Getreide auf einem Feld in der Region Odessa im Süden der Ukraine.
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Kiew stellt Getreide-Hilfsprogramm vor ++

Stand: 26.11.2022 18:58 Uhr

Die Ukraine hat im Werben um die Unterstützung Afrikas und Asiens im Krieg den Start des internationalen Hilfsprogramms "Getreide aus der Ukraine" angekündigt. In Kiew sind noch 130.000 Menschen ohne Strom. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.


26.11.2022 • 23:04 Uhr

Ende des Liveblogs

Hiermit schließen wir den heutigen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse!

Der neue ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, hat die vom Bundestag geplante Resolution zu der von der Sowjetführung verursachten riesigen Hungersnot - auch Holodomor genannt - in der Ukraine vor 90 Jahren begrüßt. Es gehe um die Anerkennung der Wahrheit, sagte Makeiev dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "Der Wahrheit, die man jahrzehntelang zu vertuschen versuchte. Und der Wahrheit, die nie verjähren kann."

Die Resolution, die am Mittwoch im Bundestag behandelt werden soll, sieht laut Entwurf eine Anerkennung des Holodomor als Völkermord vor. Sie wird gemeinsam von den Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP sowie der CDU/CSU-Fraktion getragen. Der ukrainische Begriff Holodomor bedeutet Tötung durch Hunger und bezieht sich auf die Jahre 1932 und 1933. Damals hatte der sowjetische Machthaber Josef Stalin durch eine Zwangskollektivierung der Landwirtschaft eine große Hungersnot ausgelöst, an der allein in der Ukraine mehrere Millionen Menschen starben.

In den von Besatzern befreiten Teilen der Region Cherson im Süden der Ukraine sind seit dem Rückzug der russischen Truppen mindestens 32 Menschen durch täglichen Artillerie- und Raketenbeschuss getötet worden. Das teilt der Vorsitzende der ukrainischen Polizei, Ihor Klymenko, mit.

Am 11. November hatten russische Soldaten die Stadt Cherson geräumt und sich auf das gegenüberliegende Ufer des Dnipro zurückgezogen. Zwar würden viele Menschen in weniger gefährliche Regionen flüchten, aber viele Anwohner blieben auch in ihren Häusern, sagt Klymenko.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fordert einen niedrigeren Höchstpreis für russisches Öl als es die Gruppe der sieben einflussreichsten westlichen Länder, die sogenannten G7, vorschlagen. Der Preis solle zwischen 30 und 40 Dollar pro Fass gedeckelt werden, erklärt er in einer Pressekonferenz. Denn dann werde Russland die Sanktionen spüren. Die G7 wollen den Preis auf 65 bis 70 Dollar begrenzen.

In ihrem Kampf gegen die russischen Invasoren erhält die Ukraine nach den Worten ihres Außenministers Dmytro Kuleba auch Waffen von bisher unbekannter Seite. "Wir erhalten nicht nur Waffen aus den Lagern unserer engsten Freunde. Sondern diese Freunde arbeiten auch mit Drittländern zusammen, um Ausrüstung von ihnen zu kaufen und an uns zu liefern", sagte er der französischen Zeitung "Le Parisien". Auf die Frage, ob diese Drittländer damit einverstanden seien, sagte er in dem am Freitag veröffentlichten Interview: "Die meisten sagen öffentlich, dass sie es nicht tun, aber es geschieht hinter den Kulissen."

Der prominente russische Außenpolitiker Leonid Sluzki hat Probleme beim russischen Militär eingeräumt. Unter anderem gebe es nicht ausreichend Ärzte zur Versorgung der Soldaten, sagte er bei einem Treffen mit den Müttern von zum Militärdienst eingezogenen Soldaten. Konkret sagte der Vorsitzende im Außenausschuss der russischen Staatsduma und Chef der nationalistischen Partei LDPR: "Es gibt nicht genügend Ärzte in den Militäreinheiten; jeder sagt das. Ich kann nicht sagen, dass es sie überhaupt nicht gibt. Aber sie sind dort praktisch nicht zu sehen."

Die Ziehmutter eines Soldaten, der durch die Teilmobilisierung eingezogen wurde, sagte, sie habe von ihrem Sohn gehört, dass es auch an Ausrüstung mangele. "Es gibt nichts; sie haben Charkiw verlassen, es gab Null, es gab nicht einmal Plastik, um die Schützengräben abzudecken." Sluzki, ein Verfechter des russischen Kurses in der Ukraine, versprach, die Probleme mit dem Verteidigungsministerium zu besprechen. "Wir müssen uns im Klaren sein, dass die ganze Welt uns beobachtet." Wenn Dinge wie Socken oder Ärzte fehlten, führe das zu Fragen, die nur schwer zu beantworten seien.

