Ursula von der Leyen
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Krieg gegen die Ukraine ++ Wohl keine EU-Beitrittsgespräche vor Europawahl ++

Stand: 21.02.2024 23:28 Uhr

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen rechnet vor den Europawahlen nicht mit Beitrittsgesprächen mit der Ukraine. Innenkommissarin Johansson lobt Deutschland für das Engagement bei der Aufnahme von Geflüchteten. Alle Entwicklungen im Liveblog.

21.02.2024 • 23:28 Uhr

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Die Ukraine kann einem Medienbericht zufolge auf die baldige Auszahlung weiter Hilfsgelder durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) hoffen. Die Regierung in Kiew stehe kurz vor einer Einigung mit dem IWF über die Freigabe der nächsten Tranche von 900 Millionen Dollar aus einem 15,6-Milliarden-Dollar-Kredit, berichtet die Agentur Bloomberg.

Außenministerin Annalena Baerbock hat sich beim Treffen der G20-Außenminister der führenden Wirtschaftsmächte direkt an ihren russischen Kollegen Sergej Lawrow gewandt und ein Ende des Krieges in der Ukraine verlangt.

"Wenn Ihnen Menschenleben am Herzen liegen, wenn Ihnen Ihr eigenes Volk am Herzen liegt, russische Kinder und Jugendliche, müssen Sie diesen Krieg jetzt beenden", sagte die Grünen-Politikerin im brasilianischen Rio de Janeiro direkt an Lawrow gewandt, der drei Plätze links von ihr saß. "Wenn Russland diesen Krieg jetzt beenden würde, wäre morgen der Weg zum Frieden und zur Gerechtigkeit weit offen", fügte sie hinzu.

Kurz vor einem möglichen Beitritt Schwedens zur NATO hat der schwedische Geheimdienst Säpo vor einer Bedrohung seiner territorialen Sicherheit durch Russland besonders in der Arktis gewarnt. Säpo wies darauf hin, dass Russland wie auch China "sicherheitsgefährdende Aktivitäten im nördlichsten Teil Schwedens" ausführten, hieß es im Jahresbericht des Geheimdienstes.

"Russlands Interesse im nördlichen Schweden betrifft in erster Linie die schwedischen Militärfähigkeiten." Dem Bericht zufolge stellt auch russische Industriespionage eine zunehmende Bedrohung dar. Schweden sehe überdies einen Zuwachs an Undercover-Agenten aus mehreren Ländern, hieß es weiter.

Einen Tag vor der Abstimmung über zwei Ukraine-Anträge im Bundestag debattiert die Ampel weiter über eine Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern. Bundeskanzler Olaf Scholz will dem Antrag zustimmen, der eine "Lieferung von zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen" beinhaltet - eine "Taurus"-Lieferung versteht der Kanzler darunter aber nicht.

Nach dem Tod des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny haben Bundestagsabgeordnete der Ampel und der Union schärfere Sanktionen gegen Russland gefordert. "Wir fordern weitere Sanktionen für das russische Regime und müssen alles tun, um der Ukraine zum Sieg zu verhelfen", sagte der SPD-Politiker Frank Schwabe.

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen forderte, die deutsche Unterstützung der Ukraine müsse mit Waffen und Munition "jetzt hochgefahren werden". Zudem müssten Gesetze erarbeitet werden, die die Verwendung von im Ausland eingefrorenen russischen Staatsvermögen für ukrainische Rüstungsausgaben ermöglichten. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht kritisierte hingegen, dass das "tragische Schicksal" Nawalnys "missbraucht" werde, um "den Krieg mit deutschen Waffen nach Moskau zu tragen".

Nach tagelangen Protesten polnischer Bauern will der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nun Regierungschef Denys Schmyhal und weitere Kabinettsmitglieder zu Verhandlungen an die blockierten Grenzübergänge schicken. Das gelte vor allem für Verteidigungsminister Rustem Umjerow, sagte Selenskyj in einer auf Ukrainisch und Polnisch veröffentlichten Videoansprache. Das solle noch vor dem zweiten Kriegsjahrestag am Samstag geschehen. "Denn diese Blockade an der Grenze gefährdet leider die Waffenlieferungen für unsere Jungs an der Front", sagte er. 

