Ein junges Paar spaziert durch das Stadtzentrum, das nach einem russischen Raketenangriff ohne Strom ist.
Liveblog

Krieg gegen die Ukraine ++ Kiew kämpft weiter mit Stromabschaltungen ++

Stand: 28.11.2022 23:20 Uhr

Die ukrainische Hauptstadt Kiew hat weiterhin mit Notabschaltungen des Stroms zu kämpfen. Die Regierung warnt davor, dass Russland eine neue Angriffswelle auf die Energie-Infrastruktur vorbereitet. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.

28.11.2022 • 23:20 Uhr

Ende des Liveblogs

Für heute beenden wir den Liveblog zum Krieg gegen die Ukraine. Vielen Dank für Ihr Interesse.

Die Justizminister der G7-Gruppe beraten am Dienstag über die wirksame Verfolgung von Kriegsverbrechern im Ukraine-Konflikt. Ziel sei es, Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen, erklärte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) vor dem Treffen in Berlin. Deutschland hat in diesem Jahr den Vorsitz der Gruppe sieben führender Industriestaaten (G7) inne.

Mitte November hatten bereits die G7-Innenminister Russland "grausamste Verbrechen" vorgeworfen und über ein gemeinsames Vorgehen bei der Strafverfolgung beraten. Neben den G7-Ministern werden auch EU-Justizkommissar Didier Reynders, der ukrainische Justizminister Denys Maljuska, der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin sowie der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Karim A. A. Chan, an dem Treffen am Dienstag teilnehmen. Zur G7-Gruppe gehören neben Deutschland auch Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA.

Die ukrainische First Lady Olena Selenska hat Großbritannien besucht. Die Frau von Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte bei einer internationalen Konferenz gegen sexuelle Gewalt in London, dass russische Soldaten für die Vergewaltigung ukrainischer Frauen während des russischen Kriegs in der Ukraine zur Verantwortung gezogen werden müssten. Sexuelle Gewalt werde "systematisch und offen" im Krieg angewandt.

Telefonaufzeichnungen hätten ergeben, dass russische Soldaten mit Verwandten in Russland offen über Vergewaltigung gesprochen hätten. "Sexuelle Gewalt ist die grausamste, animalischste Art und Weise, um Dominanz über jemanden zu beweisen", sagte Selenska. "Und für Opfer dieser Art von Gewalt ist es schwer, zu Kriegszeiten auszusagen, weil sich keiner sicher fühlt."

Auch bei Kälte, Schneeregen und Regen dauern die schweren Kämpfe im Donbass im Osten der Ukraine an. Dabei wehrten die ukrainischen Streitkräfte täglich Dutzende von Angriffsversuchen russischer Soldaten ab, sagte Serhij Tscherewatyj, Sprecher der Ostgruppe der ukrainischen Armee.

Im Mittelpunkt der schwersten Kämpfe seien die Gebiete um Bachmut und Awdijiwka. Dabei setzten die russischen Streitkräfte neben Rohrartillerie auch Raketenwerfer, Minenwerfer und Panzer ein, mit Unterstützung ihrer Kampfflugzeuge. Im Schnitt führe die russische Armee dort rund 200 Artillerieschläge täglich. «Aber trotz dieser Bemühungen schafft es der Feind schon seit Monaten nicht, unsere Verteidigung zu durchbrechen», sagte Tscherewatyj.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg geht von neuen Gesprächen über die Lieferung zusätzlicher Flugabwehrsysteme an die Ukraine aus. Er erwarte, dass von dem Treffen der Außenminister in Bukarest die Botschaft ausgehe, dass man bei der Bereitstellung von Luftverteidigungssystemen noch mehr tun müsse, sagte der Norweger am Rande eines Termins mit dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis. Dies gelte auch für die Lieferung von Ersatzteilen und von Munition sowie für die Ausbildung von Soldaten.

