Lehrer Stephan Winke erklärt vor einem Smartboard eine Parabelfunktion.

Umfrage des ifo-Bildungsbarometers Bürger bemängeln nachlassende Qualität der Schulen

Stand: 30.08.2023 11:34 Uhr

Deutschlands Schulen sind in den vergangenen Jahren in den Augen der Bürger schlechter geworden. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des ifo-Bildungsbarometers. Lehrkräftemangel, fehlende finanzielle Ausstattung und Trägheit werden beklagt.

In der Beurteilung der Bürgerinnen und Bürger hat die Qualität der deutschen Schulen nachgelassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage unter 5.500 Erwachsenen, deren Ergebnisse das ifo-Bildungsbarometer veröffentlicht hat.

Bob Blume, ifo-Bildungsbarometer, zur Qualität an deutschen Schulen

tagesschau24

Nur rund ein Viertel der Schulen gut oder sehr gut

Nach Schulnoten bewertet haben die deutschen Schulen danach nur noch in 27 Prozent der Fälle eine 1 oder eine 2 erreicht. Bei einer vergleichbaren Umfrage im Jahr 2014 hatten diese Quote noch bei 38 Prozent gelegen. Einen wesentlichen Einfluss auf die Bewertung der Schulen hat aus Sicht der Befragten die Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren gehabt. Nach 79 Prozent von ihnen hat sich die Schulqualität durch die Auswirkungen der Pandemie verschlechtert.

"Das sind alarmierende Befunde", kommentiert Ludger Wößmann, Leiter des ifo Zentrums für Bildungsökonomik. "Wir müssen dringend die Probleme der Schulen lösen, und die Deutschen sind auch bereit dazu".

Lehrkräftemangel und zu wenige Mittel

Vor allem der Lehrkäftemangel ist nach den Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmern ein Problem für die Qualität der Schulen hierzulande: 77 Prozent sehen dies so. 68 Prozent der Befragten halten außerdem fehlendes Geld für die Schulen, 66 Prozent die Trägheit des Systems für ein wichtiges Qualitätsproblem. 61 Prozent bemängeln Lernrückstände durch Corona. Nicht ausreichend sanierte Schulgebäude finden 57 Prozent problematisch.

Auch bei Möglichkeiten für die Lösung der derzeitigen Probleme haben die Befragten eine recht klare Meinung. Um den Lehrkräftemangel zu bekämpfen, soll danach vor allem die Nachqualifizierung von Lehrkräften für den Unterricht in Mangelfächern forciert werden (79 Prozent). Den Einsatz von Quereinsteigern in Mangelfächern finden 64 Prozent sinnvoll.

Um die Ausstattung der Schulen mit Lehrpersonal, aber auch die Ausstattung zu verbessern, fordern 74 Prozent höhere Bildungsausgaben durch den Staat. Dies ist laut den ifo-Forschern die klarste Präferenz bei höheren staatlichen Ausgaben. Höhere Ausgaben im Bereich Verteidigung etwa finden im Vergleich lediglich 38 Prozent der Befragten gut.

Thema Digitalisierung spaltet die Deutschen

Die Aufgeschlossenheit beim Thema Digitalisierung in Schulen wächst unter den Deutschen. 49 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass es durch die Digitalisierung mehr Gewinner als Verlierer gibt. Die Offenheit der Deutschen dafür, dass sich Schülerinnen und Schüler Unterrichtsstoff selbständig am Computer erarbeiten, war zwischen 2014 und 2017 gestiegen, ist 2023 aber wieder rückläufig. Die Mehrheit der Deutschen lehnt es auch ab, den Umgang mit Künstlicher Intelligenz und Chatbots im Unterricht zu lehren (54 Prozent), und sie befürwortet Prüfungsformen, die die Verwendung dieser digitalen Hilfsmittel verhindern (55 Prozent).

"Bildungsmonitor 2023" sieht ebenfalls negativen Trend

Eine negative Entwicklung bei der Schulqualität in Deutschland hat auch der heute erschienene "Bildungsmonitor 2023" der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (INSM) festgestellt. Die INSM ist eine Tochtergesellschaft des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW).

Laut der Studie ist das Bildungsniveau in Deutschland im Langzeitvergleich bis 2013 in vielen Felder gewachsen, dann allerdings kontinuierlich zurückgegangen. Dabei hat sich die Abhängigkeit von Bildungserfolg und sozialer Herkunft vertieft. So seien die Ergebnisse von Kindern aus bildungsfernen Haushalten oder mit Migrationshintergrund besonders stark gesunken.

Einen Grund für die Entwicklung sieht IW-Studienautor Axel Plünnecke darin, dass Kitas und Schulen "noch keine gute Antwort darauf gefunden haben, dass die Schülerschaft in den vergangenen Jahren deutlich heterogener wurde".

Mehr Ganztagsangebote und gezielte Förderung

Leichte Verbesserungen beim Ausbau frühkindlicher Bildung, der Ganztagsinfrastruktur sowie der Betreuungsrelation konnten dies laut Studie nicht ausgleichen. "Es fehlt an Qualität beim Ganztag und an gezielter Förderung", so Plünnecke. Die Durchschnittswerte im Lesen und Zuhören bei Viertklässlern lagen im Langzeitvergleich 2021 im Bundesdurchschnitt auf dem Niveau des schlechtesten Bundeslandes Bremen im Jahr 2011. Das Gleiche gilt für den Umgang Risikogruppen.

Die Forscher des IW forderten daher den Ausbau frühkindlicher Bildung, mehr Selbstbestimmung für Schulen, jährliche bundesweite Vergleichsarbeiten in allen Klassenstufen sowie die gezielte Förderung von Schülern und mehr hochwertige Ganztagsangebote.