Krieg gegen die Ukraine ++ EU plant weitere Sanktionen gegen Russland ++
Am Mittwoch will die EU neue Maßnahmen gegen Russland vorstellen - es ist das zwölfte Sanktionspaket. Russische Nachrichtenagenturen haben Meldungen über einen angeblichen Rückzug zurückgezogen. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.
- Ukraine meldet drei Tote in Cherson
- Russland löscht Meldungen über Rückzug
- Baerbock verspricht Ukraine mehr Unterstützung
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Selenskyj: Ukraine will alle Vorgaben der EU erfüllen
Die Ukraine will nach Worten von Präsident Wolodymyr Selenskyj alle Vorgaben der EU-Kommission für Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union erfüllen. Das sagte Selenskyj in seiner Videoansprache, nachdem er mit seiner Führung in Kiew über den erhofften Beitritt gesprochen hatte. "Wir arbeiten daran, eine bedingungslose Entscheidung über die Aufnahme von Verhandlungen zu erreichen", so Selenskyj. Für die Ukraine sei es entscheidend, alle Vorgaben der Europäischen Kommission als Voraussetzung für Beitrittsverhandlungen zu erfüllen.
Nachdem die von Russland angegriffene Ukraine 2022 den Status als Beitrittskandidat erhalten hatte, empfahl Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vergangene Woche, Verhandlungen zu beginnen. Sie sah das Land auf gutem Weg, insgesamt sieben Vorgaben zu erfüllen, darunter zur Bekämpfung der Korruption. Die Ukraine hofft, dass ein Gipfel der Staats- und Regierungschefs Mitte Dezember den Weg für Beitrittsgespräche freimacht.
Ukrainische Winteraussaat deutlich zurückgegangen
Wegen des russischen Angriffskrieges ist die Fläche für die Winteraussaat in der Ukraine nach Branchenangaben stark geschrumpft. Bei Winterweizen sei die Fläche mit 3,8 Millionen Hektar nur halb so groß wie vor dem Krieg. Das sagte Denys Martschuk, Vize-Vorsitzender des ukrainischen Agrarverbandes UAC, in Kiew.
Der Rückgang liege zum einen daran, dass viel Ackerland in dem wichtigen Agrarland wegen der Kämpfe nicht nutzbar sei. Zum anderen hätten die Bauern für ihre Sommerernte nicht genug erlöst, um Saatgut zu kaufen, sagte Martschuk. So sei im kommenden Frühjahr und Sommer eine geringere Ernte zu erwarten. Die Lebensmittelversorgung in der Ukraine sei nicht gefährdet. Allerdings werde es weniger Getreide für den Export geben.
Weiteres EU-Sanktionspaket kommt
Die Europäische Union will das zwölfte Sanktionspaket gegen Russland seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine vorantreiben. Am Mittwoch wolle die EU-Kommission die Maßnahmen offiziell vorstellen, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell der Nachrichtenagentur AFP zufolge nach einem Außenministertreffen in Brüssel. Das Paket umfasse unter anderem "neue Exportverbote unter anderem für Diamanten sowie Schritte, um den Ölpreisdeckel zu verschärfen", sagte Borrell.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte daneben Einreise- und Vermögenssperren für rund hundert weitere Verantwortliche angekündigt. Geplant sind zudem "strenge Maßnahmen gegen Unternehmen aus Drittländern, die die Sanktionen umgehen", wie sie Anfang November bei einem Kiew-Besuch sagte. Die Mitgliedsländer können die neuen Sanktionen nur einstimmig verabschieden.
Michel regt weitere EU-Hilfen an
EU-Ratspräsident Charles Michel hat deutsche Überlegungen zur deutlichen Aufstockung der Militärhilfe für die Ukraine als Vorbild für andere EU-Staaten gelobt. "Ja, ich denke schon", sagte Michel in Berlin bei einer Veranstaltung der "Süddeutschen Zeitung" auf die Frage, ob andere Staaten folgen sollten. Er forderte die EU-Mitgliedsländer insgesamt auf, mehr für die Ukraine zu tun.
