Luftbild einer Neubausiedlung mit Ein- und Zweifamilienhäusern in Kiel

Finanzstabilitätsbericht Bundesbank gibt Entwarnung für Markt der Privathäuser

Stand: 23.11.2023 19:02 Uhr

Die Nachfrage nach Häusern und Wohnungen ist zwar eingebrochen. Doch laut Bundesbank bietet der Wohnimmobilienmarkt insgesamt keinen Anlass zur Sorge, zumal für private Hauseigentümer.

Wegen der drastisch gestiegenen Zinsen kaufen zwar deutlich weniger Menschen Häuser und Wohnungen oder lassen bauen. Die Nachfrage ist also eingebrochen. Doch laut dem heute in Frankfurt vorgestellten neuen Finanzstabilitätsbericht der Bundesbank müssen sich vor allem private Hauseigentümer wegen des Markts für Wohnimmobilien insgesamt keinen Sorgen machen.

Jahrelang hat die Bundesbank vor der Gefahr von Immobilienblasen in Deutschland gewarnt. Dabei achtete sie allerdings darauf, den alarmierenden Begriff "Blase" nicht zu verwenden. Sie sprach vielmehr davon, dass in manchen Städten Häuser überbewertet und zu hoch verschuldet seien.

Angesichts eines sich insgesamt abkühlenden Marktes mochte Bundesbank-Vorständin Claudia Buch diese Warnung nicht mehr wiederholen. Der Wert privater Immobilien scheint also insgesamt gesichert, auch wenn die Preise etwas gesunken sind, was in vielen Städten wirtschaftlich vernünftig wirkt.

Teurere Hausfinanzierungen

Über bestehende Immobilienfinanzierungen von Privatleuten macht sich Buch grundsätzlich keine Sorgen. Sie hob hervor, dass bei etwa 40 Prozent der privaten Immobilienkredite der Zins für mindestens zehn Jahre fest vereinbart ist. Im Durchschnitt, so Buch, liefen diese Verträge noch fünf Jahre. Erst dann müssen private Schuldner sich um neue Finanzierungen kümmern.

Die dann vermutlich fälligen höheren Zinsen werden Privatleute nicht aus der Kurve tragen, wenn sie ihre Schuld fortlaufend getilgt haben und damit die Darlehenssumme sinkt.

Die Daten der Bundesbank bedeuten allerdings auch, dass 60 Prozent der privaten Immobilienkredite eine kurze Laufzeit oder gar variable Zinsen haben. Dahinter mögen Privatleute stecken, die gerade erst gekauft haben und sich zu den jetzt hohen Zinsen verschuldet haben. Sie mögen darauf bauen, dass die Lage in fünf Jahren anders aussieht und sie dann billiger neu finanzieren können.

Sorgen wegen der Gewerbeimmobilien

Die Zahlen zeigen aber auch, dass es viele Menschen gibt, die kurzfristig neu und damit viel teurer als zuvor finanzieren müssen. Dank des guten Arbeitsmarktes verdienen viele Menschen sehr gut. "Das stützt natürlich die Schuldentragfähigkeit privater Haushalte", sagte Buch. Viele Deutsche können höhere Raten stemmen. Zur Not müssen Hauseigentümer verkaufen - die Bundesbank ist nicht für Einzelschicksale zuständig, sondern dafür, dass das System stabil bleibt.

Weit größere Sorgen macht den Hütern der Finanzstabilität der Markt der Gewerbeimmobilien. Bundesbank-Vorständin Buch sagte, hier sehe sie kurzfristig Risiken. 30 Prozent der Bankkredite für Unternehmen lägen bei Immobilienunternehmen, sagte Buch. Die seien von der steigenden Zahl der Unternehmenspleiten "besonders betroffen".

Buch vermied ausdrücklich, auf die Probleme des angeschlagenen Signa-Konzerns des österreichischen Geschäftsmanns René Benko einzugehen. Doch war klar, dass die hohe Zahl von Bestands- und Neubauten sowie die zu Signa gehörende Kaufhausgruppe Galeria Karstadt Kaufhof nicht nur Stadtplanern und Bürgermeisterinnen Sorgen machen, sondern auch Banken.

Banken insgesamt stabil

Den deutschen Banken gehe es insgesamt gut, heißt es im Stabilitätsbericht. Die Gewinne seien gestiegen, und insgesamt seien die Geldspeicher gut gefüllt, um eventuelle Ausfälle auszugleichen. Auch das gilt nur im Großen und Ganzen und nicht für alle Banken.

Seit die Zinsen gestiegen sind, sind langlaufende Geschäfte aus alter Zeit für Banken weniger wert. Eigentlich müssten die Banken Werte abschreiben. Das können sich manche nicht leisten. "Inzwischen weisen fast zwei Drittel der Sparkassen und Genossenschaftsbanken stille Lasten auf", sagte Buch. "Stille Lasten" ist eine kaufmännische Umschreibung für verborgene ökonomische Sprengsätze. Auch die Hinweise der Bundesbankerin zur Vorsorge für kommende Risiken konnten als Mahnung an die Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken verstanden werden.

Risiken durch die Klimakrise

Neue Risiken entstehen aus dem Klimawandel. "Bisherige Investitions-, Produktions- und Konsummuster werden in Frage gestellt oder rechnen sich schlicht nicht mehr" sagte Buch.

Bisher sei einigermaßen klar, wer beim Klimawandel und der Transformation von Unternehmen verliere. "Wer die Gewinner der Transformation sind, wissen wir heute nicht", so Buch. Damit sei es für Banken sehr schwer, Risiken für neue Finanzierungen einzuschätzen.

Lars Hofmann, HR, tagesschau, 23.11.2023 12:01 Uhr