Holzscheit vor einem Holzofen

Brennholz und Öfen Gemütlich - aber problematisch

Stand: 12.12.2022 08:06 Uhr

Wegen der hohen Gaspreise steigt die Nachfrage nach Brennholz und Kaminöfen. Experten warnen jedoch vor gesundheitlichen Risiken durch mehr Feinstaub - und vor der schlechten Klimabilanz.

Von Ingo Fischer, SWR

Noch ist es möglich, kurzfristig einen neuen Kaminofen zu erwerben: Bei einer Internet-Recherche und einer Stichprobe in Filialen der drei größten deutschen Baumarkt-Ketten Obi, Bauhaus und Hornbach schüttelten die Mitarbeiter in zweien bedauernd die Köpfe, im dritten waren einige wenige Restposten zwar nicht mehr im Markt, aber noch online verfügbar.

Doch das ist die Ausnahme. "Aufgrund begrenzter Liefermengen und angespannter Lieferketten ist bei aktuell bestellten Kaminöfen mit einer verlängerten Lieferzeit zu rechnen", bestätigt ein Bauhaus-Sprecher gegenüber tagesschau.de. Doch selbst wenn man fündig wird, muss ein Ofen erst angeschlossen und vom Schornsteinfeger freigegeben werden - und das kann Wochen oder Monate dauern.

Zahlreiche Schadstoffe

Doch das eigentliche Problem ist nicht der lange Zeitraum, bis ein Kaminofen erstmals in Betrieb genommen werden kann, sondern ökologische und gesundheitliche Aspekte. Es besteht eine enorme Nachfrage ausgerechnet nach einer Form der Heizenergie, von der das Umweltbundesamt (UBA) sowie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) unisono abraten.

Vor allem der gesundheitliche Aspekt macht Experten Sorgen: Verbrennt Holz, setzt es neben CO2 immer auch schädliche Stickstoff- und Schwefelverbindungen, Kohlenmonoxid und zudem große Mengen Feinstaub frei. Der Anteil der Holzverbrennung an den gesamten Feinstaub-Emissionen in Deutschland liegt laut UBA über das gesamte Jahr betrachtet bei zehn Prozent. Im Winter liege der Anteil allerdings bei bis zu 20 Prozent.

Eine Frau wirft ein Holzscheit in einen Kaminofen.
Wie viele Öfen gibt es?

Im Frühjahr waren laut Bundesumweltministerium etwa 6,2 Millionen Kaminöfen und 1,2 Millionen Kachelöfen deutschlandweit in Betrieb. Diese Holzöfen dienen als Zusatzheizung, die vorrangig den Aufstellraum - meist das Wohnzimmer - wärmen. Die Anzahl der Kaminöfen dürfte seitdem stark gestiegen sein. Statistiken, die dies belegen können, werden allerdings voraussichtlich erst im kommenden Jahr verfügbar sein.

Enormer Feinstaub-Ausstoß

Laut UBA emittiert ein neuer Kaminofen üblicher Größe, wenn er bei Volllast betrieben wird, in einer Stunde etwa 500 mg Staub. Das entspricht rund 100 km Autofahren mit einem PKW der Abgasnorm Euro 6. Die hohe Feinstaubbelastung entsteht selbst unter Idealbedingungen, wenn der Ofen ordnungsgemäß betrieben wird und das Holz mit idealer Luft-Zufuhr verhältnismäßig "sauber" verbrennt.

Sofern unzulässiges Holz verwendet wird - etwa wenn es noch zu feucht oder lackiert ist oder etwa von Paletten stammt oder zu wenig oder zu viel Luft zugeführt wird -, potenzieren sich die Schadstoff- und Feinstaub-Emissionen. Gerade die gestiegenen Brennholzpreise könnten dazu führen, dass vermehrt ungeeignetes Holz oder gar Müll in Kaminöfen verfeuert wird.

Bei Feinstaub handele es sich um mit dem Auge nicht sichtbare Partikel, die beim Einatmen tief in die Lunge eindringen, sich dort festsetzen und so die Gesundheit beeinträchtigen, schreibt das UBA auf seiner Webseite. Die Folge können Atemwegserkrankungen wie Bronchitis und Asthma sein, zudem gilt Feinstaub als krebserregend und steht im Verdacht, das Herz-Kreislauf-System zu schädigen. Laut der EU-Umweltagentur EEA sind im Jahr 2020 schätzungsweise 240.000 Menschen in der EU infolge der Feinstaubbelastung vorzeitig gestorben. 

Probleme bei Inversionswetterlage

Die Schadstoff- und Feinstaubbelastung ist in Wohngebieten, die von niedrigen ein- und zweigeschossigen Einfamilienhäusern geprägt sind, besonders groß. Nicht nur, weil dort oft verhältnismäßig viele so genannte Komfort-Kaminöfen im Einsatz sind, sondern auch deshalb, weil die Schornsteine nicht sehr hoch sind. Weht Wind, steigen die Abgase mitunter nicht in den Himmel, sondern verteilen sich stattdessen bodennah.

