Blick auf eine Straße mit vielen Altbauten in Berlin

Trendbarometer Immobilienanlagen Schlechte Aussichten für Privatinvestoren

Stand: 19.07.2023 16:36 Uhr

Am Immobilienmarkt tut sich was: Mit jahrelanger Preissteigerung ist Schluss, seit die Zinsen steigen. Professionelle Investoren rechnen mit Verfall der Preise für Häuser. Was kann man von ihnen lernen?

"Viele Investoren halten sich aktuell zurück", sagt Christoph Haub von der Beratungsfirma "Ernst & Young Real Estate", "sie warten auf weiteren Preisverfall". Mit dem Tiefpunkt werde kommendes Jahr gerechnet. Haub trat Mittwochmittag bei einer virtuellen Pressekonferenz auf, bei der ein "Trendbarometer" zu Immobilienanlagen von Versicherungen, Pensionsfonds und Versorgungswerken vorgestellt wurde.

Energiesanierung ist Trumpf

"Energieeffizienz ist das Topthema. Es dominiert alles", sagt Immobilienfachmann Haub, "Die meisten Unternehmen gehen davon aus, dass sich nur nachhaltige Immobilien durchsetzen." Fast alle befragten 32 Unternehmen haben ihre Häuser analysiert und weitreichende Pläne zur Sanierung gemacht. Die meisten Investoren sanieren selbst. "Wenn Sie diese Immobilien an den Markt geben, gibt es überproportionale Abschläge", berichtet der Berater.

Schlecht isolierte Häuser selbst zu sanieren ist also wirtschaftlicher als sie zu verkaufen. Warum ziehen sich Energiesanierungen so lange hin? "Man macht das ja am besten, wenn man einen Leerstand hat", sagt Haub und spricht von "enormen Investitionen".

Ein Milliardengeschäft

Während Profis 2021 noch 114 Milliarden Euro für Immobilien ausgaben, waren es vergangenes Jahr nur noch 67 Milliarden. Große Investoren bestimmen den Markt: Immobilienfonds, Pensionskassen, Versorgungswerke und Versicherungen. Auch Superreiche spielen eine Rolle, die ihr Geld von eigenen "Family Offices" verwalten lassen oder es Private Equity-Fonds anvertrauen.

Investoren aus der Altersvorsorge seien die einzigen Profis, die derzeit noch in Deutschland kaufen. Dank der langen Zeiträume ihrer Investitionen komme es nicht so sehr darauf an, beim "absoluten Tiefpunkt" zuzugreifen - zumal der ohnehin erst im Nachhinein klar ist, wenn Preise wieder steigen. "Es werden sehr viele Objekte angesehen und analysiert, aber nur ganz wenige Transaktionen durchgeführt", beschreibt Haub das Vorgehen von Versicherern. Immobilienfonds und Superreiche verhielten sich anders: "Die sagen, 'wir greifen nicht in ein fallendes Schwert. Wir warten, bis der Markt am Boden liegt'."

Unter denen, die noch kaufen, sinkt das Interesse an Büros. Investitionen in Windparks und andere Immobilien für Gewinnung Erneuerbarer Energie seien dagegen attraktiv geworden. Wohnimmobilien in Deutschland seien für Profis immer noch wichtig. Sie würden aber langsam unattraktiver, und auch der Standort Deutschland insgesamt verliere, berichtet die Immobilientochter der Wirtschaftsprüfung Ernst & Young.

Gute Wohnviertel

"Das Soziale kommt mehr in den Vordergrund", so Berater Haub. Gesucht würden Wohnimmobilien in "Stadtquartieren, die grundsätzlich gut funktionieren". Dazu gehören Mischung aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen, gute Verkehrsanbindung, Kindergärten, Schulen und Gewerbe. "Die Immobilien sollen dauerhaft einen Wertbeitrag liefern", umschreibt der Berater die Ertragswünsche von Profis, "da spielt das Soziale eine ganz große Rolle."

Milliardeneinnahmen aus Lebensversicherungen und Pensionsplänen müssen möglichst solide angelegt werden. Aus den Erträgen bezahlen Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionsfonds später die jetzt schon kalkulierbaren Auszahlungen an ihre Kunden. Es gehe daher um sehr lange Zeiträume. "Man will verhindern, in Immobilien zu investieren, die nur 20 Jahre gut funktionieren" fasst Haub zusammen.

Sinkende Renditen, steigende Risiken

Während Versicherungen und Pensionsanbieter vergangenes Jahr noch 4,5 Prozent Rendite mit Immobilien erwirtschafteten, rechnen sie dieses Jahr nur noch mit 3,8 Prozent. "Das ist ein Erdrutsch", kommentiert der Immobilienfachmann, "In Deutschland geht man davon aus, dass der Markt keine Wertsteigerung mehr bringt." Da sich die Renditen annähern, würden Investoren zunehmend in risikoärmere Anlagen wie etwa festverzinsliche Wertpapiere ausweichen.

Viele Versicherungen investieren nicht nur in eigene Häuser, sondern auch in Immobilienfonds. Deren Transparenz sei oft gering; Anleger würden wenig Details zum Zustand der Fondsimmobilien erfahren. Da Fonds regelmäßig nicht nur eingesammeltes Geld, sondern auch Bankdarlehen investieren, wachse das Risiko für Anleger. Mit steigenden Zinsen wird Erneuerung auslaufender Kredite teuer, was eine ehemals erfreuliche Rediteaussicht zertrümmern kann.