René Benko

Firmenimperium braucht Geld Benko in Bedrängnis

Stand: 01.11.2023 15:52 Uhr

Signa, das Firmenimperium von Investor René Benko, leidet derzeit doppelt: Weder für Immobilien- noch für Handelsunternehmen sind die Zeiten günstig. Droht neue Gefahr für Galeria?

Von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion

Spektakuläre Immobilienprojekte, gut funktionierende Netzwerke und ein rasantes Wachstum: Was der 46-jährige Unternehmer René Benko anpackt, scheint mit Erfolg gekrönt. Zumindest bisher - nach eigener Aussage hat der Innsbrucker Selfmade-Milliardär bei seinen Projekten noch nie Geld verloren.

Schon früh haben seine Geschäfte zwar auch die Justiz auf den Plan gerufen; seinem Gewicht als Mitgestalter einiger europäischer Innenstädte und als Retter der Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof tat das bisher aber wenig Abbruch. Zuletzt haben sich aber die Zeichen gemehrt, dass Benkos milliardenschweres Imperium aus Immobilienprojekten, Einzelhandelsunternehmen und sogar Zeitungen in Schwierigkeiten steckt.

Intransparentes Unternehmensgeflecht

An sich ist bisher wenig bekannt geworden, was über die bei vielen Mischkonzernen geläufigen Probleme hinausginge - wie der Ausfall von Tochterfirmen oder Probleme bei Projektfinanzierungen. Doch bei dem als verschwiegen und zurückhaltend geltenden Österreicher ist einiges weitere außergewöhnlich.

Zum Beispiel, dass sich sein Imperium im Wesentlichen auf eine GmbH stützt: die Signa Holding mit Sitz in Innsbruck und Wien. Damit sind die Vorgänge in dem Konglomerat, in dem Benko seit seinem Wechsel in den Beirat vor zehn Jahren keine operative Position mehr innehat, vergleichsweise intransparent.

Die "WirtschaftsWoche" berichtete etwa schon im Dezember 2021 über die hochkomplexe Eignerstruktur der Holding, in der neben der Familie Benko Privatstiftung noch weitere bisher verborgene Investoren eine Rolle spielen.

Erhöhter Finanzbedarf

Dass die derzeitige Krise der Immobilienbranche auch das Benko-Imperium hart trifft, zeigt sich im jüngsten noch unveröffentlichten Jahresabschluss der Signa Prime Selection AG. Diese ist einer von vier Geschäftsteilen des Bereichs Signa Real Estate und auf hochwertige Immobilien in Innenstadtlage spezialisiert. Nach Medienberichten musste das Immobilienportfolio der AG um mehr als eine Milliarde Euro abgewertet werden, was zu einem entsprechenden Jahresverlust in ähnlicher Höhe geführt habe. Wie der Abschluss des Vorjahres, der einen Überschuss von 732 Millionen Euro ausweisen soll, ist dieser Jahresabschluss noch nicht offengelegt, weswegen ein Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die Einreichungsfrist läuft.

Das jüngste Anzeichen für geschäftliche Probleme in der Gruppe ist die Insolvenz der in New York börsennotierten Signa Sports United (SSU) am vergangenen Freitag, zu der unter anderem der Anbieter fahrrad.de gehört. Der Online-Sporthändler SSU ist einer von fünf Geschäftsteilen des Bereichs Signa Retail, neben Signa Real Estate die zweite Hauptsäule der Gruppe. Auffallend ist dabei, dass die Signa Holding zuvor eine Finanzierungszusage von 150 Millionen Euro zurückgezogen hatte und damit die Pleite der Tochter in Kauf nahm.

Zugleich wurde bekannt, dass die Bauarbeiten am Hamburger Prestigeprojekt Elbtower gestoppt wurden, da der Bauherr Signa Prime Selection mit den Zahlungen in Verzug sei. Zuvor waren bereits die Arbeiten an der Hamburger Gänsemarktpassage unterbrochen worden, offenbar wegen fehlender Büromieter. Am Montag wurde zudem ein Baustopp in der Stuttgarter Königstraße bekannt.

