Ein Mitarbeiter der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) inspiziert das Gelände des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja
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Krieg gegen die Ukraine ++ IAEA will AKW Saporischschja auf Sprengstoff untersuchen ++

Stand: 05.07.2023 20:27 Uhr

Die Internationale Atomenergiebehörde fordert erweiterten Zugang zur Anlage des AKW Saporischschja, um ausschließen zu können, dass sich dort Minen oder Sprengstoff befinden. Der Kreml sieht noch Zeit für die Verlängerung des Getreideabkommens. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den anstehenden NATO-Gipfel in Vilnius als entscheidend für die künftige Sicherheit Europas bezeichnet. "Noch eine Woche bis zu einem Schlüsselmoment für unsere gemeinsame Sicherheit in Europa", sagte er in seiner täglichen Videoansprache. Kiew drängt seit Monaten darauf, dass die Militärallianz die Ukraine aufnimmt. "Wir arbeiten so weit wie möglich mit unseren Partnern zusammen, damit unsere gemeinsame Sicherheit in Vilnius gewinnt", sagte Selenskyj. Es hänge aber alles von den Partnern ab, sagte er mit Blick auf eine Aufnahme seines Landes ins Bündnis. Erst am Dienstag hatte Selenskyj auch noch einmal mit dem gerade im Amt verlängerten NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg telefoniert.

Vor dem NATO-Gipfel nächste Woche plädiert der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Michael Roth, dafür, die vertraglichen Grundlagen für eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine etwas weiter auszulegen. "Das heißt, ich würde einen perfekten Frieden nicht zur Bedingung einer Aufnahme machen", sagte der SPD-Politiker der Wochenzeitung "Die Zeit". Er schlug vor, etwa zu sagen: "Diejenigen Teile der Ukraine, die unter zuverlässiger Kontrolle der demokratischen Kiewer Regierung stehen, sollten schnellstmöglich zum NATO-Gebiet gehören."

Für diese gelte dann auch die Beistandspflicht nach Artikel 5, sagte Roth weiter. Für andere Gebiete der Ukraine würde diese Beistandspflicht noch nicht gelten, die Ukraine aber als Ganzes Land aufgenommen. Man müsse "doch irgendwie aus dem furchtbaren Dilemma heraus, die Nato-Mitgliedschaft womöglich auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben zu müssen".

05.07.2023 • 18:39 Uhr

Explosion in einem Gericht in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat es in einem Gericht eine Explosion gegeben. Ein unbekannter Gegenstand sei detoniert, schrieb Innenminister Ihor Klymenko bei Telegram. Verursacht worden sei dies durch einen Mann, der zu einer Verhandlung eskortiert wurde. Dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen zufolge hat es mehrere Explosionen und Schüsse aus automatischen Waffen gegeben. Teils war auch von einer Geiselnahme die Rede. Angaben zu Toten und Verletzten gibt es bis zum frühen Abend nicht.

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge handelt es sich bei dem mutmaßlichen Täter um den Verdächtigen für einen Handgranatenwurf am 31. August 2015 vor dem ukrainischen Parlament. Damals waren bei gewaltsamen Protesten gegen eine Verfassungsänderung im Rahmen des sogenannten Minsker Friedensprozesses vier Nationalgardisten getötet worden. Die Verfassungsänderungen sahen eine Autonomie für die von Moskau unterstützten Separatisten im ostukrainischen Donbass vor. Der Minsker Friedensprozess scheiterte mit dem russischen Einmarsch vor über 16 Monaten endgültig.

Wenige Tage vor dem NATO-Gipfel in Litauen wird am Donnerstag ein neuer Anlauf unternommen, um die Türkei zur Aufgabe seiner Blockade eines Bündnisbeitritts Schwedens zu bewegen. Auf Einladung von NATO-Generalsekretär Stoltenberg kommen hochrangige Vertreter aus Schweden, der Türkei und Finnland ins Hauptquartier der Verteidigungsallianz in Brüssel, darunter die Außenminister, Geheimdienstchefs und nationale Sicherheitsberater der Länder. Nach dem Treffen will Stoltenberg vor die Presse treten. Ein Durchbruch hinsichtlich der türkischen Blockade zeichnete sich vorab nicht ab. Als wahrscheinlicher gilt, dass es dafür in der kommenden Woche am Rande des Gipfels noch einmal Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan persönlich geben muss.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hat erweiterten Zugang zu der Anlage des AKW Saporischschja gefordert. Es sei nötig, die "Abwesenheit von Minen oder Sprengstoff" auf dem Gebiet zu bestätigen, erklärte IAEA-Chef Rafael Grossi. Zuvor hatten Russland und die Ukraine einander Pläne zum Angriff auf das größte AKW Europas vorgeworfen. 