Selenskyj richtete sich auch an den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk und Polens Staatspräsidenten Andrzej Duda. "Und ich bitte dich, Donald, Herr Ministerpräsident, ebenso an die Grenze zu fahren. Andrzej, Herr Präsident, ich bitte dich ebenso, diesen Dialog zu unterstützen", appellierte er an die polnische Führung. Es gehe um die nationale Sicherheit der Ukraine. "Wir können das nicht hinauszögern", unterstrich Selenskyj. Er sei auch bereit, selbst an die Grenze zu fahren. Zugleich wandte der Präsident sich an die Europäische Kommission. Diese solle ebenfalls Vertreter zu dem gewünschten Treffen schicken.

Trotz wieder möglicher Seetransporte bleiben die Routen über Polen für die von Russland angegriffene Ukraine lebenswichtig - auch für den ohnehin stockenden Nachschub an Waffen und Munition. Polen zählt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine in dem seit schon fast zwei Jahren andauernden Krieg. Vor allem zu Beginn der russischen Invasion war das Nachbarland einer der Hauptanlaufpunkte für Millionen ukrainischer Flüchtlinge.

Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat Deutschland für das Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine gedankt. "Sie machen das klasse", sagte sie in Berlin beim Besuch eines Ankunftszentrums in Berlin-Tegel. Sie erwähnte insbesondere Bürger, zivilgesellschaftliche Organisationen und Kommunen. Es sei wichtig, an der Seite der Ukraine zu stehen - so lange wie es nötig sei, sagte Johansson. Der russische Präsident Wladimir Putin werde nicht aufhören mit seinem Krieg. "Und wir müssen sicherstellen, dass Putin nicht gewinnt", sagte sie kurz vor dem zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns. Deutschland stehe beim Thema Migration unter Druck, gehe damit aber sehr gut um.

Bundesinnenminister Nancy Faeser (SPD) sagte, es mache ihr sehr große Sorge, dass Angriffe auf Geflüchtete stark zugenommen hätten. "Größtenteils handelt es sich tatsächlich um rechtsextremistische Straftaten, die harte strafrechtliche Konsequenzen haben müssen. Es ist in höchstem Maße menschenverachtend, Menschen zu attackieren, die bei uns hier Schutz vor Krieg und Terror gefunden haben", sagte sie. "Diejenigen, die permanent gegen Geflüchtete hetzen und ein hasserfülltes Klima schaffen, tragen dafür aus meiner Sicht auch eine Mitverantwortung."

Die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Ukraine lassen weiter auf sich warten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, sie rechne nicht mehr vor den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni mit dem nötigen Verhandlungsrahmen für die Gespräche. "Das wird einige Zeit dauern", sagte sie. Die EU werde womöglich "zu Sommerbeginn bereit sein".

Die EU-Kommission arbeitet derzeit den Verhandlungsrahmen über die Leitlinien und Grundsätze der Gespräche mit der Ukraine aus, den die 27 Mitgliedsländer anschließend einstimmig billigen müssen. Mitte Dezember hatten die europäischen Staats- und Regierungschefs zwar grünes Licht für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und dem Nachbarland Moldau gegeben, dies allerdings an Reformen geknüpft. Die Ukraine fordert einen möglichst schnellen Beginn der Gespräche. Als größter Kritiker in der EU gilt der ungarische Regierungschef Viktor Orban. Der Gipfelbeschluss im Dezember wurde nur möglich, weil Orban auf Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) während der Abstimmung kurz den Raum verließ.