"Insgesamt haben wir bereits 82 Milliarden Euro für die Ukraine mobilisiert. Das ist mehr als die Vereinigten Staaten", fügte er hinzu. Michel sollte am Abend im Kanzleramt Kanzler Olaf Scholz sowie die Staats- und Ministerpräsidenten von Griechenland, Belgien, Österreich, Ungarn, Litauen und Zypern zu einer Debatte über die Entwicklung der EU treffen. Um diese Themen durchzusprechen, hatte der Ratspräsident mehrere solcher informeller Runden anberaumt.
Bericht: Nawalny-Verbündete Fadejewa inhaftiert
In Russland ist eine Verbündete des Oppositionspolitikers Alexej Nawalny inhaftiert worden. Ein Gericht in der Stadt Tomsk ordnete am Montag an, die 31-jährige Ksenia Fadejewa, die wegen "Extremismus"-Vorwürfen vor Gericht steht und bisher unter Hausarrest stand, in Haft zu nehmen, wie Nawalnys Organisation im Onlinedienst Telegram mitteilte.
Fadejewa ist eine Kommunalpolitikerin aus Tomsk. Sie leitete Nawalnys Team in der sibirischen Stadt, in welcher der Kreml-Kritiker im August 2020 bei einem Besuch vergiftet worden war. Seit dem Beginn der Offensive in der Ukraine im Februar 2022 haben die russischen Behörden ihr Vorgehen gegen die Opposition weiter verschärft.
Ukraine meldet drei Tote in Cherson
Durch russischen Beschuss sind in Cherson nach ukrainischen Angaben drei Menschen getötet und mindestens zwölf verletzt worden. Zwei Menschen seien bei Treffern im Zentrum der Stadt im Süden der Ukraine ums Leben gekommen, teilte Gouverneur Oleksandr Prokudin mit. "Acht Fahrzeuge, darunter ein Krankenwagen, ein Verwaltungsgebäude, ein Krankenhaus und mindestens 15 Wohnhäuser wurden zerstört oder beschädigt." In einem Vorort sei ein Wagen getroffen worden. Ein Mensch sei dabei getötet, ein zwei Monate alter Säugling - ebenso wie seine Mutter - verletzt worden.
EU-Verteidigungsminister beraten Programme
Die Verteidigungsminister der Europäischen Union befassen sich morgen in Brüssel mit der Lage in der Ukraine. Auf dem Programm steht zunächst ein Termin mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Bei dem Ministerrat geht es um die Forderung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, den gemeinsamen Militärhilfe-Fonds für die Ukraine um 20 Milliarden Euro zu erhöhen.
Ins Stocken geraten sind EU-Pläne, der Ukraine im russischen Angriffskrieg eine Million Artilleriegeschosse zur Verfügung zu stellen. Davon ist nach Angaben eines EU-Beamten, auf die sich die Nachrichtenagentur AFP bezieht, noch nicht einmal ein Drittel erreicht. Weiteres Thema ist die EU-Trainingsmission für ukrainische Soldaten (EUMAM), in deren Rahmen 40.000 Soldaten ausgebildet werden sollen - 10.000 mehr als zuvor geplant.
Hebestreit hebt Rolle der Türkei hervor
Die Bundesregierung hat den bevorstehenden Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gegen Kritik verteidigt. "Wir haben immer wieder schwierige Partner, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Bei allen Differenzen mit der türkischen Regierung gehe es nun aber darum, bei Themen von gemeinsamem Interesse "weiterzukommen", so der Sprecher.
Als Beispiele nannte Hebestreit etwa den Krieg gegen die Ukraine, wo die Türkei als Vermittlerin des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides durch das Schwarze Meer gewirkt hatte.
SPD-Leitantrag auch zu Russland
Mit einem außenpolitischen Leitantrag will die SPD auf ihrem Parteitag im Dezember - als Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine - eine Kehrtwende in ihrer Russland-Politik festschreiben. Im Wahlprogramm der SPD von 2021 stand noch: "Frieden in Europa kann es nicht gegen, sondern nur mit Russland geben." Nun heißt es: "Solange sich in Russland nichts fundamental ändert, wird die Sicherheit Europas vor Russland organisiert werden müssen." Der Ansatz "Wandel durch Handel" gegenüber autokratischen Staaten wie Russland, der jahrelang als Richtschnur gegolten hatte, wird als Fehler benannt.