Die NATO rechnet laut ihrem Chef Jens Stoltenberg nicht damit, dass Russland seine derzeitige Kriegstaktik der Angriffe auf die zivile Energieinfrastruktur der Ukraine ändern wird. Damit versuche Präsident Wladimir Putin den Winter als Waffe gegen die Ukraine zu nutzen, sagte Stoltenberg zu Journalisten in Bukarest vor einem zweitägigen Treffen der Außenminister des Militärbündnisses. Man müsse sich auf weitere Attacken der russischen Streitkräfte einstellen.

Für diese Woche geplante Gespräche Russlands und der USA über weitere Abrüstungsschritte sind abgesagt worden. Das teilen das Außenministerium in Moskau und die US-Botschaft dort mit. Sie würden nun zu einem "späteren Zeitpunkt" geführt, erklärte das Ministerium. Gründe wurden nicht genannt. Ursprünglich sollten beide Seiten vom 29. November bis zum 6. Dezember in Kairo unter anderem über den Start-Vertrag zur nuklearen Abrüstung beraten. Die Gespräche liegen seit Beginn der Coronavirus-Pandemie im März 2020 auf Eis.

28.11.2022 • 15:39 Uhr

Weiter Stromabschaltungen in Kiew

Fünf Tage nach massiven russischen Raketenangriffen hat die ukrainische Hauptstadt Kiew weiter mit unangekündigten Notabschaltungen bei der Stromversorgung zu kämpfen. 55 Prozent der Haushalte seien davon betroffen, teilte die Militärverwaltung der Dreimillionenstadt über Telegram mit. Die Notabschaltungen sollten dabei nicht länger als fünf Stunden dauern.

Vorher hatte der örtliche Versorger angekündigt, jedem Kunden zumindest vier Stunden Strom täglich zu ermöglichen. Die Reparaturen der Schäden dauern an. Bürgermeister Vitali Klitschko erklärte, die Probleme mit der Stromversorgung würden noch bis zum Frühling anhalten. In Kiew gibt es seit dem Beginn massiver russischer Raketenangriffe auf die Energieinfrastruktur Mitte Oktober in vielen Stadtteilen nur noch stundenweise Strom.

In mehreren russischen Städten sind vor dem Hintergrund des von Moskau begonnenen Angriffskriegs in der Ukraine Medienberichten zufolge Wegweiser zu Bombenschutzkellern aufgehängt worden. "In Rostow am Don wurde solch ein Wegweiser im Stadtzentrum aufgestellt", berichtete das Internetportal Mediazona. Vor allem Regionen nahe der ukrainischen Grenze sind von dieser behördlichen Maßnahme betroffen. Berichte gibt es auch aus den Städten Kursk, Belgorod und Brjansk.

Sieben Außenminister der nordischen und baltischen Staaten sind gemeinsam in die von Russland angegriffene Ukraine gereist. "Wir, die Außenminister von Estland, Finnland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen und Schweden, sind heute in Kiew in voller Solidarität mit der Ukraine. Trotz Russlands Bombenhagel und barbarischer Brutalität wird die Ukraine gewinnen", erklärten mehrere Chefdiplomaten der sieben Staaten im Nordosten Europas wortgleich über Twitter. Dazu stellten sie ein Gruppenbild am Bahnsteig vor einem Zug. 

Nach Angaben von Estlands Außenminister Urmas Reinsalu soll mit dem Besuch ein Zeichen der Solidarität gesendet werden. "Wir werden die Ukraine weiterhin militärisch, wirtschaftlich und politisch unterstützen", sagte er. Die nordischen und baltischen Staaten arbeiten in vielen Bereichen eng zusammen und stimmen sich regelmäßig in bestimmten Politikfeldern ab. 