Eine Videoprojektion von Kriegsbildern auf das russische Botschaftsgebäude in Berlin bleibt endgültig verboten. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat im Eilverfahren eine Entscheidung der Vorinstanz bestätigt, wie eine Gerichtssprecherin mitteilte. Die geplante Projektion verletze den völkerrechtlichen Schutz von Frieden und Würde der Botschaft, indem ohne deren Zustimmung deren Eigentum als Projektionsfläche genutzt werde, begründete das Gericht seine Entscheidung. (Az.: OVG 9 S 5/24) 

Der Ukrainer-Verein Vitsche wollte bei seiner Demonstration zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine an diesem Samstag eine Stunde lang Fotos und Videos vom Krieg auf die Botschaft projizieren. Das hatte die Polizei verboten. Darum zogen die Veranstalter vor Gericht. Am Samstag sind mehrere Demonstrationen und Kundgebungen gegen Russland und Präsident Wladimir Putin sowie zur Solidarität mit den Menschen in der Ukraine angekündigt.

Polens Regierung hat vor einer russischen Unterwanderung der Bauernproteste im Land gewarnt. "Nach unserer Einschätzung sind die anti-ukrainischen Slogans, die während der jüngsten Bauernblockaden aufgetaucht sind, ein Versuch der Übernahme der Bewegung durch Gruppen von außen, die möglicherweise vom russischen Geheimdienst beeinflusst werden", teilte das Außenministerium in Warschau mit. Man sehe mit größter Besorgnis, dass bei den Protesten auch Plakate aufgetaucht seien, die Russlands Präsidenten Wladimir Putin und den von ihm geführten Krieg verherrlichten. Die Proteste polnischer Bauern richten sich gegen die EU-Agrarpolitik, aber auch gegen die Einfuhr günstiger Agrarprodukte aus der Ukraine.

Die Warnung der Regierung bezieht sich auf Bilder aus dem schlesischen Ort Gorzyczki, die von mehreren polnischen Medien veröffentlicht wurden. Die Aufnahmen zeigten einen Traktor mit einer sowjetischen Fahne und einem Plakat mit der sinngemäßen Aufschrift: "Putin, räum' auf mit der Ukraine, mit Brüssel und mit unseren Regierenden." Das Ministerium forderte die Organisatoren des Protests auf, "die wenigen Initiatoren solcher Aktionen zu identifizieren und aus ihrer Bewegung zu entfernen". Die polnische Polizei hatte zuvor erklärt, dass sie Ermittlungen wegen Förderung einer faschistischen oder totalitären Regierung und Aufstachelung zum Hass eingeleitet habe.

Die ukrainischen Soldaten sind erschöpft, das Land muss mehr Rekruten einziehen. Viele Menschen vermuten, dass das bisher vor allem auf dem Land geschieht - in vielen Dörfern gibt es kaum eine Familie ohne Angehörigen an der Front.

Die Schweiz geht verstärkt gegen Unternehmen und Personen vor, die Russland-Sanktionen über das Land umgehen wollen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft setzte ein Expertenteam zur Durchsetzung der Sanktionen ein, die die Regierung verhängt hatte. Seit Beginn des Krieges sei die Behörde 230 möglichen Sanktionsverstößen nachgegangen. Andere Länder würden nun anerkennen, dass die Schweiz die Sanktionen ernst nehme. Das Land war im vergangenen Jahr in die Kritik geraten, nicht genug gegen russische Gelder auf Schweizer Bankkonten unternommen zu haben.

21.02.2024 • 13:10 Uhr

Kirche ruft zur Verteidigung auf

Die griechisch-katholische Kirche in Kiew hat zur Verteidigung der Ukraine aufgerufen. Russland lasse dem Land keine andere Wahl, als sich militärisch zu verteidigen, erklärten die Bischöfe. Moskau führe einen neokolonialen Krieg mit deutlichen Anzeichen eines Völkermords.

Mit einem ökumenischen Friedensgebet der Kirchen haben Vertreter aus Parlament und Regierung in Berlin der Opfer des Krieges in der Ukraine gedacht. Der Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Prälat Karl Jüsten, erinnerte zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf das Land an die Toten, Verletzten und Flüchtlinge und mahnte zu Solidarität und Gebet. Von Seiten der Politik nahmen unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) sowie mehrere Religionsbeauftragte von Bundestagsfraktionen an der Feier in der Kirche der Katholischen Akademie in Berlin, Thomas von Aquin, teil.

