Streit mit Ex-Regierungschef Georgiens Credit Suisse zu hohem Schadenersatz verurteilt
Die Großbank Credit Suisse ist erneut zu hohen Schadenersatz-Zahlungen an den georgischen Milliardär Bidzina Iwanischwili verurteilt worden. Bereits auf den Bermudas hatte der frühere Regierungschef vor Gericht gewonnen.
Im Fall des ehemaligen georgischen Premierministers Bidsina Iwanischwili hat das Internationale Handelsgericht in Singapur bei der Credit Suisse Pflichtverletzungen festgestellt. Wegen Fehler der Schweizer Großbank habe Iwanischwili 926 Millionen Dollar verloren, heißt es in dem heute veröffentlichten Urteil. Credit Suisse sei verpflichtet, ihm den Schaden zu ersetzen.
Credit Suisse will gegen das Urteil vorgehen
Der Betrag müsse im Rahmen eines Vergleichs aber noch um 79,4 Millionen Dollar verringert werden. Gleichzeitig müssten auch die in einem parallelen Verfahren auf den Bermudas festgelegten Beträge in die Berechnung einbezogen werden, damit es nicht zu doppelten Forderungen komme, so das Gericht.
Die Credit Suisse will das Urteil anfechten. Die Schweizer Bank bezeichnete das Urteil gegen ihre Tochtergesellschaft in einer ersten Reaktion als "falsch". Es werfe "weitreichende Rechtsfragen auf". Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig und könne angefochten werden, was die Credit Suisse Trust Limited "mit Nachdruck" zu tun gedenke.
Ehemaliger Berater hatte Kunden betrogen
Der Rechtsstreit zwischen Iwanischwili, 2012 bis 2013 Premier Georgiens, und der Bank dauert schon seit Jahren Der Milliardär war von 2005 bis 2015 Kunde bei Credit Suisse und hatte hohe Summen seines Vermögens über das Geldhaus investiert. Früheren Angaben zufolge verlor er wegen des Verhaltens seines betrügerischen Genfer Kundenberaters Patrice Lescaudron 1,27 Milliarden Dollar. Dieser hatte über einen Zeitraum von acht Jahren die Unterschriften ehemaliger Kunden, darunter auch Iwanischwili, gefälscht.
2015 war der Berater bei der Credit Suisse entlassen worden. 2018 wurde Lescaudron von einem Schweizer Gericht zu fünf Jahren Gefängnis und zur Zahlung von 130 Millionen Dollar verurteilt. Er gab auch zu, sich auftürmende Verluste verheimlicht und selbst Dutzende von Millionen Franken eingestrichen zu haben. Die Bank wurde in dem Verfahren als Geschädigte eingestuft. Im Sommer 2020 nahm sich Lescaudron das Leben.
War der Bank das Fehlverhalten bewusst?
Iwanischwili hatte Credit Suisse bereits auf den Bermudas verklagt, wo ebenfalls ein Teil seines Vermögens verwahrt wurde. Das dortige Gericht war Ende März zum Schluss gekommen, dass der ehemalige Berater von der Bank zu wenig kontrolliert worden war. Es verurteilte die Großbank zur Zahlung einer Schadenersatzsumme in Höhe von 607 Millionen Dollar. Credit Suisse hatte auch gegen dieses Urteil Berufung eingelegt.
Die Richterin in Singapur erklärte nun, der Bank sei bewusst gewesen, dass der Kundenberater in eklatanter Weise gegen Weisungen zur Vermeidung von Betrug verstoßen habe. Die Credit Suisse habe es vorgezogen, einen großen Kunden zu behalten, statt das Treuhandvermögen sicher zu verwahren. Die Richterin bezog in ihrem Urteil zur Berechnung des Schadenersatzes nicht nur das gestohlene Geld ein, sondern auch die Folgen schlechter Anlage-Entscheidungen.
Einer mit der Situation vertrauten Person zufolge dürfte die Credit Suisse in ihrer Berufung genau an diesem Punkt ansetzen. Denn das Institut gebe bezüglich des Anlageerfolges keine Garantien ab. Credit Suisse kann den Fall nach dem Berufungsgericht an eine weitere Instanz weiterziehen.
Rückstellungen reichen angeblich nicht aus
Das Gericht in Singapur machte derweil klar, dass die Schadenersatzzahlungen in Singapur und auf den Bahamas nicht aufsummiert werden dürften. Laut dem Insider kann der Schaden nur einmal geltend gemacht werden. Die Überschneidungen beliefen sich auf rund 300 Millionen Dollar. Falls die Berufungsverfahren nicht zu milderen Urteilen führen, muss die Bank damit zusammen gut 1,1 Milliarden Dollar auf den Tisch legen.
Die bereits getätigten Rückstellungen legte die Bank nicht offen. Der mit der Situation vertrauten Person zufolge reichen diese allerdings nicht aus, um Kosten in dieser Größenordnung abzudecken. Der Fall Iwanischwili ist mit den Prozessen auf den Bermudas und in Singapur für die Credit Suisse wohl nicht ausgestanden. In der Schweiz ist eben ein Verfahren gegen die Bank angelaufen.
Das Geldhaus ist zudem mit einer ganzen Reihe von weiteren Fällen beschäftigt, der Abschnitt zu den Rechtsstreitigkeiten im Geschäftsbericht erstreckt sich über elf Seiten. In den vergangenen Jahren legte der Konzern für die Beilegung von Rechtsfällen Milliarden auf den Tisch. Dazu kamen weitere Skandale und Fehlschläge, die das Kundenvertrauen in das Institut in den vergangenen Monaten erodieren ließen.