Auch eine Reihe von Anteilsverkäufen in diesem Jahr deutet auf einen erhöhten Liquiditätsbedarf der Gruppe hin. Im März veräußerte Signa beispielsweise knapp die Hälfte an dem bekannten Berliner KaDeWe-Gebäude an einen thailändischen Investor. Auch der Verkauf des Sportartikelhändlers SportScheck nach Großbritannien scheint ausgemacht zu sein.

Wiederholte Korruptionsvorwürfe

Im Juni hatte Signa Retail die Möbelhandelskette Kika/Leiner verkauft, wobei der Käufer des Handelsgeschäfts kurz darauf Insolvenz für den seit Jahren klammen Möbelhändler beantragte. Das hat Signa in Österreich den - unbewiesenen - Vorwurf der Insolvenzverschleppung eingebracht.

Als erwiesen sah das Landesgericht Wien im November 2012 den Vorwurf der versuchten Bestechung eines hochrangigen kroatischen Politikers durch Benko und seinen Steuerberater an. Ein weiterer Korruptionsprozess gegen den Tiroler endete im Januar mit einem Freispruch. Derweil gibt es neue Ermittlungen wegen eines angeblichen Bestechungsversuchs bei einem hohen Beamten im Wiener Finanzministerium.

Solche Nachrichten sind im kapitalintensiven Immobiliengeschäft keine gute Grundlage für Kreditverhandlungen. Überhaupt haben sich die Finanzierungsbedingungen der Branche in dem steigenden Zinsumfeld in den vergangenen Monaten erheblich verschlechtert. Dazu kommen die im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine drastisch gestiegenen Materialkosten. Diese doppelte Krise hat schon mehrere größere Immobilienentwickler in die Insolvenz getrieben.

Galeria erneut in Gefahr?

Neben den Problemen im Immobiliensektor sieht sich Benkos Unternehmensgruppe auch mit einer anhaltenden Nachfrageschwäche im Einzelhandel konfrontiert. In Deutschland lautet nun die drängendste Frage, ob die Schwierigkeiten der Gruppe die Warenhauskette Galeria erneut gefährden. Erst im Frühjahr war die zu Signa Retail gehörende Galeria Karstadt Kaufhof GmbH aus dem zweiten Insolvenzverfahren innerhalb von drei Jahren entlassen worden.

Galeria-Chef Olivier Van den Bossche sieht sein Unternehmen nicht bedroht. "Wir sind nicht Signa Sports United", sagte er dem "Handelsblatt". "Galeria ist durch den Schutzschirm entschuldet, schlanker und agiler aufgestellt als früher", fügte er hinzu.

Nach jüngsten Angaben müssen insgesamt 42 der verbliebenen 129 nun unter der Dachmarke Galeria firmierenden Warenhäuser bis Januar 2024 geschlossen werden. Signa hatte Galeria im Zuge der Sanierung Hilfen in Höhe von rund 200 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

"Ziemlich starkes Jahr" erwartet

Laut Van den Bossche erzielte Galeria im vergangenen Geschäftsjahr 2022/23 im reinen Filialgeschäft sogar wieder einen Gewinn. Insgesamt hätten Kosten in der Zentrale und Verluste im Onlinehandel dem Unternehmen aber einen Verlust eingebracht. "Aber daran arbeiten wir", fügte er hinzu. Der Umsatz entwickele sich positiv: "Wir erwarten ein ziemlich starkes Jahr."

Die weitere Zukunft der Warenhauskette dürfte auch davon abhängen, ob Signa seine Finanzzusagen einhalten kann. Inzwischen hat die Signa Holding den bekannten Sanierungsexperten Arndt Geiwitz als Berater angeheuert, der die gesamte Gruppe durchleuchten soll. Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater war durch die Insolvenzverfahren bei der Drogeriekette Schlecker und bei Galeria Karstadt Kaufhof bekannt geworden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 27. Oktober 2023 um 11:15 Uhr.