Hunderte Menschen sind der Nachrichtenagentur AP zufolge nach russischen Angriffen aus der südukrainischen Stadt Cherson geflohen. Reporter konnten dem Bericht zufolge eine mehr als einen Kilometer lange Fahrzeugkolonne am Stadtrand von Cherson sehen. Einige hatten voll bepackte Anhänger dabei, andere schafften neben ihren Habseligkeiten auch ihre Haustiere aus der Stadt. Das zu Anfang des Kriegs von russischen Soldaten besetzte Cherson war erst vor wenigen Wochen von ukrainischen Truppen zurückerobert worden. Doch nach tagelangem russischem Bombardement entschieden sich zahlreiche Bewohner zu gehen und in den Norden oder Westen der Ukraine zu fliehen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält derzeit einen russischen Sieg in der Ukraine für unwahrscheinlich. Angesichts der Unterstützung der angegriffenen Ukraine auch durch Deutschland stelle sich immer mehr heraus, "dass Russland diesen Krieg nicht nur nicht gewinnen darf, sondern auch nicht gewinnen wird", sagte Scholz am Samstag beim Landesparteitag der SPD Brandenburg in Cottbus.

Der Kanzler erneuerte sein Versprechen, die Ukraine solange wie nötig zu unterstützen. "Das tun wir finanziell, humanitär und wir alle wissen: auch mit Waffenlieferungen." Scholz stellte erneut die Bedeutung seines Treffens mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping heraus, bei dem beide vor dem Einsatz von Atomwaffen gewarnt hatten. Auch die G20-Staaten hätten gesagt, Atomwaffen dürften in diesem Krieg nicht eingesetzt werden. Die große Mehrheit der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer hatte kürzlich beim Gipfel in Indonesien trotz großer Meinungsunterschiede den russischen Krieg gegen die Ukraine aufs Schärfste verurteilt.

Die Ukraine will nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mithilfe internationaler Geldgeber Getreide an besonders von Hunger bedrohte Länder exportieren. Mehr als 20 Staaten und die Europäische Union hätten dafür Mittel in Höhe von 150 Millionen Euro zugesagt, erklärte Selenskyj bei einer Konferenz zu seiner Initiative "Getreide aus der Ukraine". Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Mit mindestens 60 Schiffen sollten Länder wie Äthiopien, Sudan, Südsudan, Somalia und Jemen beliefert werden. Das Vorhaben soll das von den Vereinten Nationen ausgehandelte Getreideexport-Abkommen ergänzen.

Bei erneuten russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Industriestadt Dnipro sind mindestens 13 Menschen verletzt worden. "Vier davon sind im Krankenhaus, darunter ein 17-Jähriger", teilte der Militärgouverneur der Region Dnipropetrowsk, Walentyn Resnitschenko, auf seinem Telegram-Kanal mit. Unter den Trümmern der getroffenen Wohnhäuser werden noch weitere Opfer vermutet. Insgesamt sind nach Behördenangaben sieben Wohnhäuser durch den Angriff beschädigt worden. Zudem wurde ein Lager zerstört. Die Rettungskräfte suchen nach einem Lagermitarbeiter, der vermisst wird. Das berichtete die Nachrichtenagentur dpa.

Neben Dnipro traf es auch die Kleinstadt Tschassiw Jar im ostukrainischen Gebiet Donezk. In der unter ukrainischer Kontrolle stehenden Stadt wurde ein Mehrfamilienhaus getroffen, dabei seien drei Menschen verletzt worden, teilte der Militärgouverneur der Region, Pawlo Kyrylenko, mit. Auf der Gegenseite beklagen die von Russland unterstützten Separatisten in Donezk den anhaltenden Beschuss der Großstadt durch ukrainisches Militär. Eine Person sei dadurch getötet und eine weitere verletzt worden, heißt es.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die Regierungschefs von Polen und Litauen haben bei einem Solidaritätstreffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Denis Schmyhal in Kiew erneut ihre Unterstützung für den Kampf der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg bekräftigt. "Dieser Krieg kann nur ein Ergebnis haben: Entweder gewinnt die Ukraine oder ganz Europa verliert", sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki nach Angaben der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Litauens Regierungschefin Ingrida Simonyte schrieb nach dem Treffen auf Twitter: "Unsere Unterstützung für die Ukraine muss und wird weitergehen bis zu ihrem und unserem Sieg."