F-16-Ausbildung in Rumänien beginnt
In Rumänien beginnt die Ausbildung von ukrainischen Piloten an Kampfjets des Typs F-16. Rumäniens Verteidigungsminister Angel Tilvar und seine niederländische Amtskollegin Kajsa Ollongren haben in der Luftwaffenbasis Borcea bei Fetesti, 150 Kilometer östlich von Bukarest, dafür das Trainingszentrum EFTC eröffnet. Die Niederlande stellen für das Programm, an dem auch rumänische Piloten teilnehmen, zwölf bis 18 Kampfjets zur Verfügung. Der F-16-Hersteller Lockheed schickt Ausbilder und Wartungspersonal.
Wann die Ukraine die Kampfflugzeuge auch im Kriegsgebiet einsetzen kann, ist unklar. Geschätzt wird, dass das Training der Piloten mindestens sechs Monate dauern wird.
Rumänien selbst besitzt derzeit 17 gebrauchte F-16-Kampfjets, die das Land aus Portugal gekauft hatte. Diese sollen modernisiert werden. Ferner kaufte Rumänien 32 gebrauchte F-16-Jets aus Norwegen, von denen die ersten acht nach Schätzung des Verteidigungsministers Tilvar noch in diesem Jahr geliefert werden sollen.
Auf dem Militärflugplatz Borcea steht auch dieser F-16-Kampfjet der niederländischen Luftwaffe.
Russland löscht Meldungen über Rückzug
Zwei staatliche russische Nachrichtenagenturen haben kurzzeitig über einen angeblichen Rückzug der eigenen Armee im südukrainischen Gebiet Cherson berichtet - die Meldung allerdings wenig später wieder zurückgezogen. "Die Leitung der Gruppierung 'Dnepr' hat eine Umgruppierung der Streitkräfte auf günstigere Positionen im Osten des (Flusses) Dnipro beschlossen", hieß es bei der Nachrichtenagentur Tass. Eine zweite, Ria Nowosti, verbreitete einen ähnlichen Text. Einige Minuten später teilten beide mit, die Meldungen seien "annulliert" worden.
Das Portal RBK zitierte wenig später zudem das russische Verteidigungsministerium mit den Worten, es handele sich um das "Versenden einer Falschnachricht" und um eine "Provokation". Was genau hinter dem Vorfall steckte, war zunächst unklar. Das Militär selbst verbreitete keine entsprechende Mitteilung. Journalisten des Portals Meduza wiesen darauf hin, dass staatliche russische Medien Ministeriumsmitteilungen oft noch vor deren offizieller Veröffentlichung erhielten.
Mit "Umgruppierungen" hatte das russische Militär in der Vergangenheit eigene Niederlagen und Rückzüge umschrieben - etwa im Herbst 2022 in der ostukrainischen Region Charkiw.
Baerbock verspricht Ukraine mehr Unterstützung
Außenministerin Annalena Baerbock hat eine deutliche Ausweitung der Unterstützung der Ukraine angekündigt. "So stark die aktuelle Krisendiplomatie mit Blick auf den Nahen und Mittleren Osten ist, so wichtig ist es auch, uns den geopolitischen Herausforderungen hier vor Ort zu stellen", sagte die Grünen-Politikerin bei einem Außenministertreffen in Brüssel. "Unsere Unterstützung wird gerade auch für das nächste Jahr massiv weiter ausgebaut werden."
Details zu den Planungen für das kommende Jahr nannte Baerbock nicht. Mit Blick auf die nächsten Wochen und Monate verwies sie auf den sogenannten Winterschutzschirm, der unter anderem die Lieferung eines weiteren Flugabwehrsystems des Typs "Patriot" und von Stromgeneratoren vorsieht. Damit soll verhindert werden, dass russische Angriffe dazu führen, dass Ukrainerinnen und Ukrainer im Winter frieren müssen.
Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios soll die deutsche Militärhilfe für die Ukraine auf acht Milliarden Euro im kommenden Jahr steigen.
Der Liveblog vom Sonntag zum Nachlesen
Russische Truppen greifen vermehrt Frontstädte in der Ostukraine an. Fast fünf Millionen Menschen sind wegen der russischen Attacken innerhalb der Ukraine geflüchtet.