Grossi forderte, Experten seiner Organisation müssten aufgrund der zunehmenden "militärischen Spannung und militärischen Aktivitäten" rund um die Anlage die Möglichkeit erhalten, die "Fakten vor Ort zu prüfen. Eine "unabhängige und objektive Bewertung" der Situation an dem AKW würde zu einer "Klärung der aktuellen Lage" beitragen und sei somit angesichts von "unbestätigten Behauptungen und Gegenbehauptungen" von "entscheidender Bedeutung", betonte der IAEA-Chef.  

Bei Begutachtungen mehrerer Teilbereiche des AKW Saporischschja hätten IAEA-Mitarbeiter in den vergangenen Wochen zwar "keinerlei sichtbare Hinweise auf Minen oder Sprengstoff" festgestellt, erläuterte Grossi. Allerdings hätten die Inspektoren keinen Zugang zu den Dächern der Reaktoren 3 und 4 sowie zu Teilen der Turbinenhallen und des Kühlsystems erhalten.

Die Bundesregierung verfolgt die Kämpfe um das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja mit großer Sorge. Regierungssprecher Steffen Hebestreit rief die Kriegsparteien auf, Kämpfe rund um das Areal einzustellen. Ein Sprecher des Umweltministeriums betonte, "dass niemand ein Interesse daran haben kann, dass Kampfhandlungen in der Nähe von Atomanlagen stattfinden". Gleichzeitig versicherte er: "Aktuell sind uns keine erhöhten Strahlenwerte bekannt." Das größte Atomkraftwerk Europas steht seit März 2022 unter russischer Kontrolle. Während der Kreml die Lage als angespannt bezeichnet und vor einer ukrainischen Sabotage warnt, wirft Kiew den Russen vor, Sprengsätze in dem Kraftwerk zu verlegen. Das Auswärtige Amt in Berlin rief Russland zum Rückzug aus dem AKW auf. Die derzeitige Besetzung sei "inakzeptabel und unverantwortlich".

Nach Warnungen aus Kiew und Moskau vor möglichen Angriffen auf Europas größtes Atomkraftwerk in Saporischschja hat der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Mariano Grossi, zur Zurückhaltung aufgerufen. "Atomkraftwerke sollten niemals, unter keinen Umständen angegriffen werden", sagte Grossi am Rande eines Besuchs in Japan. Auch als Militärstützpunkte dürften sie nicht missbraucht werden.

Zuvor hatten Kiew und Moskau einander gegenseitig beschuldigt, Angriffe auf das AKW zu planen. Grossi sagte, er habe beide Vorwürfe gehört. Die IAEA beobachte die Lage rund um das AKW genau. Bei der jüngsten Inspektion habe man keine Hinweise gefunden, dass Gebäude vermint gewesen seien. "Aber wir bleiben äußerst aufmerksam." Der IAEA-Chef betonte, dass er selbst erst vor wenigen Wochen in Saporischschja gewesen war. "Es gibt Kontakt in sehr großer Nähe zum Werk, deshalb können wir nicht entspannen."

Die Bundesregierung plant keine Stationierung deutscher Soldaten in Rumänien. Deutschland sehe sich "nicht verpflichtet", eine feste Brigade in das Land zu entsenden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin. Innerhalb der NATO unterhalte Frankreich eine enge Partnerschaft mit Rumänien, während Deutschland als sogenannte Rahmennation für Litauen zuständig sei. Der rumänische Regierungschef Ion-Marcel Ciolacu hatte am Dienstag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Scholz mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine den Wunsch nach einer Stationierung deutscher Soldaten in seinem Land geäußert. 