Moskau hat das Angebot des Vatikan und weiterer Länder begrüßt, zur Lösung des Ukraine-Konflikts beizutragen. "Aber Kiew braucht keine Verhandlungsplattformen", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut Bericht der Nachrichtenagentur Tass. Russland betrachtet die Ukraine nicht als Staat mit eigener Existenzberechtigung. Eine Reihe ausländischer Persönlichkeiten und Regierungen hätten ihre Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, eine Plattform für Gespräche zu bieten. "Zweifellos begrüßen wir einen solchen politischen Willen", so der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. "Aber in der aktuellen De-facto- und De-jure-Situation kann die Ukraine solche Plattformen nicht akzeptieren", betonte Peskow.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat den Ukrainern weitere Unterstützung in den kalten Wintermonaten zugesagt. Der russische Präsident Wladimir Putin versuche weiter, "die Ukraine zu einem schwarzen Loch zu machen - kein Licht, kein Strom, keine Heizung, um die Ukrainer der Dunkelheit und der Kälte auszusetzen", sagte Borrell vor einem Treffen mit Vertretern der EU-Staaten in Brüssel. Borrell sagte, bei dem Ministertreffen wolle man den Krieg in der Ukraine vor allem aus Sicht einer humanitären Krise betrachten.

Der ukrainische Energieversorger Ukrenerho teilte mit, dass nach den russischen Angriffen von vergangener Woche nach wie vor 27 Prozent der Stromversorgung nicht wieder hergestellt seien. Die Reparaturmannschaften seien rund um die Uhr im Einsatz, die Schäden seien aber groß und komplex. In der besonders schwer beschossenen Stadt Cherson im Süden der Ukraine war die Stromversorgung nur zu 17 Prozent wiederhergestellt.

28.11.2022 • 13:13 Uhr

Papst: Putin wollte kein Treffen

Laut Papst Franziskus wollte sich Russlands Präsident Wladimir Putin offenbar nicht mit ihm in Moskau treffen. Im Interview mit dem "America Magazine" der US-Jesuiten erzählte das Kirchenoberhaupt von seinem Besuch in der russischen Vatikan-Botschaft kurz nach Beginn des Kriegs im Februar. Damals habe er Kreml-Chef Putin ausrichten lassen, dass er, Franziskus, zu einer Reise bereit sei. Die Bedingung des Papstes sei "ein winziges Zeitfenster für Verhandlungen" gewesen.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow habe ihm dann "in einem sehr netten Brief" geantwortet, "dem ich entnahm, dass dies vorläufig nicht nötig sei", berichtete Franziskus. Er habe sich entschieden: "Wenn ich reise, fahre ich nach Moskau und nach Kiew, an beide Orte, nicht nur an einen."

Die Ukraine hat davor gewarnt, dass Russland eine neue Angriffswelle auf die Energie-Infrastruktur des Landes vorbereite. Nach Angaben einer Armeesprecherin wurde kürzlich ein russisches Kriegsschiff mit Raketen an Bord ins Schwarze Meer verlegt. "Dies deutet darauf hin, dass Vorbereitungen im Gange sind", erklärte die Sprecherin. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Beginn der Woche von einem solchen Angriff geprägt sein wird."

In der Ukraine hat der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko im Konflikt mit Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut zur Einheit aufgerufen. "Wenn der Krieg vorbei ist, dann kann man Innenpolitik spielen", sagte der 51-Jährige in einem Interview mit der Nachrichtenagentur RBK-Ukraine. Die Einigkeit aller sei jedoch für den ukrainischen Sieg nötig. Vergangene Woche hatte Selenskyj die Kiewer Stadtverwaltung wegen angeblich nicht funktionierender Aufwärmpunkte kritisiert. Klitschko wurde dabei nicht namentlich genannt.

In der Ukraine sind offenbar zwei katholische Ordensleute von russischen Besatzungstruppen verschleppt und inhaftiert worden. Den beiden Redemptoristen-Patres würden "subversive Aktivitäten" vorgeworfen, zitiert das Portal Vatican News aus einer Mitteilung des griechisch-katholischen Exarchates Donezk. Sie sollen Waffen, Munition sowie Bücher über die Geschichte der Ukraine besessen haben. Die Festsetzung durch die russische Besatzungsverwaltung erfolgte demnach in Berdjansk westlich von Mariupol. Bei den beiden Ordensleuten handele sich um Ivan Levystky und Bohdan Geleta, Pfarrer bzw. Kaplan der örtlichen Pfarrei Mariä Geburt.

