Aktivistinnen von Greenpeace bekleben die Glasfassade der Deutsche-Bank-Tochter DWS in Frankfurt mit Bildern eines „Waschsalons“. Damit wollen die Aktivisten gegen die Nachhaltigkeitspolitik von DWS protestieren.

Greenwashing-Skandal Was die DWS-Millionenstrafe bedeutet

Stand: 26.09.2023 10:14 Uhr

Die Deutsche-Bank-Tochter DWS muss 25 Millionen Dollar an die US-Börsenaufsicht zahlen. Der Vorwurf: Greenwashing. Einige Experten raten Anlegern nun, daraus Konsequenzen zu ziehen.

Von Angela Göpfert, ARD-Finanzredaktion

Während in Deutschland die Ermittlungen gegen die DWS noch laufen, ist die US-Börsenaufsicht SEC schon einen großen Schritt weiter: Sie hat die Fondstochter der Deutschen Bank gestern Abend zu einer Millionenstrafe verurteilt. 25 Millionen Dollar müssen die Frankfurter zahlen - wegen nicht ausreichender Geldwäschekontrollen und Falschangaben zu "grünen" Kapitalanlagen.

DWS hat bei ESG-Kriterien gemogelt

"Greenwashing" heißt das und bedeutet: Die DWS hat ihre als nachhaltig beworbenen Fondsprodukte "grüner" dargestellt als sie es tatsächlich waren. Man nahm es also nicht ganz so genau mit den ESG-Kriterien. Diese Kriterien haben sich als Standard für nachhaltige Anlagen etabliert. Dabei steht ESG für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung).

Die 25-Millionen-Dollar-Strafe bedeutet nun einen Schlussstrich unter die Ermittlungen der US-Börsenaufsicht. Kein Wunder also, dass sich das Frankfurter Fondshaus erleichtert zeigt: "Wir sind froh, dass wir diese Untersuchungen abschließen konnten."

Whistleblowerin hatte ein "Bauchgefühl"

Ins Rollen gebracht hatte das Ganze Desiree Fixler. Die DWS hatte die US-Amerikanerin einst als Nachhaltigkeitschefin engagiert. Doch ihre Amtszeit sollte noch in der Probezeit enden. Im Oktober 2021 warf Fixler ihrem ehemaligen Arbeitgeber vor, Greenwashing zu betreiben - also die Angaben zu nachhaltigen Anlagen systematisch geschönt zu haben.

Fixler bemängelte auch die Qualität der ESG-Daten, die den Portfolio-Managern zur Verfügung gestellt wurden, als zu veraltet. "Ich hatte ein Bauchgefühl, dass etwas nicht stimmt", erklärte sie später. Heute sitzt die Whistleblowerin im Nachhaltigkeitsrat der britischen Finanzaufsicht.

"Greenwashing ist kein Kavaliersdelikt"

Greenpeace-Finanzexperte Mauricio Vargas sieht es als Erfolg, dass Greenwashing endlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht: "Die hohe Strafe der mächtigen amerikanischen Finanzaufsichtsbehörde SEC gegen die DWS zeigt deutlich: Verbrauchertäuschung bei Umweltthemen ist kein Kavaliersdelikt."

Vargas fordert die Kunden auf, Konsequenzen zu ziehen: Die Strafe sei ein deutlicher Weckruf an die Kunden der DWS, die sich fragen müssen, ob sie mit ihrem Geld dieses skandalöse Geschäftsgebaren unterstützen wollen. "Insbesondere professionelle Anleger wie etwa Versorgungswerke müssen prüfen, ob der laxe Umgang mit Umweltthemen bei der DWS mit ihren Prinzipien vereinbar ist", so der Greenpeace-Experte.

Anleger könnten Geld zurückfordern

Aber auch private Anleger, die selbst in einen vermeintlich nachhaltigen Fonds der DWS investiert hatten, sollten die aktuellen Entwicklungen nun genau beobachten und mögliche Rechtsansprüche prüfen, empfiehlt Rechtsanwalt Claus Goldenstein, Inhaber der gleichnamigen Rechtsanwaltskanzlei. "Grundsätzlich besteht nämlich die Möglichkeit, das investierte Geld inklusive bereits gezahlter Fondsgebühren aufgrund irreführender Werbeaussagen komplett zurückzufordern."

Dagegen weist die DWS darauf hin, dass die SEC "in ihrer ESG-Anordnung keinerlei falsche Angaben in Bezug auf unsere Finanzveröffentlichungen oder die Offenlegungen in unseren Fondsprospekten festgestellt" habe. Das könnte es Aktionärinnen und Aktionären schwerer machen zu klagen.

Werden Anleger die DWS meiden?

Fakt ist aber: Auch ohne solche Klagen ist der finanzielle Schaden für die DWS gewaltig und geht weit über die nun verhängten 25 Millionen Dollar an die SEC hinaus. Auch wenn der Imageschaden schwer bezifferbar ist: Institutionelle und private Anleger, die gerne nachhaltig investieren möchten, könnten ihr Geld künftig womöglich lieber in grüne Produkte anderer Fondshäuser stecken. In Fondshäuser, die bislang ohne Greenwashing-Skandal auskamen.

Hinzu kommt: In Deutschland laufen die Ermittlungen der Frankfurter Staatsanwaltschaft und der Finanzaufsicht BaFin gegen die DWS noch. Ob und wenn ja, in welcher Höhe es hier zu einer Geldstrafe kommen wird, ist noch völlig unklar. Vor diesem Hintergrund dürfte das Fondshaus bei manchen Ausschreibungen von Mandanten von Großanlegern direkt ausgeschlossen werden.

BaFin nach SEC-Strafe unter Handlungsdruck?

Die Millionenstrafe der SEC setzt zudem die hiesige Finanzaufsicht unter Druck, hat doch auch die BaFin erklärt, verschärft gegen Greenwashing vorgehen zu wollen. Dazu hat sie erst im Sommer eine Sustainable-Finance-Strategie festgelegt, um den steigenden Bedürfnissen im Finanzsektor in Bezug auf Klimawandel, Umwelt, soziale Fragen und gute Unternehmensführung gerecht werden.

Rupert Schaefer, BaFin-Exekutivdirektor für Strategie, Policy und Steuerung, erklärt, warum Greenwashing so gefährlich ist: "Es zerstört das Vertrauen in den Markt für nachhaltige Investitionen und schadet Anlegerinnen und Anlegern." Tatsächlich dürfte der DWS-Skandal dem Markt für grüne Geldanlagen einen gewaltigen Bärendienst erwiesen haben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. September 2023 um 10:22 Uhr.