Die Vereinten Nationen haben sich beunruhigt über das drohende Auslaufen des Abkommens zum Export ukrainischen Getreides geäußert. "Zweifellos sind wir besorgt", sagte die Direktorin der UN-Welthandels- und Entwicklungskonferenz (UNCTAD), Rebeca Grynspan, in Genf. Schließlich sei das von der Ukraine und Russland unterzeichnete Getreideabkommen "sehr wichtig für die Lebensmittelsicherheit und für Entwicklungsländer im globalen Süden". Auch UN-Generalsekretär António Guterres hatte bereits seine Besorgnis zum Ausdruck gebracht.

Das Abkommen war im Juli 2022 unter Vermittlung der UNO und der Türkei unterzeichnet worden, um die sichere Ausfuhr von ukrainischem Getreide durch einen Schutzkorridor im Schwarzen Meer zu ermöglichen. Dadurch sollen die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die globale Nahrungsmittelversorgung abgemildert werden. Die UNCTAD war maßgeblich am Zustandekommen der Vereinbarung beteiligt, die schon drei Mal verlängert wurde. Ohne eine erneute Verlängerung läuft das Abkommen am 17. Juli aus.

Ein Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist neuer Chef der Nachrichtenagentur Tass. Der 50 Jahre alte Andrei Kondraschow sei zum neuen Leiter der staatlichen Agentur ernannt worden, hieß es in einer veröffentlichten Regierungsanordnung. Kondraschow ist Journalist beim staatlichen Fernsehen und war 2018 Pressesprecher der Wahlkampfzentrale Putins. Er übernimmt das Amt bei der Tass von Sergej Michailow, der die Agentur seit 2012 führte. Der Kreml hat seit Beginn des Ukraine-Krieges seine Kontrolle über die russischen Medien nochmals verschärft. Unabhängige Nachrichtenportale wurden zur Schließung gezwungen und viele Journalisten als "ausländische Agenten" bezeichnet.

Andrei Kondraschow

Andrei Kondraschow war 2018 Wladimir Putins Pressesprecher im Rahmen des Präsidentschaftswahlkampfs.

Langfristige Lieferverträge, Förderprogramme für Munitionshersteller, mehr Geld für den Europäischen Friedensfonds: Die EU setzt einiges daran, ihr Versprechen für Munitionslieferungen an die Ukraine einzuhalten.

Die Ukraine hätte einem deutschen Experten zufolge nicht die militärischen Fähigkeiten, das russisch besetzte Atomkraftwerk Saporischschja von außen zu sprengen. Angesichts gegenseitiger Anschuldigungen der Kriegsparteien in Bezug auf das Kraftwerk im Süden der Ukraine sagte Carlo Masala, Politikwissenschaftler an der Universität der Bundeswehr München, der Nachrichtenagentur dpa, eine solche "Sprengung ist extrem kompliziert". Russland hingegen könnte mit einer Sprengung an dem von Moskaus Truppen kontrollierten AKW "Chaos stiften", sagte er. "Ein AKW von Außen zu sprengen ist extrem schwierig und dazu haben die Ukrainer nicht die Kapazitäten", sagte Masala. "Wenn sie die hätten, bräuchten sie so lange, dass sie leichte Opfer für die russische Luftabwehr wären", fügte er hinzu. Die Anschuldigungen von russischer Seite seien daher sehr unrealistisch.

Die Ukraine hat den britischen Konsumgüterkonzern Unilever auf ihre Liste der "internationalen Kriegssponsoren" gesetzt. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass Unilever weiterhin Geschäfte in Russland tätigt.

05.07.2023 • 13:23 Uhr

Der Kreml sieht noch Zeit für die Erfüllung russischer Forderungen, um das Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer doch noch verlängern zu können. "Es ist noch Zeit, den Teil der Vereinbarungen umzusetzen, die unser Land betreffen", sagte Kremlsprecher Peskow der russischen Staatsagentur Tass zufolge. Der Russland betreffende Teil des Abkommens sei bisher aber noch nicht erfüllt. "Und dementsprechend gibt es im Moment leider keine Grundlage für die Verlängerung dieses Abkommens", sagte Peskow weiter. Russland habe bisher noch keine Entscheidung zur Zukunft des Getreidedeals verkündet. "Wir werden sie rechtzeitig bekannt geben, noch ist Zeit", sagte Peskow.

