Ein zerstörtes Haus nach einem russischen Angriff auf Kostjantyniwka im Osten der Ukraine
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Schwere Kämpfe im Osten des Landes ++

Stand: 02.04.2023 23:01 Uhr

Russische Angreifer und ukrainische Verteidiger liefern sich im Osten der Ukraine erneut schwere Kämpfe. Nach Einschätzung von US-Experten ist die russische Winteroffensive im Donbass gescheitert. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

02.04.2023 • 23:01 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Herzlichen Dank für Ihr Interesse.

Russland will die zur Stationierung in Belarus angekündigten taktischen Atomwaffen an der Grenze zu Polen aufstellen. Das kündigte Moskaus Botschafter in Minsk, Boris Gryslow, an. Bis 1. Juli sollten die benötigten Bunker für die Lagerung der Waffen fertiggestellt sein. "Dies wird trotz des Lärms in Europa und den USA geschehen", sagte Gryslow, ehemaliger russischer Innenminister und Vorsitzender der Duma, nach Angaben der Agentur Belta. Er bewertete es als positiv, dass die beabsichtigte Stationierung der Atomwaffen in Belarus bereits "eine Menge Lärm" in westlichen Medien verursache.

Nach einer Serie russischer Angriffe auf ukrainische Städte mit neuen zivilen Opfern sieht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj einen militärischen Sieg seines Landes als "einzigen Weg" zur Sicherheit. "Es gibt nur einen Weg, den russischen Terror zu stoppen und die Sicherheit in all unseren Städten und Gemeinden wiederherzustellen - von Sumy bis zum Donbass, von Charkiw bis Cherson, von Kiew bis Jalta, und dieser Weg ist der militärische Sieg der Ukraine", sagte Selenskyj heute in seiner allabendlichen Videoansprache. Es gebe keinen anderen Weg, und es könne keinen anderen Weg geben. Russland müsse vollständig besiegt werden - militärisch, wirtschaftlich, politisch und rechtlich. "Der erste Punkt ist der militärische", sagte Selenskyj. Und der werde auch umgesetzt.

Russische Angreifer und ukrainische Verteidiger haben sich heute erneut schwere Kämpfe im Osten der Ukraine geliefert. Im Mittelpunkt der Gefechte lagen einmal mehr die Ortschaften Liman, Bachmut, Awdijiwka und Marjinka, wie der Generalstab in Kiew in seinem täglichen Lagebericht mitteilte. Insgesamt seien im Laufe des Tages rund 50 russische Angriffe abgewehrt worden. In Bachmut sei die Lage weiterhin "sehr angespannt", schrieb Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar auf Facebook.

Der Gegner setze dort neben den Angehörigen der berüchtigten Söldnertruppe Wagner inzwischen auch Fallschirmjägereinheiten ein. "Der Feind lässt sich durch die exorbitanten Verluste an Personal nicht abschrecken, die Entscheidungen werden emotional getroffen." Die Reaktion der ukrainischen Verteidiger erfolge "kompetent und unter Berücksichtigung aller Umstände, Aufgaben und des Grundsatzes der militärischen Zweckmäßigkeit", betonte Maljar. "Wir vertrauen auf unser Militär."

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: von Russland annektierte Gebiete.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.

Ein russischer Kriegsberichterstatter ist bei einer Explosion in einem Café in Sankt Petersburg ums Leben gekommen. Weitere 15 Menschen seien bei der Detonation des Sprengsatzes verletzt worden, wie die Staatsagentur Tass weiter berichtete. Der 40-jährige Journalist und Blogger mit dem Pseudonym Wladlen Tatarskij, der aus dem Donbass in der Ostukraine stammt, sei auf der Stelle tot gewesen.

Tatarskij, dessen richtiger Name Maxim Fomin lautet, hatte nach offiziell unbestätigten Medienberichten am Sonntag zu einem "patriotischen Abend" in das Café im Zentrum von Sankt Petersburg eingeladen, das nach Medienberichten Jewgeni Prigoschin, dem Chef der Söldnertruppe Wagner gehören soll. Über die Hintergründe der Explosion gab es zunächst keine offiziellen Angaben.

Die Außenminister Russlands und der USA, Sergej Lawrow und Antony Blinken, haben offenbar telefoniert. Das Gespräch habe sich laut der Nachrichtenagentur Reuters auch um die Festnahme des US-Journalisten Evan Gershkovich gedreht. Blinken habe sich laut Angaben des US-Außenministeriums sehr besorgt über die Festnahme gezeigt und die sofortige Freilassung Gershkovichs gefordert. Lawrow habe hingegen davor gewarnt, den Fall zu politisieren. Das sei "inakzeptabel". Über das Schicksal Gershkovichs werde ein Gericht entscheiden. Gegen den Reporter des "Wall Street Journal" war am Donnerstag unter dem Vorwurf der Spionage ein Haftbefehl erlassen worden.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Olexij Danilow, hat einen Zwölf-Punkte-Plan zur "Befreiung" der von Russland 2014 annektierten Halbinsel Krim vorgelegt. So solle als Teil der "De-Okkupation" etwa die Krim-Brücke zum russischen Kernland abgerissen werden, teilte Danilow bei Facebook mit.