Jüsten ermutigte dazu, die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit und Demokratie weiter zu unterstützen. "Wir dürfen die Menschen in diesem Land nicht vergessen und müssen uns einer zunehmende Ermüdung in unserem Land entgegenstellen", betonte Jüsten. "Unsere Sehnsucht nach Frieden ist groß, aber wir wissen, wirklicher Frieden ist auf Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit gebaut", sagte der Prälat.

Die russischen Truppen verstärken nach britischen Angaben ihre Angriffe nahe dem Dorf Robotyne in der Südukraine. Zwar hätten die russische 58. Armee und Luftlandekräfte in der Gegend bei der ukrainischen Gegenoffensive im Vorjahr schwere Verluste erlitten, teilte das britische Verteidigungsministerium in London mit. Allerdings hätten das langsamere Einsatztempo sowie starke Rekrutierungsbemühungen es den russischen Streitkräften an dieser Front wahrscheinlich ermöglicht, sich zu sammeln und zu stärken, hieß es unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.

Robotyne im Gebiet Saporischschja war im Sommer 2023 von ukrainischen Einheiten befreit worden. Das Dorf, in dem ursprünglich einige Hundert Menschen lebten, war aber weiter in der Nähe der Front. Auch an anderen Frontabschnitten hätten russische Truppen zuletzt ihre Angriffe verstärkt, hieß es in London weiter. Ziel sei vermutlich, die ukrainischen Truppen auseinanderzuziehen. Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast zwei Jahren täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Moskau wirft London Desinformation vor.

21.02.2024 • 10:38 Uhr

EU plant neue Russland-Sanktionen

Die EU-Staaten wollen zum zweiten Jahrestag des Beginns des russischen Angriffskrieges in der Ukraine neue Russland-Sanktionen verhängen. Darauf einigten sich Vertreter der 27 Mitgliedsländer, wie die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Das 13. Paket sei eines der "bisher umfangreichsten" der EU.

Das neue Paket sieht die Aufnahme von fast 200 Einrichtungen und Personen in die EU-Sanktionsliste vor, allerdings beinhaltet es keine neuen sektoralen Einfuhrverbote. Rechtzeitig zum zweiten Jahrestag der russischen Ukraine-Invasion am Samstag soll das Paket formell verabschiedet werden.

Mit ihrer angekündigten Unterstützung für einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine hat die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), bei den Grünen Irritationen ausgelöst. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte in Berlin, sie könne "das Verhalten von Marie-Agnes Strack-Zimmermann in dieser Frage wenig nachvollziehen, denn wenn es ihr tatsächlich um die Sache geht, gemeinsam in dieser Bundesregierung entscheidende Unterstützungsleistungen für die Ukraine auf den Weg zu bringen und das auch mit diesem Antrag zu dokumentieren, dann sollte sie dem Koalitionsantrag zustimmen und nicht dem Oppositionsantrag".

Was die FDP-Politikerin, die Spitzenkandidatin ihrer Partei für die Europawahl im Juni ist, mit dieser Ankündigung "jetzt konkret für sich selbst damit verbindet, darüber kann ich nur spekulieren", sagte Mihalic. Sie fügte hinzu: "Ich würde ihr da zu einem anderen Abstimmungsverhalten raten."

Die staatliche Förderbank KfW unterstützt die Ukraine im Auftrag der Bundesregierung und der EU mit mehr als 40 laufenden Projekten und insgesamt mehr als 1,4 Milliarden Euro. Allein seit Beginn des Angriffskrieges vor zwei Jahren hat die KfW laut einer Mitteilung mehr als 1,2 Milliarden Euro neu zugesagt - vor allem zum Aufrechterhalten der staatlichen Funktionen. Ein Schwerpunkt liege auf dem Energiesektor mit 520 Millionen Euro, da Stromleitungen, Umspannstationen und Kraftwerke immer wieder Ziel russischer Angriffe seien. Deshalb seien permanente Reparaturarbeiten nötig. Mehr als 530 Millionen Euro fließen in Wohnraumprogramme und soziale Dienste für Binnenvertriebene und aufnehmende Gemeinden. Zudem stärke die KfW die kommunale Basisinfrastruktur mit rund 135 Millionen Euro - etwa für die Reparatur und Modernisierung von Gesundheitszentren, Schulen oder Trinkwasserleitungen.

