Ein Zug steht auf einem Gleis am Hauptbahnhof in Frankfurt.

Moderation im Bahn-Tarifkonflikt Vorschlag kam Forderung der GDL nah

Stand: 05.03.2024 20:45 Uhr

Die Moderatoren de Maizière und Günther haben ihren Vorschlag für eine Lösung im Bahn-Tarifkonflikt veröffentlicht. Der kommt den Forderungen der GDL recht nah und könnte damit GDL-Chef Weselsky in Erklärungsnot bringen.

Es ist der Knackpunkt in den feststeckenden Tarifverhandlungen bei der Deutschen Bahn: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) besteht darauf, dass die Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden abgesenkt wird - bei vollem Lohnausgleich. Und auch dieses Mal führte GDL-Chef Claus Weselsky an, dass sich der Bahnkonzern in dieser Frage nicht genug bewegt habe - und brach die Gespräche ab.

Eine Stunde weniger ab 2026, eine weitere ab 2028

Dabei kam ein Einigungsvorschlag der beiden Moderatoren den Forderungen der Gewerkschaft offenbar schon sehr nah. Das geht aus einem Schreiben des früheren Innenministers Thomas de Maizière (CDU) und des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) hervor, das heute veröffentlicht wurde. Günther war für die vereinbarte Kompromisssuche von der GDL als Moderator ernannt worden, de Maizière von Seiten der Bahn.

Demnach sah der Vorschlag vor, die Wochenarbeitszeit für das Zugpersonal im Schichtdienst und die Beschäftigten in Werkstätten in zwei Stufen von derzeit 38 auf 36 Stunden bei vollem Lohnausgleich zu senken. Die erste Stunde sollte zum 1. Januar 2026 wegfallen, die zweite zum 1. Januar 2028.

"Unterschiedliche Interpretationen" Grund der Veröffentlichung

"Aufgrund von unterschiedlichen Interpretationen zu dem von uns als Moderatoren gemachten Vorschlag für den weiteren Fortgang der Gespräche zwischen Bahn und GDL veröffentlichen wir diesen zur Klarstellung", teilten de Maizière und Günther mit. "Mit diesem Vorschlag wollten wir eine Einigung in diesem Tarifkonflikt erreichen."

Die Bahn hatte dem Kompromissvorschlag eigenen Angaben zufolge zugestimmt. Die GDL nicht, weshalb die Verhandlungen vergangene Woche ohne Einigung scheiterten und es nun erneut zu Streiks kommt.

Abweichende Darstellung von Weselsky

GDL-Chef Weselsky muss sich nach der Veröffentlichung des Vorschlags auf neue Vorwürfe einstellen. Denn der Gewerkschafter hatte nach dem jüngsten Scheitern der Tarifgespräche das Ergebnis der beiden Moderatoren als unzureichend zurückgewiesen - dabei aber andere Zahlen genannt.

Weselsky hatte am Montag gesagt, der Vorschlag der Vermittler habe lediglich eine Senkung auf 37 Stunden bei vollem Lohnausgleich vorgesehen. Eine weitere halbe Stunde Senkung wäre demnach im Rahmen eines bestehenden Arbeitszeit-Wahlmodells bei der Deutschen Bahn möglich gewesen. Die Bahn hatte diese Darstellung zurückgewiesen.

GDL-Chef räumt "Denkfehler" ein

Inzwischen räumte Weselsky ein, dass ihm am Montag "ein Denkfehler" unterlaufen sei. Die von ihm genannte Absenkung nur auf 36,5 Stunden sei ein Zwischenschritt gewesen, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Der endgültige Vorschlag von 36 Stunden sei danach gekommen. Auch sein Fehler ändere aber nichts an seiner Ablehnung des Moderatorenvorschlags, sagte er weiter. Denn dieser enthalte keinen Schritt Richtung 35-Stunden-Woche, der Ausgangsforderung der GDL.

Der Tarifkonflikt zwischen der GDL und der Deutschen Bahn war zuletzt massiv eskaliert. Die Gewerkschaft kündigte neue Streiks ab Mittwochabend um 18 Uhr an - dann sollen sie im Güterverkehr beginnen. Im Personenverkehr soll der Arbeitskampf am Donnerstagmorgen um 2 Uhr starten. Dieser Streik soll 35 Stunden dauern. 

Danach soll es "Wellenstreiks" geben, die für die Fahrgäste der Bahn massive Auswirkungen haben dürften, weil sie nicht wie bisher 48 Stunden vorher angekündigt werden sollen - die Bahn also auch keinen Notfahrplan erstellen kann. Ziel der "Wellenstreiks" ist nach Aussagen von Weselsky, dass die Bahn "kein zuverlässiges Verkehrsmittel" mehr ist.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. März 2024 um 16:55 Uhr.