Das auch für den Kampf gegen den Hunger in der Welt wichtige Getreideabkommen läuft zum 17. Juli aus. Russland hatte unter anderem die Aufhebung der Sanktionen gegen seine Landwirtschaftsbank verlangt. Dafür wäre allerdings die Zustimmung der EU-Staaten nötig, was aber als nicht durchsetzbar gilt. Deshalb sollte die Gründung einer Tochtergesellschaft ein Ausweg sein. Das russische Außenministerium hatte allerdings noch am Dienstag erklärt, Moskau sehe auch in einem Zugeständnis der EU zur Gründung einer Tochterbank keine Grundlage mehr für eine Fortsetzung des Getreideabkommens. Kremlsprecher Peskow signalisierte dagegen mit seinen Äußerungen Bereitschaft zu einer Einigung.

Die Führung in Moskau warnt vor einer angespannten Lage rund um das von russischen Truppen besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja. Die Gefahr einer Sabotage seitens der Ukraine sei groß und die Konsequenzen könnten katastrophal sein, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Es würden aber Maßnahmen ergriffen, um einer solchen Bedrohung entgegenzutreten. Gestern hatten sich beide Seiten vorgeworfen, einen Angriff auf das AKW zu planen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Bruno Kahl, hat nach einem Auftritt im Auswärtigen Ausschuss zum bewaffneten Aufstand der Söldnergruppe Wagner in Russland breite Rückendeckung bekommen. Der FDP-Obmann in dem Gremium, Ulrich Lechte, antwortete auf die Frage, ob der Sessel von Kahl wackele, mit den Worten: "Falls ihn irgendjemand angesägt hat, hat er gerade den sehr, sehr gut wieder zusammengeklebt. Und ich glaube, dass der noch eine ganze Zeit halten wird."

Rückendeckung kam auch von SPD, Grünen und aus der Union. Ausschusschef Michael Roth (SPD) räumte ein, viele seien von der Revolte in Russland überrascht worden. "Ich habe aber nach der heutigen Sitzung den Eindruck gewonnen, dass der Bundesnachrichtendienst auch in Kooperation mit anderen Nachrichtendiensten von Freunden und Partnern verantwortungsbewusst mit dieser Situation umgegangen ist."

Kahl hatte zuvor in einer geheimen Sitzung über die Erkenntnisse des deutschen Auslandsgeheimdienstes zu den Vorgängen um den bewaffneten Aufstand des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, vor eineinhalb Wochen informiert. Vor allem aus den Reihen der Ampel-Fraktionen von SPD und FDP hatte es zuletzt Kritik gegeben, der BND sei anders als Partnerdienste etwa in den USA zu spät über die rasch abgebrochene Revolte informiert gewesen.

Bei ukrainischem Beschuss in der von Russland kontrollierten ostukrainischen Stadt Makijiwka sind nach russischen Angaben ein Mensch getötet und 41 weitere verletzt worden. Unter den Verletzten seien auch zwei Kinder, sagte der von Russland eingesetzte Leiter der Stadtverwaltung, Wladislaw Kljutscharow, im russischen Staatssender Rossija-24.

Karte Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete

Die ukrainische Armee hatte am Dienstagabend gemeldet, sie habe eine "Formation russischer Terroristen" in Makijiwka zerstört. Makijiwka gehört zu der von Russland annektierten ostukrainischen Region Donezk. Die ukrainische Armee erklärte im Messengerdienst Telegram: "Durch das effektive Feuer von Einheiten der Verteidigungstruppen hat eine weitere Formation russischer Terroristen im vorübergehend besetzten Makijiwka aufgehört zu existieren."

Der von Moskau eingesetzte Regierungschef von Donezk, Denis Puschilin, erklärte, die ukrainische Armee habe "heftige Angriffe" auf Wohngebiete und ein Klinikgelände in Makijiwka verübt. Kljutscharow teilte mit, in seiner Stadt seien durch die Angriffe 40 Häuser sowie mehrere Schulen und zwei Feuerwachen beschädigt worden.

Das ukrainische Kernkraftwerk Saporischschja hat nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) erneut den Anschluss an seine externe Hauptstromleitung verloren. Europas größtes Atomkraftwerk sei daher auf die erst kürzlich wiederhergestellte Ersatzversorgung durch eine weniger leistungsstarke Leitung angewiesen, erklärte IAEA-Chef Rafael Grossi in Wien.

