Bundeskanzler Scholz steht neben dem indonesischen Präsidenten Widodo.

Hannover Messe Was sich Indonesien von der Partnerschaft verspricht

Stand: 17.04.2023 07:52 Uhr

Das Partnerland der Hannover Messe ist in diesem Jahr Indonesien - das Land mit dem weltweit größten Nickel-Vorkommen. Für deutsche Autobauer ist das Land interessant. Aber was erhofft sich Indonesien?

Bundeskanzler Olaf Scholz und Indonesiens Präsident Joko Widodo eröffnen feierlich die Hannover Messe. Für Indonesien ein großer Moment. Wegen der Corona-Pandemie wurde ihr Auftritt hier mehrmals verschoben. In seiner Eröffnungsrede lädt Präsident Widodo die deutsche Wirtschaft ein, in Indonesien zu investieren - besonders in den Aufbau einer grünen Wirtschaft.

Indonesien "kein einfacher Markt"

Indonesien hat rund 280 Millionen Einwohner - ist damit das viert-bevölkerungsreichste Land der Welt, die Wirtschaft wächst seit Jahren. Bis 2030 will Indonesien den Sprung unter die zehn größten Industrienationen schaffen. Ein wachsender attraktiver Markt, auch für deutsche Unternehmen, sagt Jan Rönnfeld, Direktor der deutsch-indonesischen Industrie- und Handelskammer. Aber er sagt auch: Indonesien ist auf jeden Fall kein einfacher Markt. 

Auf der einen Seite mache Indonesien es anderen Ländern nicht einfach, Produkte ins Land zu bringen. Auf der anderen Seite versucht das Land, Rohstoffe wie Nickel im Land zu halten, verhängte 2020 ein Exportverbot. Nickel wird unter anderem für die Herstellung von Batterien für Elektroautos gebraucht. Die Verarbeitung des Nickels soll vor Ort stattfinden. Warum, erklärt Meidy Lengkey vom indonesischen Nickelbergbauverband:

Ohne das Rohmaterial bist du nichts. Das ist einfach so.

Deswegen versuche die Regierung, den Zugang dazu zu kontrollieren. Es gehe darum, die einheimische Produktion in Indonesien zu unterstützen.

Deutschland will in Verarbeitung von Rohstoffen investieren

Für Indonesien ist dieser Plan bisher aufgegangen. Präsident Widodo hat viele neue Nickelschmelzen eingeweiht. Besonders chinesische Firmen haben zuletzt viele Milliarden Dollar in die Verarbeitungskette investiert.

Und auch Deutschland will in Zukunft die Verarbeitung von Rohstoffen in Indonesien fördern, sagte Kanzler Scholz bei der Eröffnung der Hannover Messe. Auch um die Abhängigkeit von Ländern wie China zu reduzieren. "Derzeit importieren wir viele Rohstoffe aus China. Und das, obwohl die seltenen Erden, der Kupfer oder der Nickel oft gar nicht dort aus der Erde geholt werden, sondern in Ländern wie Indonesien, Chile oder Namibia. In Ländern also, die von ihrem natürlichen Reichtum an Rohstoffen oft viel zu wenig profitieren. Wir wollen das ändern."

Größter Nickelproduzent der Welt

Die Wertschöpfung im Land hat sich bereits vervielfacht, neue Arbeitsplätze sind entstanden. Das südostasiatische Land ist inzwischen der mit Abstand größte Nickelproduzent der Welt. Rund ein Viertel der weltweiten Vorkommen lagern in Indonesien. Präsident Widodo will sein Land daher zum neuen Zentrum für die Batterie-Produktion machen. 

Doch die Methoden, mit denen Nickel in Indonesien abgebaut und verarbeitet wird, passen wenig zum sauberen Image der Elektro-Mobilität, sagt Sahar Uddin von der Umweltorganisation Walhi: "Wir haben in Wasserproben erhöhte Chromwerte gefunden. Das ist langfristig gesundheitsschädlich und kann Krebs und Hautekzeme verursachen." Bäche und Flüsse in der Nähe der Minen seien rotbraun verfärbt, der Fischreichtum gehe zurück - Wälder werden abgeholzt.  

Energie und Klimaschutz Themen der Messe

Energie und Klimaschutz sind auch die bestimmenden Themen auf der Hannover Messe. Indonesien setzt derzeit bei der Energiegewinnung noch stark auf Kohle. Das Land hat sehr große Vorkommen, die leicht abbaubar sind. Die günstige, aber schmutzige Kohleenergie soll durch grünere Energien ersetzt werden. Dafür hat Indonesien am Rand des G20-Gipfels auf Bali im vergangenen Jahr sogar ein 20-Milliarden-Dollar Investitionspaket erhalten - von ausländischen Partnern wie den USA, Japan und Deutschland. Präsident Widodo kündigte im Gegenzug auf dem Gipfel an, bis 2030 einen Anteil von 34 Prozent erneuerbarer Energien erreichen zu wollen.

Jan Rönnfeld von der deutschen Auslandshandelskammer in Jakarta erklärt, Indonesien habe relativ große Potenziale im Bereich erneuerbare Energien. "Da ist zum einen natürlich die Geothermie, eher schwierig, aber da gibt es große Potenziale. Und sie haben natürlich Solar und Biomasse."

Klimawandel spielt wichtige Rolle für Indonesien

Für einen Inselstaat wie Indonesien spielt der Klimawandel eine entscheidende Rolle. Indonesien besteht aus rund 17.000 Inseln. Und einige von ihnen drohen in einigen Jahren im Meer zu versinken.

Für den indonesischen Unternehmer Agus Sari liegt der Schlüssel zum Erfolg Indonesiens daher in der Energiewende und mehr Klimaschutz: "Denn andernfalls wird es vom Menschen verursachte Naturkatastrophen geben, die unseren Fortschritt aufhalten, unser Wachstum behindern. Dürren, Überschwemmungen, das kostet alles Geld. Sehr viel Geld. Und Indonesien kann es sich nicht leisten, all das zu bezahlen."

Wegen des steigenden Wasserpegels baut Indonesien gerade eine neue Hauptstadt auf der Insel Borneo. Auch dafür erhofft sich Widodo in Hannover wohl Kontakte und potenzielle Investoren.  

Freihandelsabkommen mit Europa?

Schon seit 2016 verhandeln Indonesien und Europa über ein Freihandelsabkommen. Bei der Eröffnung der Hannover Messe erklärte Kanzler Scholz: "Ich setze mich dafür ein, dass wir dieses Abkommen jetzt endlich über die Ziellinie bringen." 

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Präsident Widodo haben beim G20-Gipfel auf Bali bekräftigt, dass sie das Freihandelsabkommen bis Ende des Jahres abschließen wollen. Doch bisher scheitert dies unter anderem an Fragen der Sozial- und Umweltstandards.  

Jennifer Johnston, Jennifer Johnston, ARD Singapur, 17.04.2023 06:35 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR 1 Niedersachsen Aktuell am 17. April 2023 um 06:30 Uhr.