Das Exarchat (Bistum) wies die Anschuldigungen gegen die beiden Geistlichen zurück. Sie hätten ihren Dienst mehr als drei Jahre lang "absolut legal" ausgeübt und dem Volk beigestanden. Die "Geschichte" von unterirdisch versteckten Waffen sei ein erfundener Vorwand, so Weihbischof Maksim Ryabukha.

Entgegen vorheriger Drohungen wird der russische Staatskonzern Gazprom seine Gaslieferungen an die Republik Moldau vorerst eigenen Angaben zufolge nicht weiter kürzen. Das moldauische Energieunternehmen Moldovagaz habe Zahlungsrückstände beseitigt - darunter auch für größere Gasmengen, die nach Moskauer Darstellung zu Unrecht im Transitland Ukraine einbehalten worden seien. Zugleich drohte Gazprom damit, die Lieferungen durch die Ukraine in Richtung Moldau doch noch zu kürzen oder sogar komplett einzustellen, sollte es zu weiteren Zahlungsausfällen kommen.

Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hat mit der Winterhilfe in der Ukraine begonnen. Nach der massiven Zerstörung der Wasser-, Energie- und Wärmeversorgung unterstütze man die Bevölkerung mit 7000 Heizöfen zum Wärmen und Kochen, 100 Generatoren und mehr als 20 mobilen Tankanlagen, teilte das DRK am Montag mit. Über die Schwestergesellschaft des Ukrainischen Roten Kreuzes stelle man zudem Material und Gelder zur Verfügung, um Reparaturen und Hilfe an Unterkünften für Binnenvertriebene und für private Haushalte zu ermöglichen. Bei der Verteilung der Gerätschaften konzentriert sich das DRK auf stark von russischen Angriffen betroffene und sehr entlegene Regionen. Die Winterhilfe des DRK werde unter anderem durch das Auswärtige Amt unterstützt. Aufgrund möglicher neuer Fluchtbewegungen in den Wintermonaten habe man gemeinsam mit dem Polnischen Roten Kreuz die Bestände im Logistikdrehkreuz in Lublin aufgestockt und Nothilfegüter für die Überwinterung von mehr als 2000 Menschen beschafft. Dazu zählten unter anderem 2000 Feldbetten, 5000 Decken oder 2000 Schlafsäcke.

Die Kiewer Stadtverwaltung hat ihren Bürgern die Aufstellung von Weihnachtsbäumen versprochen - ungeachtet der anhaltenden russischen Raketenangriffe und der andauernden Stromausfälle. "Wir dürfen (Kremlchef Wladimir) Putin nicht erlauben, unser Weihnachten zu stehlen", sagte Bürgermeister Vitali Klitschko der ukrainischen Nachrichtenagentur RBC. Auf Weihnachtsmärkte und Ähnliches werde hingegen verzichtet.

Bezahlt würden die Bäume von Unternehmern, sagte Klitschko. Mit der Festbeleuchtung könnte es allerdings Probleme geben. Der Bürgermeister erklärte, dass es aufgrund der zahlreichen Schäden im Energiesektor bis zum Frühjahr noch zu Stromausfällen in Kiew kommen könne. Die angeblich zu langsamen Reparaturarbeiten zur Wiederherstellung der Strom- und Wasserversorgung in der Hauptstadt sorgten jüngst für Kritik von Präsident Wolodymyr Selenskyj.

Das Massaker in Butscha, Angriffe auf zivile Ziele: Seit Monaten wird Russland vorgeworfen, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen. Justizminister Marco Buschmann hat zu einem G7-Treffen in Berlin eingeladen. Was kann man da bewirken?

Lesen Sie hier den vollständigen Text von Markus Sambale aus dem ARD-Hauptstadtstudio:

Bei einem schweren Verkehrsunfall in Lettland sind am Wochenende mehrere Angehörige der ukrainischen Streitkräfte verletzt worden. Nach offiziellen Angaben befanden sie sich in einem von der estnischen Armee gecharterten Bus, der am Samstagabend bei Ainazi im Norden des baltischen EU- und NATO-Landes nahe der Grenze zu Estland frontal mit einem Lastwagen zusammenstieß. Dabei starb der estnische Fahrer des Busses. Drei Personen wurden in ernstem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert, 23 Personen erlitten weniger schlimme Verletzungen, wie der lettische Rettungsdienst informierte.