Die einzige verbliebene 750-Kilovolt-(kV)-Stromleitung - von vier vor dem Konflikt verfügbaren - sei am Dienstag um 01:21 Uhr (Ortszeit) unterbrochen worden. "Es war nicht sofort bekannt, was den Stromausfall verursacht hat und wie lange er dauert", so die IAEA weiter. Der Strom werde beispielsweise zum Pumpen von Kühlwasser für die Anlage benötigt.

"Diesmal konnte das Kraftwerk einen völligen Ausfall der gesamten externen Stromversorgung vermeiden - was bereits sieben Mal während des Konflikts vorgekommen war -, aber die jüngste Stromleitungsunterbrechung verdeutlicht erneut die prekäre nukleare Sicherheitslage im Kraftwerk", so Grossi.

Der Auswärtige Ausschuss des Bundestages ist zu einer Sitzung mit BND-Präsident Bruno Kahl zur Lage in Russland und der Ukraine zusammengekommen. Nach dem bewaffneten Aufstand der Söldnergruppe Wagner vor eineinhalb Wochen dürfte es in der geheimen Sitzung auch um die Frage gehen, wann der deutsche Auslandsnachrichtendienst von den Vorgängen um den Chef der Truppe, Jewgeni Prigoschin, wusste.

Vor allem aus den Reihen der Ampel-Fraktionen von SPD und FDP hatte es Kritik gegeben, der BND sei anders als Partnerdienste etwa in den USA zu spät über die rasch abgebrochene Revolte informiert gewesen.

Eine Bestrafung des prominenten russischen Generals Sergej Surowikin wegen seiner Verwicklung in die Meuterei der Privatarmee Wagner wäre nach britischer Ansicht für die russische Führung riskant. "Obwohl Surowikin im Westen vor allem wegen seines brutalen Rufs bekannt ist, ist er einer der angesehensten ranghohen Offiziere des russischen Militärs", teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienst-Update mit. "Jede offizielle Strafe gegen ihn dürfte spaltend wirken."

Das britische Ministerium betonte, dass Surowikin, der Chef der russischen Luft- und Weltraumkräfte und ehemals Oberkommandierender im Angriffskrieg gegen die Ukraine, seit dem Wagner-Aufstand am 23. und 24. Juni nicht mehr öffentlich gesehen worden sei. Surowikin war nach britischer Einschätzung für Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin ein Verbindungsmann mit dem Verteidigungsministerium. Auch der russische Vize-Verteidigungsminister Junus-bek Jewkurow sei zuletzt auffällig abwesend gewesen.

Die russischen Regionen Kursk und Belgorod sind nach Angaben ihrer Gouverneure von ukrainischen Streitkräften beschossen worden. Bei den Angriffen von jenseits der Staatsgrenze habe es nach derzeitigen Angaben keine Opfer gegeben.

"Die Stadt Walujki steht unter Beschuss der ukrainischen Streitkräfte", schrieb der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, am Morgen auf der Nachrichten-App Telegram. Ob es sich um Raketen- oder Artilleriebeschuss oder eine andere Form des Angriffs handelte, ließ er offen. "Das Luftverteidigungssystem hat funktioniert, aber am Boden gibt es Zerstörung."

Der Gouverneur der nördlich von Belgorod gelegenen Region Kursk, Roman Starowojt, teilte mit, im Dorf Tjotkino sei ein Feuer ausgebrochen. Eine Schule und ein Privathaus seien beschädigt worden. Über die Art des Angriffs äußerte sich Starowojt nicht.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die russische Wirtschaft entwickelt sich besser als erwartet. Dies teilte Präsident Wladimir Putin auf der Internetseite des russischen Präsidialamtes mit. Der Bericht von Ministerpräsident Mischustin zum Wirtschaftswachstum sei überraschend positiv ausgefallen. Das BIP-Wachstum könnte in diesem Jahr über zwei Prozent liegen und die Verbraucherpreisinflation dürfte auf Jahresbasis nicht über fünf Prozent steigen, sagte Mischustin laut Mitschrift bei einem Treffen im Kreml zu Putin.

Der Internationale Währungsfonds erwartet für die russische Wirtschaft in diesem Jahr ein Wachstum von 0,7 Prozent. Russlands Wirtschaft schrumpfte 2022 um 2,1 Prozent. Sie stand im Frühjahr letzten Jahres unter besonderem Druck, als die Verbündeten Kiews wegen des Militäreinsatzes in der Ukraine weitreichende Sanktionen gegen Moskau verhängten.