Das Hilfswerk Save the Children berichtet von rund 630.000 Kindern in extremer Not, die nach der Flucht wieder mit ihren Familien zurückgekehrt sind in ihre ukrainische Heimat. "Die anhaltenden Kämpfe gefährden ihr Leben, ihre Häuser und Schulen sind zerstört, und ihre Eltern können oft kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten", heißt es in einer Erklärung zum zweiten Jahrestag des Beginns des russischen Überfalls.

Eine Analyse zeige, dass rückkehrende Familien überproportional gefährdet seien, so die Kinderrechtsorganisation weiter: "Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in extreme Not geraten, ist im Vergleich zur übrigen Bevölkerung um 62 Prozent höher." Save the Children habe dafür Daten der jüngsten Bedarfsanalyse des humanitären Datenzentrums Reach sowie der Internationalen Organisation für Migration (IOM) ausgewertet.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar 2022 haben demnach etwa 15 Millionen Menschen in der Ukraine ihre Heimat verlassen. Noch immer befänden sich 6,5 Millionen im Ausland, weitere 3,7 Millionen seien innerhalb des Landes vertrieben. Rund 4,5 Millionen seien inzwischen trotz des anhaltenden Krieges in ihre Heimat zurückgekehrt, darunter 1,1 Millionen Kinder.

Die ukrainische Armee hat den Verlust ihres Brückenkopfs Krynky am russisch besetzten Ufer des Flusses Dnipro im Süden der Ukraine bestritten. Die Information des "Aggressors" Russland zur Einnahme des Brückenkopfs sei "falsch", erklärte das Südkommando der ukrainischen Streitkräfte in Online-Netzwerken. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte die Einnahme von Krynky am Dienstag in einem im Fernsehen übertragenen Gespräch mit Präsident Wladimir Putin bekanntgegeben. "Die Verteidigungskräfte im Süden der Ukraine halten weiterhin ihre Stellungen und fügen dem Feind erhebliche Verluste zu", hieß es weiter seitens der ukrainischen Armee.

Am Dienstag hatten russische Staatsmedien Verteidigungsminister Schoigu mit den Worten zitiert, die russischen Truppen befänden sich "am Ufer des Flusses in Krynky". Die Ukraine hatte die Stellungen im Dorf Krynky im Sommer 2023 mühsam errichtet. Die Einrichtung des Brückenkopfs war einer der wenigen Erfolge der ukrainischen Gegenoffensive im vergangenen Sommer gewesen, hatte aber zu keinen weiteren Geländegewinnen weiter im Süden geführt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Durch einen ukrainischen Raketenschlag auf einen russisch kontrollierten Truppenübungsplatz im Gebiet Donezk sind Medienberichten zufolge Dutzende Soldaten ums Leben gekommen. Das ukrainische Militär habe auf motorisierte Infanterieschützen aus Transbaikalien, einer sibirischen Region östlich des Baikalsees, geschossen, als diese auf ihren Kommandeur gewartet hätten, berichtete der russische Dienst der BBC. Nach Einschätzung der Redaktion unter Berufung auf vorliegendes Bild- und Videomaterial gab es dabei mindestens 60 Tote. Aus Moskau gab es zunächst keine Informationen zu dem Vorfall. Russische Militärblogger bestätigten den Angriff.

