Warnstreiks im Öffentlichen Nahverkehr
FAQ

Warnstreik im ÖPNV Wo Busse und Bahnen stillstehen

Stand: 03.03.2023 05:56 Uhr

In der Nacht haben die massiven Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr begonnen. Pendler und Reisende müssen heute mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Was jetzt zu beachten ist.

Pendler und Reisende müssen heute aufgrund von Streiks im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) mit Ausfällen und Verspätungen von Bussen und Bahnen rechnen. Die Gewerkschaft ver.di legt den Nahverkehr in sechs Bundesländern nahezu flächendeckend still. Damit will die Gewerkschaft den Druck in den Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst erhöhen.

Streikaufruf von Gewerkschaft ver.di in sechs Bundesländern

Thomas Becht, BR, Morgenmagazin

Wann und wo wird gestreikt?

Betroffen von den Warnstreiks sind die Bundesländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, wie ver.di mitteilte. Hier gelte für die Beschäftigten der Nahverkehr-Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes, weil die Verkehrsbetriebe in kommunaler Hand seien, hieß es. Schwerpunkte von den Warnstreiks sind dabei das Ruhrgebiet sowie das Rheinland.

Aber auch einzelne Städte sind laut ver.di betroffen. In München geht der Warnstreik über zwei volle Tage, und bereits heute gingen U-Bahn und Tram nicht in Betrieb, außerdem fuhr nur etwa jeder zweite Bus. Am Freitag will ver.di den Warnstreik im Nahverkehr auf weitere Regionen und Städte ausweiten: Mittelfranken, Augsburg, Regensburg, Ingolstadt, Bamberg, Landshut und Bayreuth. Der Ausstand beginnt mit der ersten Frühschicht gegen 3 Uhr und dauert 24 Stunden an.

Droht ein Verkehrschaos in Dortmund?

Fußballfans, die das Bundesliga-Spiel zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig besuchen möchten, müssen sich auf erhebliche Schwierigkeiten bei der An- und Abreise aufgrund des Warnstreiks einstellen. Das Dortmunder Nahverkehrsunternehmen DSW21 hat angekündigt, dass die Bus- und Stadtbahnverbindungen komplett stillgelegt werden.

Der Sportverein Borussia Dortmund (BVB) befürchtet ein Verkehrschaos und empfiehlt Fans, frühzeitig zum Stadion zu kommen. Etwa 30.000 der 81.365 Zuschauern im ausverkauften Stadion kämen in der Regel mit dem Öffentlichen Nahverkehr, erläuterte ein Sprecher von DSW21. Zudem biete das Nahverkehrsunternehmen normalerweise auch einen Shuttleservice an, der aber ebenfalls ausfalle. Fans, die mit dem Auto anreisen, sollten sich auf längere Fußwege einstellen oder andere Alternativen nutzen.

Welche Möglichkeiten haben Reisende?

Nicht betroffen von den Warnstreiks sind die Deutsche Bahn und andere private Verkehrsunternehmen. Deshalb kann es unter Umständen eine Option sein, auf S-Bahnen, Regionalbahnen (RB) und Regionalexpressbahnen auszuweichen. Weitere Alternativen sind etwa Mitfahrgelegenheiten oder Fahrgemeinschaften wie auch Fahrräder oder E-Scooter. Taxi-Kosten werden außer in Ausnahmefällen wie unvorhersehbaren Ereignissen, etwa technischen Defekte oder Naturkatastrophen, in der Regel nicht von Öffentlichen Verkehrsbetrieben erstattet.

Worum geht es in dem Tarifkonflikt?

In den Verhandlungen für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen fordern die Gewerkschaft ver.di und der Beamtenbund dbb angesichts von Inflation, Energiekrise und Personalmangel 10,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Damit Mitarbeiter nicht abwandern, solle eine bessere Bezahlung attraktivere Arbeitsplätze schaffen und dem Fachkräftemangel im Öffentlichen Dienst entgegenwirken, betont eine Sprecherin von ver.di gegenüber tagesschau.de.

Bei der zweiten Verhandlungsrunde hatte es vergangene Woche noch keine Einigung gegeben. Ein Angebot der Arbeitgeber hatten die Gewerkschaften als unzureichend zurückgewiesen. Das Angebot umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.

Droht eine langanhaltende Streikwelle?

Sollte es in der dritten Tarifrunde am 27. März keine Einigung geben, plant ver.di-Chef Frank Werneke eine Urabstimmung für einen regulären Streik im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes. Die Entscheidung, ob ein Streik durchgeführt werden soll oder nicht, läge dann bei den Mitgliedern der Gewerkschaft. Das würde den Tarifkonflikt weit ins Frühjahr hinein verlängern, sagte Werneke der Nachrichtenagentur dpa.

Kritik an der Höhe der ver.di-Forderung wies Werneke zurück: "Wenn das umgesetzt wird, wird gerade so mal die Inflation ausgeglichen. Das ist angemessen und das ist auch möglich", sagte er. Bis zum Verhandlungstermin werde die Gewerkschaft mit ihren Aktionen noch "eine Schippe drauflegen", kündigte er an. "Wir haben noch manches vor."

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) kritisiert die angekündigten Warnstreiks. "Die Streiks richten sich formal gegen den Tarifpartner und die Betreiber des Öffentlichen Nahverkehrs, faktisch aber gegen die Passagiere", so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Warum der gemeinsame Protest mit "Fridays for Future"?

Die Warnstreiks finden parallel zu bundesweiten Protestaktionen der Organisation "Fridays for Future" für eine Verkehrswende statt. Bei den Protestaktionen geht es darum, auf die Notwendigkeit einer Verkehrswende hinzuweisen und die Bedeutung von umweltfreundlichen Verkehrsmitteln wie Öffentlichen Verkehrsmitteln, Fahrrädern und E-Scootern zu betonen. "Eine Verkehrswende wird nicht möglich sein, ohne dass in die Beschäftigten ebenfalls investiert wird", so die stellvertretende ver.di-Chefin Christine Behle.

Aus Sicht der Gewerkschafter und der Klimaaktivisten ist gemeinsames Handeln daher folgerichtig. "Allein in Deutschland gehen wir dafür in über 200 Städten auf die Straße", kündigte "Fridays for Future"-Sprecherin Lou Töllner an. Die größten Kundgebungen werden in Berlin, Hamburg und Köln erwartet.