Sehr stark verschlechtert sich die Luftqualität bei so genannten Inversionswetterlagen an kalten Wintertagen, wenn die oberen Luftschichten wärmer sind als die unteren. Dann findet kaum mehr ein Austausch zwischen den Luftschichten statt, sodass sich Schadstoffe über einen längeren Zeitraum am Boden anreichern und sogar in die Häuser eindringen können.

Jahrzehntelang gespeichert - in Minuten verbrannt

Zudem hat Brennholz seinen Mythos als umweltfreundlicher weil CO2-neutraler Brennstoff verloren. "Für den Klimaschutz ist die Holzverfeuerung noch schlechter als die Verfeuerung von Kohle, da Holz einen schlechteren Brennwert als Kohle hat", heißt es vom BUND.

Zwar setzt Brennholz nur die Menge Kohlendioxid frei, die der Baum im Laufe seines Lebens aufgenommen hat - dennoch sei Holzverbrennung nicht klimaneutral, sondern klimaschädlich, so der BUND. Denn die CO2-Emissionen für Holzernte, Transport und Bearbeitung kommen noch hinzu: Je größer die Distanz zwischen Wald, Sägewerk und Endverbraucher ist, desto schlechter fällt die Ökobilanz des Brennholzes aus.

Buchenholz wächst über Jahrzehnte

Hinzu kommt, dass es sich bei Holz, insbesondere dem für Kaminöfen stark nachgefragten Buchenholz, um einen sehr langsam wachsenden Rohstoff handelt, der CO2 in einem Zeitraum von Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten bindet - dieses beim Verbrennen jedoch schlagartig wieder freisetzt. Und schließlich sorgt der hohe Rußanteil im Feinstaub laut Deutscher Umwelthilfe für eine bis zu 3200 Mal höhere Klimawirkung als CO2. Der Grund: Die schwarzen Rußpartikel in der Atmosphäre oder im Schnee absorbieren das Sonnenlicht und geben dieses in Form von Wärme an ihre Umgebung ab.

Das Umweltbundesamt will die deutschen klimapolitischen Ziele auch dadurch erreichen, dass den Forsten weniger Holz entnommen wird als nachwächst, sie also nicht mehr nur nachhaltig im Sinne von klimaneutral, sondern sogar "klimapositiv" kultiviert werden. Dafür ist es wichtig, dass das CO2 der gefällten Bäume möglichst lange gebunden bleibt - was dann der Fall ist, wenn das Holz etwa als Baumaterial oder für Möbel genutzt wird, statt es zu verbrennen.

Mehr Brennholz im Markt?

Die hohe Nachfrage nach Brennholz und nach Holzöfen legt die Schlussfolgerung nahe, dass mehr Holz zur Wärmegewinnung verbrannt wird als in den vergangenen Heizperioden - und dass damit gleichzeitig auch die Schadstoff- und Feinstaubkonzentrationen insbesondere in Wohngebieten steigen könnten.

Dem allerdings widerspricht der Bundesverband Brennholzhandel und Brennholzproduktion mit dem Argument, dass Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft ein limitiertes Gut sei: Nur weil die Nachfrage steige, bedeute das nicht, dass auch mehr Holz "geerntet" und verbrannt werde. Das Holz müsse erst trocknen, zudem seien die verfügbaren Kontingente bereits auf Monate ausverkauft, sodass Menschen ihren neu angeschafften Kamin in dieser Heizperiode womöglich gar nicht mehr befeuern könnten. Wenn sich die verfügbare Holzmenge auf dem Markt nicht erhöht habe, dann könne auch nicht mehr verbrannt werden.

Zukauf aus dem Ausland

Doch Stichproben zeigen, dass Brennholz bei regionalen Holzhändlern durchaus noch bestellt werden kann - auch mit sehr kurzen Lieferzeiten. Bei Stichproben in verschiedenen Baumärkten waren Holzbestände sogar vorrätig und keine Lieferengpässe feststellbar. Ein Bauhaus-Sprecher etwa bestätigte auf tagesschau.de-Nachfrage eine gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegene Nachfrage nach Holz. Jedoch könne die Baumarkt-Kette ihren Kunden noch Brennholz ohne signifikante Wartezeiten in handelsüblichen Mengen anbieten. Obwohl die Brennholzpreise stark gestiegen sind, sei die Nachfrage sehr hoch geblieben. Nach den Engpässen im vergangenen Jahr haben sich die Baumärkte in diesem Jahr mit größeren Brennholzmengen auch aus dem Ausland eingedeckt.

Mit mehr verbranntem Kaminholz muss also unweigerlich auch die Schadstoff- und Feinstaub-Belastung gestiegen sein - nur: Mit Messdaten belegen lässt sich das bislang nicht. Denn die meisten Feinstaub-Messtationen stehen gerade nicht in Wohngebieten, sondern an viel befahrenen Straßen. Zudem werden die in dieser Heizperiode erhobenen Messdaten erst im kommenden Jahr veröffentlicht.