Die Staatsdiener auf der Krim, die sich bei der Annexion mit den russischen Besatzern eingelassen hätten, würden einer "Säuberung" unterzogen nach dem Vorbild der Entnazifizierung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg, meinte Danilow. Kollaborateure und Verräter des ukrainischen Staates sollten in Strafverfahren zur Rechenschaft gezogen werden, heißt es etwa in Schritt zwei des Plans. Besonders erwähnte Danilow auch Richter, Staatsanwälte, Angehörige der Sicherheitsorgane, die sich 2014 auf die Seite Russlands geschlagen hätten. Russen, die sich nach Februar 2014, auf der Krim niedergelassen haben, sollen vertrieben werden. Grundstückskäufe und andere Verträge würden annulliert. Des Weiteren sollen politische Gefangenen, darunter viele Krim-Tataren, umgehend freigelassen werden.

Russland hatte immer wieder gedroht, die Krim mit allen Mitteln zu verteidigen. Zudem warnte Moskau den Westen, Kiew nicht mit Waffenlieferungen zu einer Rückeroberung der Krim zu animieren.

Zum Jahrestag der Vertreibung der russischen Truppen aus der Umgebung von Kiew hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Widerstandskraft seiner Landsleute gewürdigt. "Ihr habt die größte Gewalt gegen die Menschlichkeit unserer Zeit aufgehalten", schrieb er heute auf Telegram. Zugleich veröffentlicht er Fotos der Gegend rund um Kiew nach dem russischen Rückzug vor einem Jahr. "Wir werden unser gesamtes Gebiet befreien", zeigte sich Selenskyj überzeugt. "Wir werden die ukrainische Flagge wieder in all unseren Städten und all unseren Dörfern wehen lassen." 

Derweil schwor der ukrainische Armeechef seine Landsleute auf weitere Kämpfe ein. "Wir werden weiter für die Unabhängigkeit unserer Nation kämpfen", schrieb Walerij Saluschnyj auf Telegram. Derzeit hält Russland gut 18 Prozent des ukrainischen Territoriums besetzt. Russische Streitkräfte hatten sich vor einem Jahr aus der Gegend rund um Kiew zurückgezogen.

Russland ist nach Einschätzung westlicher Militärexperten mit seiner Winteroffensive in der Ostukraine gescheitert. Die gesteckten Ziele einer vollständigen Einnahme der Gebiete Donezk und Luhansk seien nicht erreicht worden, schrieb das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) in Washington. Die Analysten erwarten demnach einen baldigen neuen Umbau der russischen Kommandostrukturen für den Krieg gegen die Ukraine. Der erst im Januar als Befehlshaber der Truppen im Kriegsgebiet eingesetzte Generalstabschef Waleri Gerassimow habe die Erwartungen von Kremlchef Wladimir Putin nicht erfüllt, hieß es. Er könne kaum Gebietsgewinne vorweisen.

Putin hatte bereits mehrfach die Kommandeure ausgewechselt. Laut ISW galt für Gerassimow der 31. März als Zieldatum, den kompletten Donbass einzunehmen. Das Scheitern begründen die Experten mit fehlender Kampfkraft der russischen Truppen. Im Gebiet Donezk konzentrierten sich die seit Monaten dauernden Kämpfe weiter auf die strategische Stadt Bachmut. Aus Sicht russischer Militärblogger müssten Moskaus Streitkräfte Bachmut und Awdijiwka einnehmen, um auf die im April erwartete Frühjahrsoffensive der ukrainischen Streitkräfte vorbereitet zu sein.

Dem ukrainischen Nachrichtenportal "Kyiv Independent" zufolge sind bei einem russischen Angriff in Kostjantyniwka im Oblast Donezk drei Zivilisten getötet und sechs verletzt worden. Auf Twitter veröffentlichte das Portal Fotos von der Einschlagstelle.

Die britische Regierung hält den Konsum von Alkohol für einen der Gründe hinter der hohen Opferzahl der russischen Streitkräfte in der Ukraine. Russland habe seit Beginn des Angriffskriegs vor gut einem Jahr durch Verletzungen oder Tod bis zu 200.000 Streitkräfte verloren. Eine große Zahl davon sei aber auf andere Ursachen als die eigentlichen Kampfhandlungen zurückzuführen, erklärte das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Erkenntnisse des Geheimdienstes. "Russische Kommandeure betrachten den verbreiteten Alkoholmissbrauch wohl als besonders abträglich für die Effektivität der Kampfhandlungen", hieß es weiter.

Anfang der Woche habe sei auf einem Telegram-Kanal davon berichtet worden, dass es eine "extrem hohe" Anzahl an Vorfällen, Straftaten und Todesfällen im Zusammenhang mit Alkoholkonsum unter den Streitkräften gebe, schrieben die Briten. Starkes Trinken sei in der russischen Gesellschaft weit verbreitet und als ein stillschweigend akzeptierter Teil des militärischen Lebens akzeptiert worden, auch bei Kampfeinsätzen. Zu den weiteren Hauptursachen für nicht-kampfbedingte Verluste zählten vermutlich auch eine schlechte Ausbildung an den Waffen, Verkehrsunfälle und auf die klimatischen Bedingungen zurückzuführende Ursachen wie Unterkühlung.