Anlass des Besuchs war ein Treffen des sogenannten Lublin-Dreiecks zum offiziellen Gedenken an die verheerende Hungersnot Holodomor vor 90 Jahren. Das Lublin-Dreieck ist ein 2020 in der polnischen Stadt Lublin unterzeichnetes informelles politisches Bündnis der drei Staaten, um die West-Annäherung der Ukraine zu fördern. Die drei Regierungschefs unterzeichneten in Kiew eine Vereinbarung, die diese Zusammenarbeit weiter vertiefen soll. Schmyhal hob nach Angaben von PAP hervor, eine der wichtigsten Aufgaben der internationalen Unterstützung für die Ukraine sei es, die Kriegsverbrechen Russlands in der Ukraine zu untersuchen und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt bei dem Zeitplan für das Einfuhrverbot für russisches Pipeline-Öl zum Jahreswechsel als Reaktion auf den Krieg gegen die Ukraine. "Wir bereiten uns die ganze Zeit darauf vor, dass es eine Zukunft gibt, auch wenn es keine Ölversorgung aus den russischen Pipelines für Schwedt (Brandenburg) mehr gibt und auch für Leuna (Sachsen-Anhalt)", sagte Scholz beim Landesparteitag der SPD Brandenburg. "Wir haben ja ins Auge gefasst, dass das zum Jahreswechsel auch möglich sein soll."

Dabei sieht der Kanzler die Vorbereitungen für alternatives Öl über die Häfen Rostock und Danzig in Polen auf einem guten Weg. "Wir sind intensiv da dran, die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass es mehr Möglichkeiten der Öllieferungen über Rostock gibt, aber gleichzeitig auch aus Polen", erklärte Scholz.

Ab 1. Januar 2023 soll wegen des Ukraine-Kriegs kein russisches Öl mehr auch aus Pipelines fließen. Das betrifft vor allem die Raffinerie PCK in Schwedt, die seit Jahrzehnten über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl beliefert wird. Die Bundesregierung hatte im September die Mehrheitseigner der Raffinerie, zwei Rosneft-Töchter, unter staatliche Kontrolle gebracht

Russland und die Ukraine haben bereits zum dritten Mal innerhalb einer Woche Kriegsgefangene ausgetauscht. "Uns ist es gelungen, zwölf unserer Leute zu befreien", teilte der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, auf seinem Telegram-Kanal mit. Nach Angaben aus Kiew handelt es sich dabei um neun Soldaten und drei Zivilisten, die als vermisst gemeldet worden waren. Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte den Austausch von neun eigenen Soldaten.

26.11.2022 • 14:52 Uhr

Klitschko ruft zu Zusammenhalt auf

Der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat nach Kritik von Präsident Selenskyj vor politischem Streit gewarnt. "Der Schlüssel des Erfolgs der Ukraine nach dem Angriff Russlands auf unser Land ist der Zusammenhalt, sowohl national als auch international", sagte er der "Bild am Sonntag". "Wir müssen weiter gemeinsam dafür sorgen, das Land zu verteidigen und die Infrastruktur zu schützen."

Selenskyj hatte am Freitag Kritik an Klitschko geäußert. Er bemängelte, dass die Wiederherstellung der Stromversorgung gerade in der Hauptstadt nach russischen Angriffen nur langsam vorangehe. Klitschko versicherte nun, dass in "Rekordtempo" an einer Lösung gearbeitet werde. "Die Stadt hat wieder Wasser und 95 Prozent Heizung, jetzt arbeiten wir vor allem daran, dass der Strom überall zurückkommt." Klitschko ist seit 2014 Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat angekündigt, die Unterstützung für ukrainische Getreideexporte zu erhöhen. Deutschland werde in Abstimmung mit dem Welternährungsprogramm zusätzliche zehn Millionen Euro für weitere Getreidelieferungen aus der Ukraine bereitstellen, sagte der SPD-Politiker in einer Videobotschaft. Ein von der Bundesrepublik gesponsertes Schiff des Welternährungsprogramms sei derzeit auf dem Weg, um ukrainisches Getreide nach Äthiopien zu bringen. Die Videobotschaft wurde anlässlich der neuen Initiative "Getreide aus der Ukraine" veröffentlicht.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte den Bundeskanzler zu der Eröffnungszeremonie der Initiative in Kiew eingeladen, wie eine deutsche Regierungssprecherin erklärte. Thema sei die globale Ernährungssicherheit. Die Initiative habe das Ziel, ukrainische Getreidespenden über den Schwarzmeerkorridor an Entwicklungsländer auf den Weg zu bringen.