Demnach hat sich dieser am Dienstagmittag in der Nähe des Dorfes Trudiwske im Gebiet Wolnowacha ereignet. Bis zur aktuellen Frontlinie sind es dort rund 20 Kilometer. Zwei Raketen eines US-Mehrfachraketenwerfers vom Typ HIMARS sollen eingeschlagen sein. "Die Kommandeure haben uns auf freiem Feld aufgebaut", zitiert die BBC einen der Überlebenden. Der Treffer wurde auch vom einflussreichen Telegramkanal Rybar bestätigt, der dem russischen Verteidigungsministerium nahesteht. Der Kanal beklagte dabei neben der Fahrlässigkeit der befehlshabenden Offiziere auch die Veröffentlichung der Bilder durch die Überlebenden: Der Feind habe dadurch Propagandamaterial gewonnen. 

Einem Bericht der New York Times zufolge könnten Hunderte ukrainische Soldaten während des chaotischen Rückzugs aus Awdijiwka durch die vorrückenden russischen Streitkräfte gefangen genommen worden sein. Schätzungen darüber, wie viele Ukrainer gefangen genommen wurden oder noch vermisst werden, schwanken, berichtet die Zeitung unter Berufung auf hochrangige westliche Beamte und für die Ukraine kämpfende Soldaten.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Die Schätzungen zweier ukrainischer Militärangehörige mit Kenntnis über den Rückzug aus Awdijiwka würden sich jedoch auf 850 bis 1.000 gefangene oder als vermisst geltende Soldaten belaufen. Die westlichen Beamten stützten diese Einschätzung. Laut der New York Times würde dies für die ukrainische Armee einen verheerenden Verlust darstellen und könnte der bereits schwächelnden Moral einen Schlag versetzen.

Russland umgeht dem ifo-Institut zufolge die Sanktionen bei westlichen Gütern vor allem über zentralasiatische Länder sowie die Türkei. Dies zeigten Untersuchungen zu Handelsdaten für sanktionierte Waren, wie die Münchner Forscher mitteilten. Dabei wurden Güter unter die Lupe genommen, die kritisch für die russische Wirtschaft oder wichtig für die Militärindustrie sind, wie Fahrzeuge, Kugel- und Rollenlager.

"Armenien, Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan und die Türkei haben im Jahr 2022 50-mal mehr Güter nach Russland exportiert, die kritisch für die russische Wirtschaft oder wichtig für die Militärindustrie sind, als sie 2019 an allgemeinen Gütern in alle Zielländer exportiert haben", sagte die stellvertretende Leiterin des ifo-Zentrums für Außenwirtschaft, Feodora Teti. "Dies deutet mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auf Sanktionsumgehung hin."

Die Staaten Europas haben ihren Gasverbrauch seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor zwei Jahren einer Studie zufolge um 20 Prozent gesenkt. Laut dem Bericht der auf Energiethemen spezialisierten US-Denkfabrik Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) sank die Nachfrage insbesondere in Deutschland, Italien und Großbritannien. 

Dem IEEFA zufolge geht der Rückgang insbesondere auf erhöhte Energieeeffizienz und Steuerung der Nachfrage zurück, aber auch auf die Folgen der massiv gestiegenen Gaspreise und milde Witterung in den Wintermonaten.

Die Ukraine ist nach Angaben ihrer Luftwaffe in der Nacht mit 19 Drohnen und sechs Raketen angegriffen worden. Die Luftabwehr habe 13 Drohnen und eine Rakete zerstören können. Einige der nicht abgefangenen Drohnen hätten ihre Ziele nicht erreichen können. Details dazu wurden nicht genannt.

Zuvor waren bei russischen Angriffen mehrere Menschen getötet und verletzt worden. Am Dienstagmorgen wurden im nördlichen Gebiet Sumy laut offiziellen Angaben fünf Zivilisten getötet, als ein Haus im Dorf Sloboda von Drohnen getroffen wurde. Am Abend meldeten die Behörden in Kramatorsk in der östlichen Region Donezk Beschuss. Ersten Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge wurden mindestens sechs Menschen verletzt.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russlands oberster General, Generalstabschef Waleri Gerassimow, hat staatlichen Medien zufolge Truppen in der Ukraine besucht. Den Angaben nach verlieh er Orden an Soldaten, die an der Einnahme des Orts Awdijiwka beteiligt gewesen seien. Außerdem habe er die nächsten Schritte im Krieg gegen die Ukraine besprochen.

