskabinett eine Fortschreibung der Nationalen Wasserstoffstrategie beschlossen. Unter anderem mit den Zielen, bis 2030 den Markthochlauf deutlich zu beschleunigen und die heimische Kapazität für die sogenannte Elektrolyse auf zehn Gigawatt zu steigern. Dabei geht es um Anlagen, die Wasser mit Hilfe von - idealweise "grünem" - Strom aufspalten in Sauerstoff und Wasserstoff. Dieser soll vor allem in der energieintensiven Stahlindustrie und beim Antrieb von Lkw, Bussen und Schiffen zur Anwendung kommen.

Neben dieser Etablierung von Wasserstoffanwendungen soll auch die Infrastruktur für den Wasserstofftransport mit Hochdruck ausgebaut werden. Vor allem Pipelines sollen dabei helfen, gasförmigen Wasserstoff schnell und sicher zu transportieren.

Leitprojekte sollen Forschung vorantreiben

Insgesamt drei Wasserstoff-Leitprojekte werden vom Bundesministerium für Bildung finanziert. Eins davon ist das Projekt TransHyDE. Hier werden Technologien zum Wasserstofftransport entwickelt, bewertet und demonstriert. Der Aufbau der passenden Infrastruktur stelle eine große Herausforderung dar, heißt es von einer Projektsprecherin.

Erstens gelte es, die Komponenten Verbrauch und Erzeugung mit dem Transport zu synchronisieren, "zum Zweiten fehlen derzeit noch ein regulatorischer Rahmen, sowie Marktanreizmechanismen für grünen Wasserstoff, was nicht nur auf die Erzeugung, sondern auch auf Transport und Infrastruktur durchschlägt." Die Energiewende funktioniere nur im Gesamtsystem. Das Tanken ist ein Puzzleteil auf dem Weg zur grünen Fortbewegung mit Wasserstoff. Egal ob groß oder klein, nur mit jedem Teil ergibt sich ein gelingendes Gesamtbild, das Deutschland im Jahr 2045 klimaneutral zeigen soll.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. November 2023 um 09:12 Uhr.