Die Justizminister der sieben größten Industrienationen (G7) wollen sich für die Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine einsetzen. "Wir werden vor allem über die entsetzlichen Kriegsverbrechen sprechen, die auf dem Gebiet der Ukraine verübt werden und die wir verfolgen und bestrafen wollen", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) in einem auf Twitter veröffentlichten Video mit Blick auf das G7-Treffen der Justizminister am Montag und Dienstag in Berlin. Dazu werde man eine effizientere Koordination der Ermittlungen verabreden. "Das Völkerstrafrecht fußt auf einem kraftvollen Versprechen, nämlich Kriegsverbrechen dürfen nicht straflos bleiben, egal wo sie begangen werden, egal wer sie verübt. Dieses Versprechen zu halten, ist unsere Pflicht", sagte Buschmann.

Die Ukraine hat im Werben um die Unterstützung der Länder Afrikas und Asiens im Krieg den Start des internationalen Hilfsprogramms "Getreide aus der Ukraine" angekündigt. "Die Ukraine war und bleibt ein Garant für die Welternährungssicherheit, und selbst unter solch harten Kriegsbedingungen arbeitet die ukrainische Führung für die globale Stabilität", sagte Präsident Selenskyj. Das Programm sieht Nahrungsmittellieferungen an die ärmsten Länder vor. Selenskyj geht es um bis zu 60 Schiffe, die bis Mitte nächsten Jahres aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen um Odessa in solche Armenhäuser wie Sudan, Jemen oder Somalia entsandt werden sollen.

Die Stadt Cherson im Süden der Ukraine hat wieder Strom. Zunächst solle die kritische Infrastruktur wieder versorgt werden und unmittelbar danach die Haushalte, schreibt Präsidialberater Kyrylo Tymoschenko auf Telegram. Seit der Rückeroberung durch ukrainische Truppen am 11. November war die Stadt von der Strom- und Wasserversorgung abgeschnitten, Heizung gab es ebenfalls nicht.

Inmitten des seit mehr als neun Monaten dauernden russischen Angriffskriegs hat die Ukraine der verheerenden Hungersnot Holodomor vor 90 Jahren gedacht. "Einst wollten sie uns durch Hunger zerstören, nun durch Dunkelheit und Kälte", schrieb Präsident Wolodymyr Selenskyj in seinem Telegram-Kanal mit Blick auf Russlands Angriffe auf die Energie-Infrastruktur seines Landes.

Ebenso wenig wie damals ließen sich die Ukrainer heute von den Russen brechen, betonte Selenskyj. "Wir werden den Tod erneut besiegen." Der Chef des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, schrieb: "Die Russen werden für alle Opfer des Holodomor bezahlen und für die heutigen Verbrechen zur Verantwortung gezogen werden."

Die ukrainisch-orthodoxe Kirche ist ins Visier der Spionageabwehr geraten. Bei einer Razzia am Mittwoch beschlagnahmte der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU prorussisches Propagandamaterial und Bargeld in Millionenhöhe. In Zusammenarbeit mit der Polizei und der Nationalgarde habe er am Dienstag rund 350 Kirchengebäude und 850 Personen kontrolliert.

Die ältere der beiden orthodoxen Kirchen der Ukraine hatte sich im Frühjahr als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg für unabhängig erklärt. Damit distanzierte sie sich vom Moskauer Patriarchen Kyrill I., der sich immer wieder ausdrücklich an die Seite von Kremlchef Wladimir Putin stellt. Doch bestehen offenbar Zweifel an der Haltung der Kirche, wie die Aktion des Geheimdienstes vermuten lassen.

Nach schweren russischen Angriffen sind in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Zehntausende Bewohner weiterhin ohne Strom. Am Vormittag seien noch 130.000 Menschen der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole betroffen gewesen, teilte die städtische Militärverwaltung mit.

Die Reparaturen sollen innerhalb von 24 Stunden abgeschlossen werden. Dann sollen auch alle Heizungen wieder funktionieren. Die Wasserversorgung hingegen sei bereits wiederhergestellt, hieß es. Lediglich in den obersten Etagen von Hochhäusern könne es noch Probleme mit niedrigem Wasserdruck geben.

Mit Dutzenden Raketen und Marschflugkörpern hatte Russland am Mittwoch gezielt die Energie-Infrastruktur der Ukraine beschossen und schwere Schäden angerichtet. Auch in vielen anderen Landesteilen fielen Strom, Wasser und Wärmeversorgung aus. Angesichts des beginnenden Winters ist die Lage vielerorts dramatisch.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine weitere Unterstützung Deutschlands zugesichert, um eine globale Hungersnot abzuwenden. Scholz erklärte in einem Videostatement, Deutschland werde in Abstimmung mit dem Welternährungsprogramm weitere zehn Millionen Euro für Getreidelieferungen aus der Ukraine bereitstellen. Ein von Deutschland gesponsertes Schiff des Welternährungsprogramms sei derzeit auf dem Weg, um ukrainisches Getreide nach Äthiopien zu liefern. Scholz sprach aus Anlass einer Initiative "Getreide aus der Ukraine".