Nach Angaben der estnischen Armee befindet sich unter den Verletzten ein estnischer Soldat. Unter den übrigen verletzten Businsassen seien auch ukrainische Truppen, teilten die Streitkräfte in Tallinn mit. Nähere Angaben zu deren Aktivitäten in den baltischen Staaten wurden keine gemacht. Die lettische Polizei hat Ermittlungen aufgenommen, um die genaue Unfallursache herauszufinden.

Nach dem Rückzug aus Cherson beschießen russische Truppen die südukrainische Großstadt nach britischen Angaben täglich mit Artillerie. Am Sonntag sei die Rekordzahl von 54 Angriffen gemeldet worden, teilte das Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Allein am vergangenen Donnerstag seien zehn Menschen getötet worden.

"Die Stadt ist verwundbar, weil sie in Reichweite der meisten russischen Artilleriesystem liegt, die nun vom Ostufer des Flusses Dnjepr aus von der Rückseite neu konsolidierter Verteidigungslinien feuern", hieß es in London. Die meisten Schäden richteten Mehrfachraketenwerfer etwa vom Typ BM-21 Grad an.

Die USA erwägen Insidern zufolge, die Ukraine mit Waffen zu versorgen, die weit in russisches Gebiet reichen können. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Demnach habe der Luftfahrt- und Rüstungskonzern Boeing sein System GLSDB (Ground-Launched Small Diameter Bomb) ins Spiel gebracht, bei dem kleine, billige Präzisionsbomben auf zahlreich vorhandene Raketen montiert werden können, hieß es in Industriekreisen. Es handele sich aber um einen von etwa sechs Plänen, wie die Ukraine mit weiteren Waffen versorgt werden könne.

Das System von Boeing könnte ab dem Frühjahr 2023 geliefert werden. Es verbindet die Bombe GBU-39 mit M26-Raketen, beides in großer Anzahl in US-Lagern vorhanden. Die Reichweite dieses Systems beträgt 150 Kilometer und wurde von Boeing zusammen mit SAAB seit 2019 entwickelt. Weder Boeing noch das US-Verteidigungsministerium wollten sich zu den Informationen äußern.

Der neue Botschafter der Ukraine in Berlin, Oleksii Makeiev, hat an Deutschland appelliert, dem kriegsgebeutelten Land Geräte zur Vermeidung von Stromausfällen sowie weitere Waffen zur Verfügung zu stellen. "Wir brauchen Generatoren und Auto-Transformatoren, die von russischen Raketenangriffen besonders betroffen sind", sagte Makeiev im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. In der Hauptstadt Kiew gebe es derzeit nur wenige Stunden Strom am Tag.

Außerdem brauche die Ukraine weiterhin von Deutschland Luftabwehrsysteme wie das bereitgestellte System Iris-T sowie andere Waffen, wobei Makeiev Kampfpanzer nicht explizit erwähnte. "Deutsche Waffen retten Leben", sagte er. Über weitere Lieferungen sei man in Gesprächen mit der Bundesregierung. Makeiev betonte, dass die Ukraine ihr gesamtes Territorium, inklusive der 2014 von Russland besetzten Halbinsel Krim, zurückerobern wolle.

Makeiev grenzte sich indirekt von seinem Vorgänger Andrij Melnyk ab, der dafür bekannt war, Forderungen provokant und oft mit Kraftausdrücken vorzutragen. Makeiev betonte, sein Anliegen sei, Vertrauen aufzubauen und zu erhalten. Ziel sei dabei die gegenseitige Unterstützung. "Und wir brauchen diese Unterstützung von Deutschland sehr."

Oleksii Makeiev

Botschafter Makeiev: "Deutsche Waffen retten Leben."