Polen kann sich vorstellen, sich stärker an der nuklearen Abschreckung der NATO zu beteiligen. "Polen wäre potenziell bereit, seine Beteiligung und Zusammenarbeit im Rahmen der nuklearen Abschreckung der NATO auszuweiten und Verantwortung zu übernehmen", sagte der Sicherheitsberater des polnischen Präsidenten Andrzej Duda, Jacek Siewiera, der Nachrichtenagentur dpa. Die Stationierung von Atomwaffen in Polen sei aber etwas anderes, fügte er hinzu. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte angekündigt, Atomwaffen in Belarus stationieren zu wollen.

Die USA lagern Atomwaffen in mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland. Auf dem Fliegerhorst Büchel in der rheinland-pfälzischen Eifel sollen noch bis zu 20 Bomben stationiert sein. Dort stehen auch Tornado-Kampfjets, die die Waffen im Ernstfall einsetzen sollen. Mit diesem "nukleare Teilhabe" genannten Konzept können andere NATO-Staaten im Kriegsfall Nuklearwaffen unter US-amerikanischer Kontrolle einsetzen. Polen ist bislang nur an Beratungen darüber beteiligt, etwa in der Nuklearen Planungsgruppe der NATO, die streng geheim tagt. Wie genau er sich eine stärke Beteiligung vorstellt, sagte Siewiera nicht. Er verwies aber darauf, dass zur nuklearen Teilhabe auch Flugzeuge gehörten, die "spezielle Waffen" tragen könnten.

Hochrangige Vertreter der südafrikanischen Regierungspartei ANC wollen nach eigenen Angaben bei einem Besuch in Russland die Freundschaft mit der Partei "Einiges Russland" von Präsident Wladimir Putin festigen. Bei den Gesprächen in Moskau gehe es unter anderem um die "Neuausrichtung der globalen Ordnung", die das Ziel habe, "die Folgen des Neokolonialismus und der zuvor vorherrschenden unipolaren Welt umzukehren", erklärte der ANC. Südafrika zählt zu den Staaten im globalen Süden, die Russland am nächsten stehen.

Moskau versucht seit Jahren, seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu afrikanischen Staaten zu stärken. Am Freitag unterzeichnete Präsident Putin eine neue außenpolitische Strategie, in der die "Beseitigung der Dominanz" des Westens als Schwerpunkt genannt wird. Südafrika hat sich seinerseits bisher stets geweigert, den Überfall Russlands auf die Ukraine zu verurteilen. Die Regierung in Pretoria erklärte, sie wolle neutral bleiben und ziehe Verhandlungen zur Beendigung des Krieges vor. Die Reise sollte am Sonntag zu Ende gehen.

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat den Aufruf ehemaliger hochrangiger SPD-Politiker und Gewerkschafter zu Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine scharf kritisiert. "Dieser Friedensappell ist kein Aprilscherz. Das ist ein purer Zynismus gegenüber den zahlreichen Opfern der russischen Aggression", sagte Makeiev der Nachrichtenagentur dpa. Er habe nur eines zum Ziel: "Die Verbrechen Russlands und dementsprechend die Verantwortung des russischen Regimes zu verschleiern."

Der Appell mit dem Titel "Frieden schaffen!" wurde von dem Historiker Peter Brandt, einem Sohn des ehemaligen Kanzlers Willy Brandt, zusammen mit dem früheren Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, und dem Ex-SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Müller initiiert. Darin wird Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) aufgerufen, zusammen mit Frankreich die Länder Brasilien, China, Indien und Indonesien für eine Vermittlung zu gewinnen, um schnell einen Waffenstillstand zu erreichen.

Die Zeitung "Wall Street Journal" fordert die sofortige Freilassung ihres Russland-Korrespondenten Evan Gershkovich. "Evans Fall ist ein Schlag gegen die freie Presse und sollte alle freien Menschen und Regierungen auf der Welt alarmieren", schrieb die Zeitung in einem Statement.

Der 31-Jährige war in Russland vom Inlandsgeheimdienst FSB unter dem Vorwurf der Spionage verhaftet worden. Gershkovich ist US-Bürger und berichtet seit 2017 über Russland. In den vergangenen Monaten deckte der 31-Jährige vor allem russische Politik und den Ukraine-Konflikt ab.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den UN-Sicherheitsrat dafür kritisiert, Russland turnusmäßig die Präsidentschaft des Gremiums übernehmen zu lassen. Die 15 Mitglieder des Weltsicherheitsrats haben jeweils für einen Monat den Vorsitz inne.

Selenskyj sagte, in der ukrainischen Stadt Adijiwka sei am Freitag ein fünf Monate alter Junge bei russischem Artilleriebeschuss getötet worden - "einem von Hunderten Artillerieangriffen" täglich. Dass Russland nun den Vorsitz des Sicherheitsrats übernehme, "beweist den völligen Bankrott solcher Institutionen".