An den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gerichtet sagte der Kanzler: "Heute gedenken wir des Holodomor". Diese vom damaligen Sowjetdiktator Josef Stalin gezielt herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine fielen 1932 und 1933 bis zu vier Millionen Ukrainer zum Opfer. "Heute sind wir uns einig, dass Hunger nie wieder als Waffe eingesetzt werden darf", sagte Scholz laut Mitteilung. "Deshalb können wir nicht hinnehmen, was wir gerade erleben: Die schlimmste globale Ernährungskrise seit Jahren mit verheerenden Folgen für Millionen von Menschen - von Afghanistan bis Madagaskar, von der Sahelzone bis zum Horn von Afrika."

Russland habe diese Situation verschärft, indem es die landwirtschaftliche Infrastruktur in der Ukraine ins Visier genommen und die Häfen am Schwarzen Meer monatelang blockiert habe. Diese "zynische Kriegsführung Russlands" werde nicht akzeptiert, sagte der Kanzler. Die Ukraine ist ein wichtiger Lieferant für die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln. Scholz sagte, Deutschland begrüße die erfolgreichen Bemühungen der Vereinten Nationen zur Ausweitung der sogenannten Schwarzmeergetreideinitiative. Die Welt beobachte sehr genau, ob Russland seinen Verpflichtungen nachkomme.

Russland entfernt Großbritannien zufolge wahrscheinlich Atomsprengköpfe von alternden Marschflugkörpern und feuert Waffen ohne Munition ab. Das berichtet das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf seinen täglichen Geheimdienstbericht. "Unabhängig von den Gründen zeigt diese Improvisation in welchem Maß Russlands Kontingent an Langstreckenraketen abgebaut wurde."

Auf Bildern seien die Überreste von Marschflugkörpern zu sehen, die in den 1980er-Jahren als Träger für Atomsprengköpfe entwickelt wurden. Die fehlenden Sprengköpfe dürften mit Ballast aufgefüllt worden sein. Durch die Bewegungsenergie und nicht verbrauchten Antriebsstoffen würde immer noch Schaden angerichtet.

Die über Europa verteilten Flüchtlinge aus der Ukraine werden nach Meinung der EU-Kommissionsvizepräsidenten Dubravka Suica auch nach Kriegsende nicht sofort in ihre Heimat zurückkehren. "Ihre Schulen sind zerstört, ihre Häuser sind zerstört, ihre Arbeitsplätze sind verloren", sagte Suica dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gastgeber wie etwa Deutschland oder Polen müssten sich nach ihrer Einschätzung auf einen jahrelangen Verbleib von Flüchtlingen aus der Ukraine auch nach Ende des Kriegs einstellen. "Ich denke, dass wir darauf vorbereitet sein müssen."

Ein zentrales Problem sei, dass diese Familien denken, sie könnten am Tag nach dem Krieg nach Hause gehen. "Aber sie werden dann noch nicht Hause gehen", sagte Suica, Vizepräsidentin der EU-Kommission für Demokratie und Demografie. "Ich muss das so offen sagen, ich habe selbst den Krieg in Kroatien im ehemaligen Jugoslawien erlebt."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Arbeit der Kiewer Stadtverwaltung bei der Schadensbehebung nach den massiven russischen Angriffen auf die Energieversorgung kritisiert. "Heute Abend sind 600.000 Abonnenten in der Stadt abgeschaltet", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. "Viele Kiewer Bürger waren mehr als 20 oder sogar 30 Stunden ohne Strom." Er erwarte vom Büro des Bürgermeisters Qualitätsarbeit.

Der Präsident nannte Stadtoberhaupt Vitali Klitschko nicht beim Namen. Er ärgerte sich vor allem darüber, dass es in der drei Millionen Einwohner zählenden Hauptstadt weniger Wärmestuben gebe als nötig. Klitschko hatte morgens berichtet, 400 dieser Anlaufstellen seien eingerichtet worden. Bei Stromausfällen von mehr als einem Tag sollen sich die Bürger dort aufwärmen können; es soll Strom, Wasser, Erste Hilfe und Internet geben.

In der ganzen Ukraine sind zwei Tage nach den massiven russischen Angriffen auf Energieanlagen weiterhin mehr als sechs Millionen Haushalte ohne Strom, so Selenskyj.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 26. November 2022 um 10:00 Uhr.