Im Vordergrund fasst sich eine Mitarbeiterin in einem Großraumbüro an den Kopf.

KKH-Untersuchung Viel mehr Fehlzeiten wegen seelischer Leiden

Stand: 09.08.2023 10:16 Uhr

Die Ausfalltage wegen psychischer Belastungen haben laut einer der größten bundesweiten Krankenkassen im ersten Halbjahr um 85 Prozent zugenommen. Oft sind Depressionen der Grund. Experten halten den Trend für alarmierend.

Die psychischen Belastungen berufstätiger Menschen in Deutschland haben einer Untersuchung der KKH Kaufmännische Krankenkasse zufolge massiv zugenommen. Laut KKH stiegen die Fehlzeiten, die auf seelische Leiden zurückzuführen sind, im ersten Halbjahr des laufenden Jahres auf 303 Ausfalltage pro 100 Versicherte. Das ist ein Plus von 85 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die KKH ist nach eigenen Angaben eine der größten bundesweiten gesetzlichen Krankenkassen und hat mehr als 1,6 Millionen Versicherte.

Im ersten Halbjahr 2022 waren es den Angaben zufolge 164 Ausfalltage gewesen, in den ersten sechs Monaten 2021 noch 137. "Diese Entwicklung ist alarmierend, denn wir haben schon jetzt fast das Niveau des gesamten Jahres 2022 erreicht", sagte die KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick. Im gesamten Jahr 2022 registrierte die Kasse 339 Fehltage pro 100 Versicherten wegen Depressionen, Anpassungs- oder Angststörungen. 2021 und 2020 waren es 287.

Mehr langwierige Erkrankungen

Nicht nur die Fehlzeiten nahmen massiv zu - sondern auch die Zahl der Menschen, die sich wegen seelischer Leiden krankschreiben ließen. Die sogenannte Arbeitsunfähigkeitsquote, also die Zahl der Krankschreibungen im Verhältnis zu den berufstätigen Mitgliedern, stieg der KKH zufolge im ersten Halbjahr 2023 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 32 Prozent.

"Der besonders starke Zuwachs bei den Fehlzeiten deutet darauf hin, dass es zunehmend schwere, langwierige Fälle von psychischen Erkrankungen gibt", sagt Antje Judick. Die Arbeitspsychologin beobachtet diese Entwicklung mit Sorge - auch mit Blick auf die Beschäftigten, die solche Arbeitsausfälle abfedern müssen und so selbst einen Burnout oder andere erschöpfungsbedingte psychische Erkrankungen entwickeln können.

Beschäftigte in sozialen Berufen besonders gefährdet

Die längsten Fehlzeiten - von durchschnittlich 112 beziehungsweise 71 Tagen - gingen in den ersten sechs Monaten des Jahres auf wiederkehrende Depressionen und depressive Episoden zurück. Laut der KKH leiden Arbeitnehmer derzeit hauptsächlich unter akuten Belastungsreaktionen und Anpassungsstörungen. Sie machen mit 41 Prozent die Mehrheit aller psychisch bedingten Krankschreibungen aus, zudem stieg die Arbeitsunfähigkeitsquote hier um 42 Prozent.

"Dies zeigt, dass immer mehr Arbeitnehmer unter ungewöhnlichem Druck, großen Belastungen und Dauerstress stehen", so Judick. Besonders betroffen seien Beschäftigte in sozialen Berufen wie in der Alten- und Krankenpflege.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 09. August 2023 um 13:00 Uhr.