An Russland gelieferte Raketen aus Nordkorea sind einem Bericht zufolge mit etlichen Bauteilen aus westlichen Ländern konstruiert worden. Das ergab die Analyse der Trümmer einer in der ukrainischen Stadt Charkiw niedergegangenen ballistischen Rakete aus nordkoreanischer Produktion, wie die Organisation Conflict Armament Research (CAR) mitteilte. Demnach waren in der Rakete 290 elektronische Teile verbaut, die nicht aus dem ostasiatischen Land stammen. Viele davon konnten demzufolge Firmen mit Hauptsitz in den USA, aber auch Deutschland und anderen Ländern zugeordnet werden.

Ein großer Anteil der Komponenten sei zudem mit einem Datum versehen gewesen und in den vergangenen drei Jahren produziert worden, hieß es weiter. Das könne bedeuten, dass die Waffe erst nach dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 nach Russland gelangt sei. Das zeige, dass es Nordkorea gelinge, die UN-Sanktionen gegen das Land für Komponenten von ballistischen Raketen zu umgehen, so der Bericht weiter.

Die Organisation Conflict Armament Research mit Sitz in London, deren Arbeit teilweise von der EU finanziert wird, untersucht Waffensysteme in Kriegsgebieten auf die Lieferketten, mit deren Hilfe sie hergestellt wurden.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine vor zwei Jahren haben rund 2.000 russische Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen aufgrund einer individuellen Gefährdung ein Visum für Deutschland erhalten. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Clara Bünger (Linke) hervorgeht, wurde eine solche Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen oder dringenden humanitären Gründen seit Anfang 2022 für 2.035 Menschen aus Russland erteilt.

Der Krieg in der Ukraine hat Deutschland Wirtschaftsforschern zufolge bisher mehr als 200 Milliarden Euro gekostet. "Die wirtschaftlichen Kosten für Deutschland nach zwei Jahren Ukraine-Krieg dürften deutlich höher liegen als 200 Milliarden Euro", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, der Rheinischen Post. "Vor allem die hohen Energiekosten haben das Wachstum in Deutschland im Jahr 2022 um 2,5 Prozentpunkte oder 100 Milliarden Euro und im Jahr 2023 bis heute um eine ähnliche Größenordnung nochmals reduziert", sagte der DIW-Chef. Dabei handele es sich jedoch nur um die "direkten finanziellen Kosten". Weitere Kosten würden durch die wegen des Krieges "eskalierenden geopolitischen und geoökonomischen Konflikte, vor allem mit China", entstehen. Diese würden besonders Exportunternehmen hart treffen, erläuterte Fratzscher. 

Russland hat nach eigenen Angaben die von Präsident Wladimir Putin im Juli zugesagte Lieferung von 200.000 Tonnen kostenlosen Getreides an sechs afrikanische Länder abgeschlossen. Je 50.000 Tonnen gingen nach Somalia und in die Zentralafrikanische Republik, je 25.000 Tonnen nach Mali, Burkina Faso, Simbabwe und Eritrea, sagte Landwirtschaftsminister Dmitri Patruschew nach Angaben des Kremls bei einem Gespräch mit Putin. Vor allem ärmere Länder in Afrika sind auf die Getreidelieferungen aus der Ukraine angewiesen. Russland hatte nach dem Einmarsch in die Ukraine versprochen, die Getreidelieferungen nach Afrika zu ersetzen.

Die US-Sendergruppe Radio Free Europe/Radio Liberty darf nach einem Verbot Moskaus nicht mehr in Russland senden. Landesweit demonstrieren polnische Bauern gegen die Einfuhr günstiger Agrarprodukte aus der Ukraine. Der Liveblog vom Dienstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. Februar 2024 um 06:00 Uhr.