In Deutschland sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs 5000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten ausgebildet worden. Wie ein Sprecher des Trainingskommandos unter Leitung der Bundeswehr der Nachrichtenagentur AFP sagte, könnten dieses Jahr bis zu 5000 weitere folgen.

In der dafür geschaffenen EU-Mission gebe es insgesamt "Kapazitäten, um bis zu 10.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten bis Ende des Jahres in Deutschland auszubilden".

ABC-Ausbildung ukrainischer Soldaten bei der Bundeswehr in Bayern.

ABC-Ausbildung ukrainischer Soldaten bei der Bundeswehr in Bayern.

Nach Angaben der stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsministerin Hanna Maljar machen die ukrainischen Streitkräfte in den Gebieten außerhalb von Bachmut trotz heftigen russischen Widerstands täglich Fortschritte. "Wir rücken an der Südflanke von Bachmut vor. Im Norden, um ehrlich zu sein, gibt es schwere Kämpfe und bisher keinen Vorstoß", sagte Maljar im staatlichen Fernsehen. Die russischen Streitkräfte verstärkten ihre Truppen im Süden und im Osten und seien weiter nördlich in der Nähe von Lyman und Swatowe auf dem Vormarsch.

In der von russischen Truppen kontrollierten Stadt Makijiwka in der Ostukraine sind nach örtlichen Behördenangaben 25 Menschen durch den Einschlag mehrerer Geschosse verletzt worden. Unter den Verletzten seien zwei Kinder, teilte der von Moskau eingesetzte Chef der teils russisch besetzten Region Donezk, Denis Puschilin, auf seinem Telegram-Kanal mit. Dort schrieb er: "Die Druckwelle war für die Mehrheit der Bewohner von Makijiwka und Donezk zu spüren."

Zuvor hatte Puschilin schon von zwei Toten durch Beschuss im Gebiet Donezk berichtet. Laut Puschilin wurden Wohnhäuser, ein Krankenhaus, Schulen und ein Kindergarten beschädigt. Russischen Militärblogs zufolge sollen für den Beschuss HIMARS-Artillerieraketen verwendet worden sein, die die Ukraine von den USA bekommen hat. Nach ukrainischen Angaben ist die große Wucht der Explosion darauf zurückzuführen, dass bei dem Beschuss ein Treibstoff- oder Munitionslager getroffen wurde.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der Selenskyj-Berater Mychajlo Podoljak übt scharfe Kritik am Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Die Bemühungen Rafael Grossis um die Sicherheit des Atomkraftwerkes Saporischschja hätten keine Wirkung gezeigt, sagte er. Die IAEA hätte bei dem Versuch, die Sicherheit des Atomkraftwerkes zu gewährleisten, eine Kehrtwendung gemacht. Grossi hätte "herumgealbert", anstatt die Position der IAEA von Anfang deutlich zu machen. "Und wenn es eine Katastrophe gibt, dann wird er sagen, dass sie nichts damit zu tun hatten und ja vor allen Gefahren gewarnt hatten."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, er habe seinen französischen Amtskollegen Emmanuel Macron vor "gefährlichen Provokationen" Russlands am Kernkraftwerk Saporischschja gewarnt. Beide seien sich einig gewesen, die Situation gemeinsam mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA unter maximaler Kontrolle zu halten, schreibt Selenskyj auf Twitter.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verdächtigt Russland einer bevorstehenden Provokation am Atomkraftwerk Saporischschja. In seiner täglichen Videoansprache sagte Selenskyj: "Wir haben jetzt von unserem Geheimdienst die Information, dass das russische Militär auf den Dächern mehrerer Reaktorblöcke des AKW Saporischschja Gegenstände platziert hat, die Sprengstoff ähneln."

Dies diene möglicherweise dazu, einen Anschlag auf die Anlage im Süden des Landes zu simulieren, mutmaßte der Staatschef. Er forderte internationalen Druck auf Moskau, um das zu verhindern. "Leider gab es keine rechtzeitige und breite Reaktion auf den Terroranschlag gegen das Wasserkraftwerk Kachowka. Und das kann den Kreml zu neuen Übeltaten inspirieren", so Selenskyj.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 04. Juli 2023 BR24 um 13:37 Uhr und die tagesschau um 20:00 Uhr.