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben in den vergangenen 24 Stunden russische Angriffe in der im Osten gelegenen Region Donezk zurückgeschlagen. Dies betreffe unter anderem die Städte Bachmut und Awdiiwka, teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte in seinem täglichen Lagebericht mit. Das berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Dem ukrainischen Militäranalysten Oleg Schdanow zufolge halten die schweren Kämpfe auch in der im Nordosten gelegenen Region Charkiw an. Umkämpft sind demnach Gebiete, die die ukrainischen Truppen im September und Oktober zurückerobert hatten.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: von Russland annektierte Gebiete.

Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.

Das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja bleibt nach Angaben der von Russland eingesetzten Verwaltung in Enerhodar unter russischer Kontrolle. Auch das russische Präsidialamt dementierte Berichte, Russland plane einen Rückzug.

Der Chef des ukrainischen Energieversorgers Energoatom sagte am Sonntag, seit einigen Wochen erhalte man Informationen, wonach es Anzeichen dafür gebe, dass sich die russischen Truppen möglicherweise auf einen Rückzug vorbereiten. Er verwies auf russische Medienberichte, in denen eine mögliche Übergabe der Kontrolle über das AKW an die internationale Atomenergiebehörde IAEA als lohnenswert bezeichnet werde.

"Diese Informationen sind nicht wahr", erklärte dazu die Besatzungsverwaltung auf Telegram. Die Medien verbreiteten die falsche Information, dass Russland angeblich plane, sich aus Enerhodar zurückzuziehen und das AKW zu verlassen. Russland hat das AKW Saporischschja im März unter seine Kontrolle gebracht. Betrieben wird es weiterhin von ukrainischem Personal.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russland beschränkt ukrainischen Angaben zufolge weiterhin die Getreideausfuhren durch die Verzögerung von Schiffskontrollen. "Es war üblich, 40 Inspektionen pro Tag durchzuführen, jetzt gibt es aufgrund der Position Russlands fünfmal weniger Kontrollen", schreibt der ukrainische Infrastrukturminister Olexander Kubrakow auf seiner offiziellen Facebook-Seite.

Im Oktober verließen rund 4,2 Millionen Tonnen Getreide die ukrainischen Häfen, im November sollen laut Kubrakow nicht mal drei Millionen Tonnen exportiert werden. 77 Schiffe warteten in der Türkei auf die Inspektionen, obwohl die drei Schwarzmeerhäfen nur zur Hälfte ausgelastet seien. Russland hatte die für die weltweiten Nahrungsmittel-Exporte wichtige Verlängerung des Getreide-Abkommens mit der Ukraine Mitte November bestätigt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Bevölkerung auf neue russische Raketenangriffe eingestimmt. "Solange die Raketen haben, werden die unglücklicherweise keine Ruhe geben", sagt er in seiner nächtlichen Video-Ansprache mit Blick auf die russische Armee. Selenskyj warnt, die bevorstehende Woche könne so schwer wie die vergangene werden, als durch gezielte Angriffe mit Raketen und Marschflugkörpern auf Teile des Stromnetzes in großen Teilen des Landes zeitweise die Stromversorgung unterbrochen wurde.

Thomas Spickhofen, Thomas Spickhofen, WDR, 28.11.2022 06:29 Uhr

Der britische Premierminister Rishi Sunak will keine Abstriche an den Hilfen vornehmen, die seine Vorgänger der Ukraine bereits gewährt haben. Das geht aus einer auszugsweise veröffentlichten Rede hervor, die der Regierungschef heute halten will. "Wir werden an der Seite der Ukraine stehen, solange das nötig ist. Und wir werden das Niveau unserer militärischen Hilfen im kommenden Jahr halten oder erhöhen. Und wir werden neue Hilfen für die Luftverteidigung geben", will Sunak sagen.

Großbritannien ist nach nationalen Angaben mit 2,3 Milliarden Pfund (2,7 Milliarden Euro) nach den USA das Land mit den größten Rüstungshilfen für die Ukraine.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 28. November 2022 ab 09:00 Uhr.